Spannender nächtlicher Temperaturverlauf in Oberbayern
Auch die vergangene Nacht war verbreitet wieder ungewöhnlich mild für Anfang April. Nicht nur die Maxima waren rekordverdächtig, sondern auch die Minima. Einen besonders spannenden Temperaturverlauf, dem in diesem Thema des Tages ebenfalls auf den Grund gegangen wird, gab es dabei in Oberbayern.
Das erste verbreitet sommerliche und rekordverdächtige Wochenende in diesem Jahr in Deutschland ist nun Geschichte. Am wärmsten war dabei der Samstag, an dem es mit Ausnahme des Nordens und Ostens sowie der Hochlagen verbreitet einen Sommertag mit Höchstwerten über 25 °C gab. Nähere Informationen dazu und warum es am gestrigen Sonntag nicht ganz so warm wurde, gibt es im gestrigen Thema des Tages unter: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/7.html.
Aber nicht nur die Tageshöchstwerte waren ungewöhnlich und rekordverdächtig, sondern auch die Tiefstwerte der vergangenen zwei Nächte. Beispielsweise wurden in der Nacht zum Sonntag nach vorläufigen und noch nicht validierten Messungen in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) 20,0 °C, in Bad Harzburg (Niedersachsen) 19,2 °C und in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) 18,7 ° C registriert. Quedlinburg erreichte somit sogar eine Tropennacht, bei der der nächtliche Tiefstwert laut Definition nicht unter 20,0 °C liegen darf. Der Monatsrekord für das deutschlandweite höchste Minimum datiert vom 23.04.1968 mit 20,2 °C in Nossen und Altergeringswalde (beides Sachsen). An einigen Stationen wurden aber neue Monatsrekorde für das höchste je gemessene Minimum gebrochen. Für Anfang April ist das absolut außergewöhnlich.
Nun wollen wir uns aber einem spannenden und ungewöhnlichen Verlauf der Temperatur in der vergangenen Nacht zweier Orte in Oberbayern widmen. Die Protagonisten sind Wielenbach, das auf etwa 550 m etwas südlich des Ammersees liegt und Bad Kohlgrub am Fuße des Ammergebirges auf knapp 750 m. Die zwei Orte trennen also fast 200 Höhenmeter und rund 25 km Luftlinie.
Die Grafiken wurden von https://www.mtwetter.de/ entnommen und unter https://www.mtwetter.de/meteogramm36h_info.php findet sich eine umfassende Legende zu den dargestellten Linien. Wir wollen uns aber hauptsächlich auf die obere rote Linie, die den zehnminütigen Lufttemperaturverlauf darstellt und die zwei blauen Linien, die den Verlauf des Taupunktes und der relativen Luftfeuchte zeigen, konzentrieren. Schon zu Beginn der Nacht ergeben sich Unterschiede bei den Meteogrammen. Während in Wielenbach die Lufttemperatur langsam aber sicher ab- und die relative Luftfeuchte zunahm, änderten sich diese Werte in Bad Kohlgrub nur unwesentlich. Dies deutet darauf hin, dass sich im tiefer gelegenen Wielenbach bereits eine bodennahe Kaltluftschicht ausbilden konnte, was im höher gelegenen Bad Kohlgrub nicht der Fall war. Im weiteren Verlauf der Nacht konnte sich die Lufttemperatur in Wielenbach immer weiter abkühlen. Ganz anders was es hingegen in Bad Kohlgrub. Dort kam es ab etwa 0 UTC zu einem deutlichen Anstieg der Lufttemperatur und gegen 1:30 UTC wurden außergewöhnlich warme 24 °C erreicht. Dazu trocknete die Luftmasse erheblich ab und der Taupunkt sank von +5 °C auf Werte um -4 °C. Was war nun der Auslöser dieses Temperaturanstiegs und warum wurde es weiter nördlich nicht wärmer?
Eine mögliche Erklärung liegt darin, dass sich in Bad Kohlgrub mitten in der Nacht der Föhn durchgesetzt hat. Dieser sorgte für eine leichte Turbulenz im Bereich der bodennahen Kaltluftschicht, wodurch diese durchbrochen werden konnte und es zu einer Durchmischung der Luftmasse kam. In Wielenbach hingegen konnte sich der Föhn nicht durchsetzen und dort hielt sich eine dünne und entkoppelte Kaltluftschicht, in der sich die Lufttemperatur bis zum Morgen immer weiter abkühlte. Erst nach Sonnenaufgang nahm der normale Tagesgang wieder seinen Lauf und die Lufttemperatur stieg wieder an. Der Rückgang der Lufttemperatur am frühen Morgen in Bad Kohlgrub war vermutlich damit verbunden, dass der Wind sich etwas abschwächte und es somit vorübergehend nicht mehr zu einer Durchmischung der Luftmasse reichte.
Ein Ausblick in die kommenden Nächte zeigt, dass ab der Nacht zum Mittwoch die Minima wieder auf einstellige Werte sinken und vor allem in der Nacht zum Donnerstag droht in der Südosthälfte wieder Frost in Bodennähe.
Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst