Weltraumwetter
Wir erklären heute das Phänomen des Weltraumwetters und erläutern, warum es eine latente Gefahr für uns auf der Erde darstellt.
Am heutigen deutschen "Tag der Raumfahrt" wollen wir uns im Thema des Tages dem sogenannten "Weltraumwetter" widmen. Auf den ersten Blick scheint es sich dabei um ein Oxymoron zu handeln, also eine Zusammenstellung zweier sich widersprechender Begriffe. Immerhin beschreibt das "Wetter" im ursprünglichen Sinne den spürbaren, kurzfristigen Zustand der Atmosphäre, um genau zu sein sogar nur der Troposphäre, dem untersten Bereich der Lufthülle der Erde. Als Weltraum dagegen bezeichnet man den Raum zwischen den Himmelskörpern. Diese haben zwar keine feste Grenze zum Weltraum, sondern eher einen fließenden Übergang zwischen der Atmosphäre, die nach außen hin immer "dünner", also immer weniger Teilchen beherbergt. Ab einer bestimmten Höhe spricht man aber vom Beginn des Weltraumes, eines Bereiches mit extrem geringer Teilchendichte. Wie passt das zusammen?
Da der Weltraum nach obiger Definition also kein wirklich "leerer Raum" ist, sondern - genau wie die Atmosphären der Himmelkörper - kleine Teilchen beinhaltet (Gase, Staub etc.), lassen sich Analogien herstellen. So kann es durch "Sonnenwinde" im Weltraum durchaus stürmisch zugehen und auch für "Regen" ist gesorgt, wenn kleinste Teilchen von der Sonne auf die Erde prasseln. Immer dann, wenn die Auswirkungen vom Sonnenwind und -regen für uns Menschen auf der Erdoberfläche sichtbar oder spürbar werden, sprechen Experten vom Weltraumwetter. Eine weitere Analogie wurde damit ganz beiläufig angesprochen: Genauso wie das rein irdische Wetter wird auch das Weltraumwetter maßgeblich von der Sonne bestimmt, wenngleich es auch viele weitere Einflussfaktoren gibt.
Unter Sonnenwind verstehen wir einen Strom elektrisch geladener Gasteilchen, die von der Sonne in alle Richtungen wegströmen. "Stürmisch" wird es dann, wenn es zu einem "koronalen Massenauswurf" (englisch: Coronal Mass Ejection, kurz: CME) kommt. Es handelt sich dabei um eine Art Explosion auf der Sonne, bei der nicht nur eine gewaltige Menge an Teilchen, sondern auch ganze Magnetfelder von der Sonne weggeschleudert werden. Dieses Gemisch nennt man "Plasma". Manchmal beobachtet man auch sogenannte "Flairs", eine Art Blitz, bei der sich Röntgenstrahlung, also elektromagnetische Energie oder Licht mit Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen ausbreitet.
In unregelmäßigen Abständen sind Sonnenstürme zur Erde gerichtet. Generell schützt uns das Magnetfeld bzw. die darin eingefangenen geladenen Teilchen, der sogenannte Strahlungsgürtel, vor dem gefährlichen Plasma des Sonnenwindes. Ist der Partikelstrom aber zu stark, wird dieses Schutzschild verformt und es können sich vermehrt Schwachstellen auftun. Im schönsten Fall dringen nur verhältnismäßig wenige geladene Partikel des Sonnenwindes bis in die obere Atmosphäre ein, wo sie auf Sauer- und Stickstoffteilchen treffen, diese anregen und zum Leuchten bringen. Diesen Effekt kennen wir als ungefährliches, aber optisch sehr ansprechendes Polarlicht. Im schlimmsten Falle gelangen aber größere Mengen an geladenen Teilchen in die Atmosphäre und sorgen für starke elektrische Ströme. Diese beeinträchtigen in erster Linie Gerätschaften in größerer Höhe wie Satelliten oder Computersysteme in Flugzeugen. Dadurch können die Navigations- und Kommunikationssysteme auf der Erde in Mitleidenschaft gezogen werden oder gar ausfallen. Die Verformung des Magnetfeldes kann sich aber auch am Erdboden bemerkbar machen, indem sich beispielsweise in Stromleitungen große Spannungen aufbauen und starke Ströme fließen können, die zu Überlastungen und Ausfällen im Stromnetz führen.
Ähnlich wie beim Wetter gilt es diese gefährlichen Situationen möglichst zu erkennen, mögliche Auswirkungen vorherzusagen und Warnungen auszusprechen. Mit vielen unterschiedlichen Messgeräten wird die Sonne pausenlos beobachtet und die Richtung und Stärke etwaiger Sonnenstürme gemessen. Wenn sich ein solcher ereignet, bleiben noch zwei bis vier Tage Vorlaufzeit, bevor sie die Erde erreichen. Mit verschiedenen Maßnahmen können Auswirkungen und Schäden an technischen Systemen vorgebeugt werden.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst