Der weiße Regenbogen
Die Interaktion zwischen Wassertröpfchen und Strahlung sorgt bei speziellen Gegebenheiten für besondere optische Phänomene. Neben dem bekannten Regenbogen gibt es aber noch seinen oft vergessenen "Bruder": den Nebelbogen.
Während der letzten Wochen wurde an dieser Stelle viel über die bis heute anhaltende Hochdruckwetterlage und des damit einhergehenden prognostischen Stellenwerts des Nebels bzw. Hochnebels geschrieben. Die Artikelschreiberinnen und -schreiber näherten sich dem Thema unter anderem von der naturwissenschaftlichen, der prognostischen, der religiösen oder auch von der lyrischen Seite. Nachdem die stabile Wetterlage zum Beginn der neuen Woche eine Unterbrechung erfährt, soll im heutigen Thema des Tages nochmal eine naturwissenschaftliche Eigenschaft des Nebels im Mittelpunkt stehen. Dafür tauchen wir ein wenig in die atmosphärische Optik ein.
Nebel besteht bekanntlich aus kondensiertem Wasserdampf in der bodennahen Luftschicht. Die dabei in der Luft schwebenden, gewöhnlich mikroskopisch kleinen Wassertröpfchen verringern dabei die Sichtweite in unterschiedlichen Intensitäten. Die daran beteiligten Tröpfchen weisen gewöhnlich einen Durchmesser von wenigen hundertstel Millimetern auf und sind daher deutlich kleiner als jene in einer typischen Wolke oder gar bei Regentropfen (Durchmesser im Bereich von wenigen Millimetern). Die vorherrschende Größe ist dabei von den unterschiedlichen Kondensationskeimen abhängig. Während bei der Lichtbrechung an größeren Tropfen der klassische, farbenfrohe Regenbogen (deutliche Abgrenzung der Farben) entsteht, ist der sogenannte "Nebelbogen" optisch eindeutig unspektakulärer ausgeprägt. Verringert sich die Größe des Tröpfchenspektrums wird zunächst die Farbe Rot schwächer wahrgenommen.
Ab Tröpfchengrößen von weniger als 50 Mikrometern (1 Mikrometer = 1/1000 Millimeter) überlagern sich die Regenbogenwinkel der einzelnen Spektralfarben zunehmend so, dass zusammen nur noch weißes Licht erkennbar ist. Ursächlich dafür ist, dass mit kleiner werdendem Durchmesser Beugungseffekte die Brechungseffekte immer stärker überlagern. Sind die Tröpfchen noch kleiner, dann wird der Bogen immer diffuser bzw. lichtschwächer und ist ab einer Größe von 5 Mikrometern kaum mehr erkennbar (dann auch Zunahme des Streuungsbeitrags). Der bei passenden Durchmessern entstandene Bogen ist weiß und sein Band etwa doppelt so breit wie bei einem "normalen" Regenbogen. An der Innenseite liegen manchmal noch Interferenzbögen, die je nach Tröpfchengröße weiß bis leicht rötlich sein können.
Die Grafik rechts zeigt im Detail, wie sich die Farben und die Breite des Hauptregenbogens bei unterschiedlichen Tröpfchengrößen verändern. Es ist also möglich aus der Farbabfolge des beobachteten Bogens direkt auf das Tröpfchenspektrum zu schließen. Ein kräftiges Rot tritt dabei nur bei großen Regentropfen von mehr als 0,5 mm auf und ist damit primär ein sommerliches Phänomen. Deutlich erkennbar ist auch, dass der Regenbogen bei kleinen Tröpfchen deutlich breiter wird und vorwiegend in die Farbe Weiß abgleitet. Die besten Voraussetzungen für die Beobachtung eines Nebelbogens ist eine Nebelwand vor dem Beobachter mit der ungetrübten Sonne im Rücken. Bei Bodennebel kann man sich zur Abhilfe auf einen kleinen Hügel stellen und dann nach unten auf den Nebel schauen.
Die Chancen für die Beobachtung eines Nebelbogens sinken jedoch zu Beginn der neuen Woche vorübergehend. Ein kleinräumiges Tief, getauft wird es auf den Namen NELLY, zieht von der Nordsee in den Nordwesten Deutschlands und in der Nacht zum Dienstag unter Abschwächung zur Mitte. Damit einhergehend kommt schauerartiger Regen auf und der Wind frischt ganz leicht auf. Diese Kombination sorgt aber dafür, dass die Nebel- und Hochnebellage vorerst auch im Süden zu Ende geht. Anschließend stellt sich leichter Tiefdruckeinfluss ein. Eventuell steht aber schon ab der Mitte der neuen Woche eine neue Hochdruckphase ins Haus - das wäre eine neue Möglichkeit Nebelbögen zu finden.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst