Es grüßen die Seefahrer
Am morgigen Dienstag, den 25. Juni 2024, ist der internationale Tag der Seefahrer. Auch beim DWD gibt es Kollegen, die zur See fahren und dabei deutsche Forschungsschiffe durch ihre meteorologische Tätigkeit unterstützen. Ein Seefahrer des DWD, der sich zur Zeit auf hoher See in der Arktis befindet, gibt einen aktuellen Einblick in den Alltag und in die Tätigkeiten an Bord des Forschungsschiffes Polarstern.
Das Forschungsschiff Polarstern fährt seit der Indienststellung 1982 in die Polargebiete und damit an die abgelegensten Orte dieser Welt. Die Polarstern wird vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) betrieben, mit der Hamburger Reederei F. Laeisz. Der Eisbrecher mit zwei bordeigenen Helikoptern wechselt etwa halbjährlich zwischen der Arktis und Antarktis und dient der Erforschung der Polarmeere. Weiter stellt es auch die Versorgung der deutschen Forschungsstation Neumayer III in der Antarktis sicher. Das Schiff bietet Platz für rund 100 Crewmitglieder und Wissenschaftler:innen. Mit dabei sind auch immer ein zweiköpfiges Wetterteam des Deutschen Wetterdienst. Aktuell sind der Meteorologe Patrick Suter und Frank Otte als Wetterfunktechniker für eine fünfwöchige Reise an Bord. Nach der Werftzeit legte die Polarstern in der Nacht zum 8. Juni 2024 in Bremerhaven ab. Der Weg führte durch eine recht stürmische Nordsee und entlang der Norwegischen Südküste, weiter durch die Norwegische See nach Norden in die Framstraße. Hier findet aktuell der erste Teil der 143. Polarstern-Expedition im sogenannten ?Hausgarten? zwischen Spitzbergen und Grönland statt. Es ist insgesamt das 25. Jahr in Folge, in dem in der Framstraße, unter Leitung des AWI`s, geforscht wird. Das Gebiet ist besonders interessant, da im Ostteil der Framstraße der Westspitzbergenstrom wärmeres Wasser nach Norden bringt. Im Westteil schiebt dagegen der kalte Ostgrönlandstrom das Eis aus dem Arktischen Meer nach Süden. Dabei werden mit den erhobenen Daten die aktuell großräumigen Umweltveränderungen auf das marine Ökosystem in der Übergangszone zwischen dem Nordatlantik und dem Arktischen Ozean untersucht.
Wie auf Schiffen grundsätzlich üblich herrscht Dauerbetrieb. Es wird Tag und Nacht geforscht. Die Crew stellt gleichzeitig den Schiffsbetrieb sicher und unterstützt die Forschungsarbeiten. Der Arbeitsalltag des Wetterdienstes beginnt täglich um 06:15 Uhr in der Bordwetterwarte. Als Hauptaufgabe versorgen sie die Schiffsführung, die Wissenschaftler:innen und die Helikopter-Crew mit einer zweimal am Tag aktualisierten Wetterprognose. Beim morgendlichen Briefing um 08:15 Uhr wird zusammen mit dem Kapitän, dem wissenschaftlichen Fahrtleiter und der Helikopter-Crew je nach Wetter über das Tagesprogramm und Hubschrauberflüge entschieden. Für die Unterstützung der Wetterprognosen und auch gleichzeitige Validierung werden bis zu zweimal täglich Wetterballons gestartet, sowie tagsüber alle drei Stunden Wetterbeobachtungen erstellt. In diese Wetterbeobachtungen fließen automatisch gemessene Werte wie Wind, Temperatur, Feuchte und Luftdruck, aber auch Augenbeobachtungen über Wetterescheinung, Wolken, Sichtweite und Seegang ein. Das Wetter in der Arktis zeigte sich bisher schnelllebig und wechselhaft. Wie meist während der Sommermonate sind die für die Region tonangebenden Hochs und Tiefs nur schwach ausgeprägt. Das bedeutet, dass in Sachen Wind und Seegang oftmals nur wenig los ist. Ganz anders sieht es da beim eigentlichen Wetter aus. Wiederholte und teils schnelle Abläufe von strahlendem Sonnenschein und überfallähnlichen Nebeleinbrüchen bringen den Meteorologen immer wieder vor sehr knifflige Prognosen. Besonders für die Helikopterflüge hat dieser Wechsel Konsequenzen, weil bei sehr tiefliegender Bewölkung, schlechten Sichtweiten, vereisendem Niederschlag oder sogar Nebel die Bedingungen schlagartig schlecht oder sogar potenziell gefährlich werden können. Dementsprechend intensiv sind die ständige Zusammenarbeit und der Austausch mit den beiden Helikopter-Piloten. Jeweils nachmittags werden die aktualisierten Wetterprognosen in einem weiteren Meeting auch den anderen wissenschaftlichen Fahrtteilnehmer:innen erläutert. Dementsprechend sind die Arbeitstage lang und können bei Flugbetrieb auch mal bis in die Nachtstunden andauern, wobei mit dem vorherrschenden Polartag im arktischen Sommer rund um die Uhr Tageslicht vorherrscht. Für einen rundum zufriedenen Seefahrer:in ist Essen ein wichtiger Bestandteil an Bord. Ein herausragendes Küchenteam sorgt täglich für frische Brötchen und bis zu dreimal am Tag für warme Mahlzeiten sowie nachmittags Kaffee und Kuchen. Die Expeditionen dauern meist zwischen fünf und neun Wochen. Dabei ist es üblich, dass das gesamte Leben an Bord stattfindet und Landgänge gehören zur Ausnahme. Da die räumliche Ausdehnung begrenzt ist, besteht die Möglichkeit sich im Sportraum körperlich zu betätigen. Dazu gehören auch Wasserball im Pool oder das anschließende Aufwärmen in der Sauna. Beim Feierabend sitzt man häufig zusammen, schaut sich aktuell ein EM-Fußballspiel an, ab und zu gibt es auch einen Kino- oder Grillabend. Schöne Highlights sind die unglaublichen Eindrücke, welche man in diesen speziellen Gebieten sammeln kann. Sei das ein Eisbär, welcher von Eisscholle zu Eisscholle wandert oder die Schönheit und auch Gewalten der Natur hautnah zu erleben.
Aktuell sind auch noch zwei weitere Kollegen auf dem Forschungsschiff Meteor unterwegs. Dieses ist mit doppelter Andreas-Power am 9. Juni in Reykjavik gestartet und wird nach seismischen Untersuchungen nahe Islands am 18. Juli auf den Azoren erwartet. So nutzen wir die Möglichkeit und wünschen unseren Kollegen Andreas Tschapek und Andreas Raeke auf der Meteor für morgen einen ruhigen und schönen Feiertag.
MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst