Alle Jahre wieder...
Was ist Mythos und was lässt sich wirklich an Erkenntnissen aus den Wetterverhältnissen am Siebenschläfertag gewinnen?T
Am heutigen Dienstag, den 27.06.2023 ist es wieder soweit, es ist "Siebenschläfertag". Damit verbunden ist naturgemäß wieder die Frage, inwieweit das Wetter am heutigen Tag Aufschluss über das Wetter in den nächsten sieben Wochen geben mag. Nicht umsonst heißt es doch wohl in den bekannten Bauernregeln etwa: "Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt." "Regnet?s am Siebenschläfertag, der Regen sieben Wochen nicht weichen mag." "Scheint am Siebenschläfer Sonne, gibt es sieben Wochen Wonne."
Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Zumal man in Hamburg und Berlin angesichts zahlreicher Schauer und Gewitter dieser Tendenz eher mit gemischten Gefühlen entgegenblicken würde und konträr dazu in München, Frankfurt oder Köln, wo der heutige Tag vielfach heiter und trocken verlief, eine entspanntere Erwartungshaltung hätte. Wobei sich natürlich subjektiv betrachtet jeder etwas anderes unter dem "perfekten" Sommer vorstellt, keine Frage. Womit können wir nun rechnen? Sicherlich nicht mit dem identischen Wetter an Ort und Stelle für die nächsten sieben Wochen! Sonst könnte unsere gesamte Belegschaft ja einen Tag nach Siebenschläfer regelmäßig für 7 Wochen in den Urlaub gehen. Der Gedanke wäre sicherlich verlockend... hmmm, aber nun statt wilder Träumereien flugs zurück zu den Fakten.
Entgegen der weitverbreiteten Vermutung hat das gleichnamige Nagetier nichts mit den Bauernregeln zu tun. Seinen Namen verdankt der Siebenschläfertag vielmehr einer alten Legende. Dieser nach sollen sieben junge Christen in der Zeit der Christenverfolgung in einer Höhle lebendig eingemauert worden und in einen tiefen Schlaf gefallen sein. Nach etwa 200 Jahren wurden sie dann zufällig entdeckt, wachten auf und bezeugten den Glauben an die Auferstehung der Toten, starben jedoch wenig später. Den sieben Schläfern wurde daraufhin der 27. Juni als Gedenktag im katholischen Heiligenkalender gewidmet. Der Siebenschläfertag gilt als meteorologische Singularität, also als Witterungsregelfall. Offiziell gilt zwar der 27. Juni als Siebenschläfertag, berücksichtigt man die gregorianische Kalenderreform, fällt er aber auf den 7. Juli (1582 gab es eine etwa zehntägige Verschiebung). Außerdem sollte man generell Bauernregeln für einzelne Lostage nicht ganz so genau nehmen, sondern eher einen größeren Zeitraum betrachten. Dabei hat sich in der Vergangenheit oft bewahrheitet, dass das grundlegende Zirkulationsmuster, das für die allgemeine Witterung in Deutschland verantwortlich ist (sprich: z.B. eher kühl und unbeständig oder aber trocken und heiß, schwül-warm und gewittrig oder beliebige Kombinationen daraus), sich im Zeitraum Ende Juni / Anfang Juli einstellt und dann auch für einige Wochen erhalten bleibt. So ist die Trefferquote der Siebenschläferregel im Vergleich zu anderen meteorologischen Singularitäten, wo sie häufig bei rund 50% liegt und damit puren Zufall darstellt, vergleichsweise hoch. Statistische Auswertungen ergaben, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit im Falle der "Schönwetter-Variante" mit einem stabilen Hoch über Skandinavien (man erinnere sich an den Mai oder Anfang Juni dieses Jahres mit beständigem Ostwind und strahlendem Sonnenschein) zwischen 55 und 60% liegt. Bei unbeständigen Westwetterlagen trifft die Bauernregel sogar mit 62 bis 70% zu. Dabei ist die Trefferquote im Alpenvorland höher als in Norddeutschland. Apropos: Westwetterlage. Diese hat sich inzwischen eingestellt und bleibt auch den Rest der Woche wetterbestimmend. Nach kurzem Zwischenhocheinfluss am morgigen Mittwoch, an dem es weitgehend trocken bleibt, greift am Donnerstag von Westen ein neuer Tiefausläufer mit teils gewittrigen Regenfällen über, die am Freitag auch den äußersten Osten und Süden erreichen. Ähnlich wechselhaft geht es auch an den Folgetagen weiter, wenngleich die Niederschlagsneigung etwas zurückgeht. Schaut man einmal vorsichtig in die Trendvorhersagen bis zum 10. Juli, so ändert sich an der Großwetterlage kaum etwas. Diese könnte sich also für längere Zeit manifestieren. Das bedeutet nicht, dass es für ein paar Tage am Stück auch mal sonnig, trocken und heiß werden kann. Alsbaldige Abkühlung aus Westen mit Regenfällen sind aber stete Begleiter. So gesehen wäre also für jeden etwas aus dem subjektiv "perfekten" Sommer mit dabei.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst