Heftiger Starkregen - Unwetterserie über Europa
Am gestrigen Sonntag brachten kräftige Schauer und Gewitter zum wiederholten Mal in diesem Sommer teils enorme Regenmengen in Deutschland. Örtlich fielen über 100 l/qm in 24 Stunden. An den Tagen zuvor zeigten Messungen auch aus anderen Teilen Europas das Potenzial der Luftmasse.
Am 15.08.2024 gingen Bilder von Wassermassen, die sich durch Dörfer und Städte ihren Weg Richtung Meer bahnten, durch die Medien. Sie stammten größtenteils von Menorca, der nordöstlichen Nachbarinsel von Mallorca. Nach heftigen Regenfällen floss dort der Niederschlag oberflächlich ab und riss auch größere Gegenstände wie Autos mit sich. Auf Mallorca fielen dabei bis zu 70 Liter pro Quadratmeter (l/qm) in einer Stunde, zum Beispiel 68,2 l/qm in Soller. Nach diesem kurzen, dennoch heftigen Ereignis kehrte dort aber meist wieder Ruhe ein. Anders auf Menorca, dort regnet es über mehrere Stunden hinweg mit hoher Intensität. So fielen in der Spitze in Mercadal rund 190 l/qm in vier Stunden am Nachmittag des 15. Augusts, knapp 80 l/qm davon in einer Stunde. Schon am Tag zuvor gab es auf den Balearen heftige Gewitter, zum heftigen Starkregen kamen am 14. August zum Teil schwere Sturmböen (> 90 km/h) hinzu. Diese energiereiche und vor allem extrem feuchte Luft wurde in den Folgetagen weiter nach Nordosten transportiert. Auch über dem Alpenraum entluden sich wiederholt heftige Gewitter. Besonders eindrucksvoll, sicherlich auch, weil es eine Metropole traf, war das Gewitter am 17.08.2024 über Wien. An der Station Hohe Warte fielen in 10 Minuten 26,7, in einer Stunde 94,1 und über den gesamten Tag hinweg 112,2 l/qm. Insbesondere der einstündige Niederschlagswert pulverisierter geradezu den alten Wert vom 24.05.2014. Damals fielen 60,9 l/qm in 60 Minuten. In einer Stunde fielen in Wien damit rund die Hälfte des durchschnittlichen Sommerniederschlags. Sturmböen und Hagel bis 3 cm Korngröße wurden angesichts der Regenflut zur Randnotiz. Doch damit nicht genug, neben anderen Schauplätzen "erwischte" es auch Deutschland. Am vergangenen Samstag und Sonntag (17. und 18. August 2024) erreichte ungewöhnlich feuchte Luft die Südosthälfte Deutschlands. Analysen der Luftmasse, sogenannte Rückwärtstrajektorien, zeigen den Ursprungsort zum einen über dem westlichen Nordatlantik auf Höhe von Nordflorida bzw. Marokko und zum anderen über dem westlichen Mittelmeer. Dies sind beides Regionen mit für die Jahreszeit besonders hohen Wassertemperaturen und damit "gute" Feuchtelieferanten. Bild 1 zeigt, wie außergewöhnlich feucht die Luft war. Dargestellt ist das niederschlagbare Wasser, ein absoluter Wert und ein Maß für den Wasserdampfgehalt der Troposphäre. Dunkelgrün eingefärbt erkennt man vor allem über Bayern, Thüringen und Sachsen für diesen Termin (17 Uhr MESZ am 18.08.2024), dass zu dieser Jahreszeit im Zeitraum 1979 bis 2021 kaum eine Luftmasse jemals so feucht war.
Nicht jede feuchte Luftmasse führt zu außerordentlich hohen Niederschlagssummen. Es braucht auch einen Mechanismus, die Luftmasse zu heben, sodass überhaupt erst Wolken und Niederschläge entstehen. Ein Trog in der Höhe und mehrere Tiefs am Boden waren aber am Sonntag mehr als ausreichend um Schauer und Gewitter zu bilden. Bild 2 zeigt die gemessenen Niederschlagsmengen innerhalb von 24 Stunden im Südosten Deutschlands. Spitzenreiter innerhalb von 24 Stunden waren mit jeweils 106,7 l/qm die Station Geretsried (Bayern) südlich von München und Dippoldiswalde-Reinberg (Sachsen) südlich von Dresden. Ein Großteil dieser Mengen fiel binnen weniger als 3 Stunden. Den höchsten Stundenwert lieferte etwas weiter nördlich die Station Dresden-Pilnitz mit rund 71 l/qm zwischen 15 und 16 Uhr. An zahlreichen weiteren Stationen in Sachsen und Bayern fielen mehr als 50 l/qm in 24 Stunden. Die einstündigen Niederschlagsmengen fielen damit sehr ähnlich zu denen in Wien oder auf Menorca aus. Ein Fingerzeig, dass die Luftmasse hier wie dort sehr ähnlich war.
Mit Durchzug der Kaltfront von Tief SUSANNE floss gestern in den Nordwesten bereits trockenere Luft, die heute auch den Südosten Deutschlands erreicht. Dies und nachlassender Tiefdruckeinfluss lassen in den kommenden Tagen keine "Auswüchse" solcher Art wie am Sonntag erwarten, auch wenn es vereinzelt zu Gewittern kommen kann.
MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst