Die komplexe Vorhersage von Tornados
Tornados gehören zu den beeindruckendsten, aber gleichzeitig auch verheerendsten Wetterphänomenen weltweit. Doch wie gestaltet sich die Vorhersage von diesem Extremereignis und welche Schwierigkeiten treten dabei momentan noch auf? Auf diese Fragen werden wir im heutigen Thema des Tages eingehen.
Am letzten Donnerstag richtete in der Eifel ein Tornado kleinräumig extreme Schäden an. Dabei handelte es sich nach der internationalen Fujita-Skala (ESSL) um einen IF 2.5 Tornado mit Windgeschwindigkeiten von rund 250 km/h. Diese extremen Winde führten vor allem im Ort Nusbaum zu abgedeckten Dächern, beschädigten Fassaden und umgestürzten Bäumen. Gerade aufgrund der hohen Schadensträchtigkeit solcher Ereignisse wäre eine genaue Prognose sehr wichtig. Aufgrund ihrer Kurzlebigkeit und der sehr geringen räumlichen Ausdehnung gestaltet sich die Vorhersage allerdings alles andere als einfach. Starke Tornados treten meistens in Verbindung mit kräftigen Gewittern auf. Dabei benötigt es verschiedene Zutaten, damit zunächst einmal die Grundvoraussetzungen für ihre Entstehung gegeben sind. Eine feuchtwarme, energiereiche Luftmasse und einen Hebungsantrieb, beispielsweise durch einen herannahenden Trog, sind förderlich bei der Entstehung von Gewitterzellen. Zudem ist die vertikale Windscherung ein notwendiger Faktor, damit sich diese besser organisieren können. Dabei handelt es sich um die Geschwindigkeits- und Richtungsänderung des Windes mit der Höhe. Ist diese sehr hoch und liegt eine relativ labil geschichtete Atmosphäre vor, können sich Superzellen ausbilden, im Zuge derer die meisten stärkeren Tornados entstehen. Superzellen sind besonders langlebige, rotierende Gewitterzellen, bei denen neben möglichen Tornados auch großer Hagel, heftiger Starkregen und orkanartige Fallböen auftreten können. Entscheidend für ein erhöhtes Tornadopotential ist allerdings die Scherung in den unteren Schichten der Atmosphäre. Dabei wird die Windänderung zwischen 0 und 1 km betrachtet. Außerdem ist eine niedrige Wolkenbasis hilfreich bei der Entwicklung von Tornados, die häufig aufgrund von einem vorausgehenden Niederschlagsgebiet mit entsprechender Anfeuchtung der Grundschicht entsteht. Dies war auch bei dem Eifel-Tornado vom vergangenen Donnerstag gegeben. Alle diese Zutaten werden bei der Vorhersage betrachtet um daraus eine Potenzialabschätzung durchzuführen. Somit ist es möglich im Voraus größere Regionen zu bestimmen, in denen eine Tornadogefahr vorhanden ist. Eine ortsgenaue Prognose ist aber, wenn überhaupt, nur sehr kurzfristig machbar. Zur kurzfristigen Vorhersage stehen dem Warnmeteorologen verschiedene Tools zur Verfügung. Zum einen lassen sich anhand der Radarsignale verdächtige Strukturen erkennen. Ein Beispiel hierfür ist das charakteristische "Haken Echo" in Verbindung mit einer Superzelle. Zum anderen lassen sich rotierende Zellen anhand des Doppler-Radars identifizieren. Dabei werden mithilfe des Dopplereffektes die horizontalen Geschwindigkeiten der Niederschlagspartikel bestimmt. Somit lassen sich Superzellen mit rotierenden Aufwinden erkennen. Allerdings produziert nur ein kleiner Teil der rotierenden Superzellen auch einen Tornado. Da die Tornados selbst in den Radarbildern nur sehr selten eindeutig zu identifizieren sind, sind zusätzlich zu den technischen Hilfsmitteln auch Nutzermeldungen über die Warn-Wetter App, sowie Meldungen von Gewitterjägern für unsere Arbeit unerlässlich. Auch das Warnmanagement bezüglich dieses kleinräumigen Phänomens erfordert Fingerspitzengefühl, da selbst eine kleinräumige Gemeindewarnungen schnell zur Überwarnung führen kann. Die Schneise des Tornados beträgt nämlich meist nur wenige hundert Meter, sodass große Teile des Gebietes vom Tornado unbeeinflusst bleiben. Am vergangenen Donnerstag zog in Verbindung mit einer von Westen herannahenden Kaltfront eine Gewitterlinie von Frankreich heran. Unter günstigen Bedingungen waren dabei innerhalb mehrerer Gewitterzellen vor allem in unteren Schichten Rotationsstrukturen erkennbar. An der Linie bildete sich an der südlichen Zelle anschließend ein kurzlebiger Tornado aus, der lokal eng begrenzt für schwere Schäden sorgte. Dieser Fall gestaltete sich warntechnisch als besonders schwierig, da es sich hierbei nicht um eine klassische, isolierte Superzelle mit typischem "Haken Echo" im Radarbild handelte, sondern um eine in die Linie eingebettete rotierende Zelle.
Vor allem bei besonders kurzlebigen Tornados, die nicht durch klassische Strukturen mithilfe moderner Fernerkundungssysteme erkennbar sind, ist eine ortsgenaue Warnung somit bisher leider noch äußerst schwierig.
M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst