Die Zugspitze wurde sein Schicksal Teil 1
Zum 150. Geburtstag Johann Josef Enzenspergers (1873-1903) erfahren Sie in der heutigen Ausgabe mehr zu seiner Person und Einrichtung der Zugspitzstation mit ihm als ersten Meteorologen.
Ein Meteorologiestudent und Bergsteiger Als 1873 auf dem 1. Internationalen Meteorologen-Kongress in Wien angeregt wurde, die höheren Luftschichten mit Fesselballonen und von isolierten hohen Berggipfeln zu untersuchen, kam im selben Jahr Johann Josef Enzensperger in Rosenheim auf die Welt (Lüdecke 2000, Schmitt 1959). Als die Familie 1887 nach Sonthofen ins Allgäu zog, wurde seine Liebe zum Bergsteigen geweckt. Seine hervorragenden Abiturnoten verschafften ihm ein Stipendium am Maximilianeum in München und er begann an der Ludwig-Maximilians-Universität Jura zu studieren. Während des Studiums führte er einige sehr schwierige Erstbesteigungen in den Alpen durch und gründete 1892 mit anderen bergbegeisterten Kommilitonen den Akademischen Alpenverein München (AAM), in den auch der spätere Arzt Hans Gazert kurz nach der Gründung aufgenommen wurde (Deutscher Alpenverein 1990, Lüdecke 2015). Von 1895 an hatte Enzensperger für fünf Semester selbst den Vorsitz des AAM inne (Abb. 1).
Diese erfolgreichen Freizeitaktivitäten im Hochgebirge verleiteten ihn wohl dazu, das Jurastudium aufzugeben und fortan Mathematik und Physik mit der Spezialisierung Meteorologie zu studieren (Enzensperger 1905).
Bau des Münchner Hauses
In dieser Zeit wurde das Bergsteigen immer beliebter. Es entstanden viele neue Alpenvereinssektionen und es wurden zunehmend Unterkunftshäuser in den Alpen errichtet. Die Sektion München des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins (DÖAV) war damals die größte Sektion und die Zugspitze als höchster deutscher Gipfel wurde immer mehr zum Ziel der Bergsteiger (Lüdecke 2000, 2001). So wundert es nicht, dass vor der Wende zum 20. Jahrhundert einerseits der Wunsch der Bergsteiger nach eine Unterkunftshütte auf der Zugspitze und andererseits nach einer guten Wettervorhersage für eine Tour auf den höchsten Berg immer dringender wurde. Letzteres wünschten auch die Meteorologen, die gerade anfingen auf mehreren Bergstationen "Höhenwetter" zu untersuchen (Wege 2000). So hatte man in Österreich bereits 1886 auf dem Hohen Sonnblick ein Observatorium in 3105 m Höhe eingerichtet. Eine der treibenden Kräfte für den Ausbau der alpinen Unterkunftshütten war die Sektion München des DÖAV (Lüdecke 2000, 2001). Zunächst wurde 1897 das Münchner Haus als Unterkunftshütte in 2959 m Höhe auf dem Westgipfel der Zugspitze eröffnet. Zusätzlich hatte man damals schon auf der Südwestseite der Hütte ein weiteres Plateau für den künftig zu errichtenden Meteorologischen Turm vorgesehen. Die Münchner Bergsteiger konnten damals im Schaufenster der Lindauer Buchhandlung in der Münchner Kaufingerstraße 16 den aktuellen Wetterbericht vom Gemeindehaus in Tegernsee und von der Hirschberghütte bekommen, was für die Tourenplanung sehr hilfreich war. Aber diese Informationen stammten aus dem Alpenvorland südöstlich von München und gaben keine Auskunft über westlich gelegene Gebiete wie z. B. die Wettersteinregion mit der Zugspitze.
Gutachten für den Meteorologischen Turm
Bis zum Baubeginn des Meteorologischen Turmes mussten noch Gutachten eingeholt werden, um finanzielle Unterstützung durch das Königlich Bayerische Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten zu erhalten. Zunächst äußerte sich Professor Wilhelm von Bezold, der bis 1885 der erste Direktor der K. b. Bayerischen Meteorologischen Centralstation in München gewesen ist und nun Direktor des Preußischen Meteorologischen Instituts in Berlin war. Bezold schrieb "Obgleich sich nicht bestreiten lässt, dass man aus den Aufzeichnungen der Hochstationen noch lange kein richtiges Bild von den Zuständen der freien Atmosphäre gewinnt, so bietet doch gerade die Vergleichung der auf den Gipfel ermittelten Zahlen mit den im Luftballon erhaltenen die Möglichkeit, die Fehler derartiger Rückschlüsse auf ein geringes Maass zurückzuführen." (Erk 1898a: 122). Das zweite Gutachten kam von Hofrat Julius von Hann, damals Professor für Meteorologie in Graz, der die außerordentliche günstige Lage in der Mitte zwischen den Bergobservatorien auf dem Säntis am Bodensee und dem Hohen Sonnblick in den Hohen Tauern hervorhob (Erk 1898a). Schließlich äußerte sich auch der amtierende Direktor der K. b. Meteorologischen Centralstation Friedrich Erk und forderte in seinem Gutachten vor allem einen wissenschaftlichen Beobachter für die wissenschaftliche Aufgabe. Schließlich konnte der Meteorologische Turm auf der Zugspitze mit staatlichen Geldern gebaut werden.
