Leuchtende Nachtwolken ein sommerliches Phänomen
Im Sommer wird mancherorts die Nacht zum Tage gemacht. Doch die Nacht selbst hat auch so einiges zu bieten. Neben Blutmond, Sternschnuppen und Kometen gibt es da auch das sommerliche Phänomen der leuchtenden Nachtwolken.
Wettertechnisch sieht es in den nächsten Tagen sehr sommerlich aus. Zum ersten Mal in diesem Jahr werden die Temperaturen die 30 Grad-Marke überschreiten. Auch lauen Nächten steht dann nichts mehr im Wege. Bei den warmen Verhältnissen hält man sich dann auch nachts noch gerne draußen auf. Ein Phänomen was sich dort eventuell am nächtlichen Himmel blicken lässt, sind leuchtende Nachtwolken (englisch: noctilucent clouds, kurz: NLC).
Leuchtende Nachtwolken sind silbrig-weiße dünne Wolken, haben jedoch im engeren Sinne nicht direkt was mit Wetter zu tun. Denn das Wetter spielt sich hauptsächlich in der Troposphäre ab, deren Obergrenze in unseren Breiten in etwa eine Höhe von 10 bis 13 km erreicht. Leuchtende Nachtwolken entstehen in der Mesosphäre, in einer Höhe zwischen 80 bis 85 km. Vieles was mit der Entstehung der leuchtenden Nachwolken zu tun hat, ist im Detail noch nicht geklärt. Man weiß aber, dass sie aus kleinen Wassereisteilchen bestehen, weswegen sie optisch an Cirruswolken erinnern. Schon lange vermutet, wurde dieses erst 2001 durch das Satelliten-Messinstrument HALOE bewiesen. Zur Entstehung von Wolkeneisteilchen braucht man zum einen Wasserdampf und zum anderen Sublimationskerne, an die sich die Wasserteilchen anheften können. In der Mesosphäre ist kaum Wasserdampf vorhanden, sodass sich im Normalfall nur wenige Wassermoleküle miteinander verbinden können. Damit die Wasserdampfmoleküle doch zu kleinen Eisteilchen gefrieren, benötigt man besonders kalte Temperaturen von unter minus 120 Grad Celsius. Von Mai bis August sind aufgrund der inter-hemisphärischen Zirkulation die Temperaturen in der Mesosphäre besonders kalt. Es treten dort teils Temperaturen von unter minus 140 Grad auf. Im Winter dagegen ist die Mesosphäre meist wärmer, sodass dann keine Wolken entstehen können. Die zur Eiskristallbildung benötigten Eiskeime können aus verschiedenen Staubpartikel oder andere Aerosole bestehen. Die Staubpartikel kommen zum einen durch Meteorite, die in die Erdatmosphäre eindringen und dabei verglühen in diese Atmosphärenschicht. Zur Zeit der ersten Entdeckung der NLC lag die Vermutung nahe, dass Vulkanausbrüche größere Mengen von Staub auch in diese Höhen transportieren. Die erste Beschreibung von leuchtenden Nachtwolken stammt aus dem Jahr 1885, zwei Jahre nach dem Vulkanausbruch des Krakatau. Doch bis heute ist es weiterhin unklar, ob der Vulkanausbruch tatsächlich zu einer erhöhten NCL Aktivität geführt hat. Es könnte auch sein, dass die intensivere Beobachtung des Himmels erhöhte Sichtungszahlen der leuchtenden Nachtwolken ergaben. Nach dem Vulkanausbruch kam es durch die große Staubbelastung in der Tropo- und Stratosphäre spektakuläre Sonnenuntergänge. Es besteht auch die Theorie, dass bei der Entstehung von Eiskristallen nicht unbedingt Sublimationskerne vorhanden sein müssen. Aufgrund des Dipol-Charakters von Wassermolekülen bilden sich sogenannte Wasserclusterionen. Diese Wassercluster sind aber nur kurzlebig.
Um die Wolken zum Leuchten zu bringen ist Licht nötig. Dieses Licht stammt von der Sonne, die zwischen 6 und 16 Grad unter dem Horizont stehen muss, damit die Wolken in einer Höhe von etwa 83 km über dem Erdboden angestrahlt werden. Daher sind in unseren Breiten leuchtende Nachtwolken zwischen Anfang Juni und Mitte Juli zu sehen. Und das am besten gegen Mitternacht, wenn die Dämmerung am dunkelsten ist und das schwache Schimmern der Wolken nicht übertrifft. Sie erreichen über Deutschland eine Höhe von etwa 20 Grad über dem Horizont, wenn man in nördliche Richtungen blickt. In Ausnahmefällen sind sie auch bis in Zenitnähe zu sehen.
Langzeitliche Trends zur NCL Aktivität sind schwer zu prognostizieren, da die Forschungen darüber noch andauern. Ein Zusammenhang mit der Sonnenaktivität ist nahe liegend. Allerdings konnte bis jetzt nicht eindeutig beobachtet werden, dass die Häufigkeit der leuchtenden Nachtwolken im Sonnenmaximum-Zeitraum wirklich zunimmt. Für eine erhöhte Nachtwolken-Aktivität könnte auch die Zunahme von Methan und Kohlenstoffdioxid verantwortlich sein. Durch das Erwärmen der Troposphäre, könnte die Mesosphäre kälter werden. Ein weiterer Zusammenhang wird zwischen leuchtenden Nachtwolken in unseren Breiten und den polaren mesosphärischen Wolken vermutet, die während des gesamten Sommers über den Polen liegen. Durch erhöhte Windgeschwindigkeiten könnten die mesosphärischen Wolken über den polaren Gebieten sich schneller und weiter nach Süden hin ausweiten. Auch erhöhte Konzentration von Eiskeimen in der Mesosphäre kann zur Zunahme von Leuchtenden Nachtwolken führen. Bei den Starts der Space Shuttles zwischen 1981 und 2011 als auch beim Start von SpaceX Falcon 9 2014 wurden nach dem Start leuchtende Nachtwolken gesichtet. Durch die Raketen werden nicht nur Staubpartikel, sondern auch Wasserdampf in große Höhen in die Atmosphäre gebracht. Allerdings ist die Höhe des Beitrags von Raketenstarts zur Bildung von leuchtenden Nachtwolken noch umstritten. Wer in der kommenden Nacht leuchtende Nachtwolken beobachten möchte, hat die größten Chancen dazu an der Ostsee oder im Südwesten Deutschlands. Dort ist der Himmel meist klar. Wer das ganze Spektakel am Himmel auch fotografieren möchte, dem empfiehlt sich eine Belichtungszeit von etwa 10 Sekunden bei einer erhöhten ISO von 800 bis 1600, da sich die Eiswolken bewegen. Das erste Foto von leuchtenden Nachtwolken schoss übrigens Otto Jesse weit vor Erfindung von Digitalkameras im Jahr 1887. Er gab den Wolken auch ihren Namen.
MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst