SWANTJE - ein bemerkenswertes Tief
Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit dem Tiefdruckkomplex SWANTJE und seinem Einfluss auf das Wetter in Deutschland.
Das Tief SWANTJE, was laut Wikipedia übrigens so viel bedeutet wie "kleiner Schwan" oder "Tochter der Schwäne", zieht aktuell über dem Nordatlantik und Skandinavien seine Kreise. Bei den Kolleginnen und Kollegen der Berliner Wetterkarte, die für die Vergabe der Hoch- und Tiefdrucknamen verantwortlich sind, tauchte das Tief erstmals am frühen Sonntag (02.06.2024) bei Grönland auf. Mit ihrer nunmehr fünftägigen Lebensdauer fällt sie nicht wirklich aus dem Rahmen. Allerdings hat sich SWANTJE einer Metamorphose unterzogen, die dazu führte, dass am heutigen Freitagmittag (07.06.2024) sogar vier eigenständige Tiefkerne beobachtet werden können - eine Zahl, die doch relativ selten auf den Wetterkarten auftaucht.
In der Abbildung 1 ist die entsprechende Prognosekarte dargestellt. Dass die vier Kerne mit den römischen Ziffern II bis V durchnummeriert sind, lässt den Schluss zu, dass der ursprüngliche Kern I sich inzwischen aufgefüllt hat. Dafür bewegt sich ein kleinräumiges Tief in SWANTJES "Dunstkreis" bzw. Zirkulationsfeld von der schottischen Nordseeküste nach Osten. Vielleicht bekommt es ja noch den "Ehrentitel" SWANTJE VI verliehen - mal schauen. Klar ist aber, dass das Frontensystem des kleinräumigen Tiefs Kurs auf Norddeutschland nimmt. Damit sorgt der Tiefkomplex namens SWANTJE dort nicht nur für Schauer und kurze Gewitter, sondern auch für kräftigen Wind. Wer jetzt glaubt, dass sich das Einflussgebiet von SWANTJE auf den Norden beschränkt, liegt allerdings falsch. Denn auch über dem Süden mischt sie mit - oder besser gesagt ihr Frontensystem. Dieses zieht sich nämlich in einem weiten Bogen von Skandinavien über Osteuropa bis in den Süden Deutschlands. Dort verläuft es in etwa entlang der Donau, was auch bedeutet, dass zwischen Donau und Alpen weiterhin eine feucht-warme und labil geschichtete Luftmasse liegt.
Dies zeigt die Abbildung 2. Dort sieht man einerseits den Taupunkt (Zahlenwerte), welcher ein Maß für die Luftfeuchtigkeit darstellt. Taupunkte von 10°C oder mehr treten, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, nur südlich des Mains auf. Die Maximalwerte zeigt die Karte zwischen Donau und Alpen, was zumindest belegt, dass die Luftmasse feucht ist. Die zweite Information der Karte unterstreicht die Labilität, denn als Farbflächen sieht man dort die virtuelle Reflektivität unseres hochaufgelösten Modells ICON-D2. Mit anderen Worten: Die Radarreflektivität, die sich zeigen sollte, wenn das Modell mit seinen Vorhersagen richtig liegt. Und da deuten sich im Norden, in noch größerem Maße aber im Süden Wolken und Niederschläge an. Das bedeutet nichts Gutes für die hochwassergeplagten Bayern, Badener, Württemberger und Schwaben. Es ist zwar zu erwarten, dass die Niederschlagsmengen nicht mehr so exorbitant hoch liegen wie rund um das letzte Wochenende. Und obendrein fällt der Regen über einen längeren Zeitraum. Aber bei den weiterhin gesättigten Böden kann natürlich kein Wasser versickern. Insofern ist im Süden weiterhin Vorsicht geboten.
Die Abbildung 3 zeigt die laut ICON-EU zu erwartenden Niederschläge bis in den Dienstagmittag hinein. In Deutschland ist vor allem ein Streifen vom Hochrhein und dem Bodensee bis nach Niederbayern betroffen. Dort fallen über die fünf Tage verteilt 40 bis 80 l/qm. Dass es auch noch schlimmer geht, deutet sich in Osttirol, Kärnten und Friaul / Venetien an. In der Spitze sollen sich dort über 100 l/qm, in der Spitze über 120 l/qm aufsummieren. Und wo ist das Wetter freundlich? Natürlich dort, wo SWANTJE ihre Finger nicht im Spiel hat. Und dies ist in der Mitte Deutschlands der Fall. Denn dorthin streckt vom Atlantik her das Hoch XENOPHILIUS seine Fühler aus. Damit zeigt sich oft die Sonne - und es bleibt weitgehend trocken.
Dipl.-Met. Martin Jonas
(Die Bilder zum heutigen Thema des Tages finden Sie wie immer im Internet unter www.dwd.de/tagesthema.)
Deutscher Wetterdienst