Eröffnung der Meteorologischen Hochstation auf der Zugspitze
Der Meteorologische Turm wurde am 8. November 1899 fertiggestellt. Er hat eine Grundfläche von 4 m x 4 m und eine Höhe von 9 m. Die beiden Stockwerke mit Schlaf/Wohn- und Arbeits/Vorratsraum sind jeweils 2,20 m hoch (Lüdecke 2000). Für den ersten Meteorologen hatte die Münchner Firma Dallmayer 40 Zentner Lebensmittel geliefert, denn es sollte an nichts fehlen (Lüdecke 2001). Vom Arbeitsraum geht es weiter auf die Plattform mit den Messgeräten (Abb. 2)
Der Turm war zum Schutz vor starken Winden mit dicken Drahtseilen abgespannt. Als Blitzableiter diente das 5,5 km lange Telefonkabel, das in das Höllental hinabführte. Durch das Telefon war die Hochstation direkt mit der Centralstation in München verbunden. Die Innereinrichtung erfolgte im Sommer 1900 und die feierliche Eröffnung am 19. Juli 1900. Die Honoratioren und Gäste waren über das Reintal mit Übernachtung in der Knorr Hütte aufgestiegen. In einem feierlichen Akt überließ die Alpenvereins-Sektion München den von ihr gebauten Meteorologischen Turn dem Staat zur "unentgeltlichen Benützung". Erst wenn die Hochstation aufgegeben werden sollte, würde sie wieder an die Alpenvereins-Sektion München zur "freien Verfügung" zurückfallen.
* Dieser Artikel ist in leicht verkürzter Form zuerst in den Mitteilungen 2/2023 der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft (DMG) erschienen. Wir danken Frau Prof. Dr. Cornelia Lüdecke und Herrn Prof. Dr. Dieter Etling von der Uni Hannover ausdrücklich für die Zusammenarbeit! Freuen Sie sich auf den zweiten Teil des Artikels am kommenden Samstag!
Literatur Deutscher Alpenverein (Hrsg.), 1990, Josef Enzenperger: Meteorologe und Kletterer. Bearbeitet von H. Höfler. Alpine Klassiker 13, J. Berg, München, 304 S.
Erich von Drygalski, 2013, Zum Kontinent des eisigen Südens: Die erste deutsche Südpolarexpedition 1901-1903. Herausgegeben von Cornelia Lüdecke, Edition Erdmann, marixverlag, Wiesbaden, 366 S.
Enzensperger, J.J., 1901: Sieben Monate auf der Zugspitze. - Das Wetter Monatsschrift für Witterungskunde, 18, 66-71.
Enzensperger, J., 1905: Ein Bergsteigerleben: eine Sammlung von alpinen Schilderungen nebst einem Anhang Reisebriefe und Kerguelen-Tagebuch. Hrsg. vom Akad. Alpenverein München. Vereinigte Kunstanstalten in Komm., München, 276 S. Erk, F. 1898a, Ein meteorologisches Observatorium auf der Zugspitze. Mitteilungen des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins 10, 121-123.
Erk, F. 1898b, Ein meteorologisches Observatorium auf der Zugspitze. Mitteilungen des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins 11, 133-136.
Gazert, 2023, Hans Gazert, https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Gazert angesehen 12.4.2023.
Lüdecke, C., 2000, Hundert Jahre meteorologische Hochstation auf der Zugspitze ? Der Deutsch-Österreichische Alpenverein als Förderer der alpinen Meteorologie, Meteorologische Zeitschrift, 9 (6), 381-391.
Lüdecke, C., 2001, ...die meteorologische Hochstation Zugspitze als glänzender Appendix. 100 Jahre meteorologischer Turm auf der Zugspitze. Heidelberg, Berg 2001 Alpenvereinsjahrbuch "Zeitschrift" Band 125, 136-148.
Lüdecke, C. 2015, Deutsche in der Antarktis: Expeditionen und Forschungen vom Kaiserreich bis heute. Chr. Links, Berlin, 224 S.
Schmitt, Fritz, "Enzensperger, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 541 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118965034.html#ndbcontent.
Wege, K., 2000, Die Geschichte der Wetterstation auf der Zugspitze. Geschichte der Meteorologie in Deutschland 4, Selbstverlag des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach am Main, 104 S.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst