Hitze hält mehrere Regionen weltweit im Griff
Am gestrigen Samstag wurde in Deutschland die bislang höchste Temperatur des Jahres gemessen. Im Zuge einer Kaltfront mit kräftigen Schauern und Gewittern wurde die subtropische Heißluft nun weitgehend aus Deutschland nach Südosten abgedrängt. Im Mittelmeerraum hingegen intensiviert sich die anhaltende Hitzewelle in der neuen Woche.
Auf der Vorderseite des hochreichenden Tiefs namens SANDOR über Schottland wurde am gestrigen Samstag vor allem in den Süden und Osten des Landes heiße, subtropische Luft von der Iberischen Halbinsel und dem westlichen Mittelmeerraum gepumpt. Verbreitet kletterte das Quecksilber auf Werte über 30 Grad. Vom Osten Baden-Württembergs über Bayern und Sachsen bis nach Brandenburg wurden vielfach schweißtreibende Höchstwerte von über 35 Grad gemessen. Mit 38,8 Grad in Möhrendorf-Kleinseebach bei Erlangen wurde der bisherige Temperaturrekord des laufenden Jahres aufgestellt (siehe Top10 des gestrigen Samstags in Abbildung 1). Zuvor hielt die Station Waghäusel-Kirrlach (Baden-Württemberg) den diesjährigen Spitzenplatz inne. Dort wurden erst am vergangenen Sonntag, den 09.07.2023, 38,0 Grad registriert.
In den westlichen Landesteilen lagen die Tageshöchstwerte häufig unter 30 Grad. Hier zogen bereits am Vormittag auf der Vorderseite einer Kaltfront über der Nordsee schauerartige, teils auch gewittrige Regenfälle auf. Am Nachmittag breiteten sich die Schauer sowie kräftige Gewitter mit Sturmböen auch weiter nach Norden und Nordosten aus. In den Abendstunden griffen von Frankreich und der Schweiz her kräftigere und teils organisierte Gewitterstrukturen auf Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über. Dabei wurde um 21 Uhr im Südschwarzwald an der Station Kandern-Gupf im Landkreis Lörrach eine orkanartige Böe von 111 Kilometer pro Stunde registriert. Sonst hingegen zeichnete sich in den Abendstunden ab, dass die Gewitter hinter den Erwartungen zurückblieben und eine regional größere Unwettergefahr durch das Auftreten von schweren Sturmböen oder orkanartigen Böen über Baden-Württemberg und Bayern nicht mehr zu erwarten war. Daher wurde die am Vormittag herausgegebene Vorabinformation noch in der ersten Nachthälfte vorzeitig aufgehoben.
Die Schauer und Gewitter verlagerten sich in den Nachtstunden allmählich ostwärts und räumten die subtropische Luft sukzessive auch in den östlichen Landesteilen aus. Summa summarum hat es bis heute Morgen vorrangig vom Südwesten bis in den Osten hinein flächigere Regengüsse gegeben. Die Stationsdaten und die ermittelten Radarsummen zeigen, dass vielfach 5 bis 15 Liter pro Quadratmeter registriert wurden (siehe Abbildung 2). In kräftigeren Gewittern wurden strichweise in Baden-Württemberg und Bayern auch 20 bis knapp 35 Liter gemessen. Zu einer teils sehr hohen Niederschlagsakkumulation von bis zu 69 Liter pro Quadratmeter (Station Bordelum) in wenigen Stunden kam es in Nordfriesland in einem engen Bereich im Zuge einer parallel ziehenden Gewitterlinie. Vom nördlichen Rheinland-Pfalz bis nach Westmecklenburg sowie im Südosten Bayerns blieb es hingegen weitgehend niederschlagsfrei. Während sich hierzulande auch in der neuen Woche das mäßig warme und vor allem im Norden und Süden bei Schauern und einzelnen Gewittern wechselhafte Wetter fortsetzt, hält in Südeuropa hingegen die stärkste Hitzewelle des Sommers 2023 an. Und legt sogar noch eine Schippe drauf.
Ab Montag steigen die Temperaturen in Nordafrika, auf der Iberischen Halbinsel, in Süd- und Mittelitalien und später in der Woche auf der Balkanhalbinsel, insbesondere in Griechenland, auf Werte von 40 bis 45 Grad (Prognose der Maximumtemperatur beispielhaft für Dienstag, den 18.07.2023, in Abbildung 3). Lokal sind noch höhere Maxima nicht ausgeschlossen. Verantwortlich dafür zeichnet sich ein blockierendes und auch in höheren Luftschichten kräftig ausgeprägtes Hochdruckgebiet. Jenes hat sich mit seinem Bodenpendant über dem zentralen Mittelmeerraum festgesetzt und kann sich zu Beginn der neuen Woche noch weiter verstärken. Dieses Wettermuster wird häufig auch als "Hitzeglocke" (engl. "heat dome") bezeichnet, weil sich dabei extrem hohe Temperaturen entwickeln. Vereinfacht ausgedrückt funktioniert die Hitzeglocke wie ein Deckel auf einem Topf. Das ausgedehnte Hoch sorgt dafür, dass die heiße Luftmasse eingeschlossen und zusätzlich zum Absinken gezwungen wird. Auf diese Weise entsteht eine sehr stabile und oft trockene Luftmasse mit minimalen Chancen auf Niederschlag oder gar Wolken - die sinkenden Luftpakete im Zentrum der Wärmekuppel führen zu nochmals steigenden Temperaturen. Regional könnten daher in den kommenden Tagen in Südeuropa einige bestehende Temperaturrekorde eingestellt oder sogar gebrochen werden.
Auch im Westen und Süden Nordamerikas ist eine außerordentliche Hitzewelle aktiv. Der National Weather Service geht davon aus, dass über das Wochenende an bis zu 45 Stationen von Kalifornien und Nevada bis nach Texas neue Temperaturrekorde erreicht werden. Im Death Valley könnte unter Umständen auch der weltweit gemessene Allzeitrekord von 134 Grad Fahrenheit (56,7 Grad, 10.07.1913) wackeln.
M.Sc.-Met. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst