Mittagshitze vs. Höchsttemperatur

Immer wieder hört man von der sogenannten "Mittagshitze". Die Höchsttemperatur wird in unseren Breiten im Sommer aber meistens erst am Abend erreicht. Na was denn nun?

Hitze, also Temperaturwerte von 30 Grad und mehr, ist momentan bei uns in Deutschland kein Thema - ganz im Gegensatz zu Südeuropa bzw. dem Mittelmeerraum, worauf bereits letzten Sonntag an dieser Stelle eingegangen wurde (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2023/7/16.html). Aber auch bei uns ist die Kuh noch nicht vom...äh?Eis, denn die nächsten heißen Tage kommen bestimmt. Immerhin haben wir ja noch das letzte Drittel des Julis und noch den ganzen August vor uns, bevor im September die Hitzewahrscheinlichkeit dann doch allmählich abnimmt.

Immer wieder hört und liest man bei dieser Thematik von der sogenannten "Mittagshitze", die man zurecht auch meiden sollte, wenn es irgendwie geht. Mit Blick auf den Tagesgang der Temperatur stellt man allerdings fest, dass die größte Hitze, also die Höchsttemperatur in unseren Breiten im Sommer tatsächlich meist erst abends, etwa gegen 18 Uhr erreicht wird. Aber sind Ihnen schon einmal Begriffe wie "Abendhitze" über den Weg gelaufen? Wahrscheinlich eher nicht. Ist es jetzt mittags oder abends heißer?

Veranschaulichen wir den Tagesgang der Temperatur anhand einer Badewanne: Bei geöffnetem Abfluss drehen wir den Wasserhahn nun ein kleines Stück auf. Die Folge: Das Wasser fließt direkt über den Abfluss wieder ab. An eine Füllung der Wanne ist bei diesem Rinnsal nicht zu denken. Das ist in etwa gleichzusetzen mit den ersten einfallenden Sonnenstrahlen am Morgen. Drehen wir den Hahn nun langsam weiter auf, stellen wir fest, dass das Wasser allmählich anfängt zu steigen (entspricht dem Vormittagsverlauf). Zur Mittagszeit ist der Hahn voll aufgedreht und das Wasser (respektive die Sonneneinstrahlung bzw. die Lufttemperatur) steigt stark an. Im Anschluss wird der Hahn nun langsam wieder zugedreht, es fließt aber immer noch mehr Wasser von oben nach, als unten abfließt - das Wasser (also die Lufttemperatur) steigt demnach immer noch, wenngleich nicht mehr so schnell (entspricht dem Nachmittagsverlauf). Erst im Laufe des Abends wird der Punkt erreicht, an dem das nicht mehr der Fall ist - der höchste Wasserstand bzw. die Höchsttemperatur ist erreicht. Es fließt nun wieder mehr Wasser ab als nach und der Wasserstand sinkt. Auf die Luft übertragen, reicht die Einstrahlung der immer tiefer stehenden Sonne nicht mehr aus, um es mit der Abkühlung der Luft aufnehmen zu können.

Und wie ist das jetzt mit der Mittagshitze, wenn es doch abends noch heißer ist? Die betrachteten Temperaturwerte werden im Schatten gemessen. Dort ist es mittags also noch kühler als abends. Befindet man sich in der Sonne, sieht das Ganze anders aus. Zur Mittagszeit steht sie in unseren Breiten am steilsten am Himmel, wodurch ihre Einstrahlung am stärksten ist, was für den Körper unter Umständen durchaus gefährlich werden kann. Abends fällt die Sonnenstrahlung dagegen deutlich flacher ein und ist dadurch auch spürbar schwächer.

Die Mittagshitze bezieht sich also auf den Aufenthalt in der prallen Sonne, die abendliche Höchsttemperatur auf die gemessenen Werte im Schatten. Beide schließen sich also nicht aus, ganz im Gegenteil.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.07.2023

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