Reger Ballonverkehr
In unserer Atmosphäre ist ganz schön was los. Neben einer großen Anzahl an handelsüblichen Luftfahrzeugen tummeln sich darin auch einige unbemannte Flugobjekte. Einige davon weisen einen meteorologischen Kontext auf.
Vor wenigen Wochen sorgte ein in großer Höhe fliegender Ballon im Luftraum der Vereinigten Staaten für allerhand Aufsehen. Nachdem dieser am 28. Januar 2023 im Bereich der Aleuten (zu Alaska gehörende Inselkette im Nordpazifik) zum ersten Mal im US-Luftraum gesichtet wurde, endete seine Flugbahn nach einem kurzen Abstecher nach Kanada zwangsweise am 04. Februar vor der Küste South Carolinas. Im Rahmen der Berichterstattung wurden regelmäßig auch atmosphärische Begriffe verwendet, die an dieser Stelle kurz eingeordnet werden sollen.
Die Atmosphäre der Erde ist keine homogene Lufthülle, sondern weist je nach Abstand zur Erdoberfläche einige Besonderheiten auf. Den meisten ist zwar noch bekannt, dass sich die Dichte der Luft und damit auch der Luftdruck mit der Höhe kontinuierlich verringern, bei der Temperaturverteilung ist der Verlauf aber schon wesentlich komplexer und nicht jedem bekannt. Eine ganz entscheidende Sprungschicht der Temperatur ist die sogenannte Tropopause, die die darunterliegende Troposphäre von der darüber befindlichen Stratosphäre abtrennt. Bis zur Tropopause nimmt die Temperatur mit der Höhe oberhalb der Grenzschicht (unterste, ca. 1,5 km hohe Schicht) normalerweise ab, darüber nach einer isothermen Schicht wieder zu. Dadurch sind die Austauschprozesse zwischen diesen beiden Schichten deutlich eingeschränkt. Für die Wettervorhersage ist dabei entscheidend, dass die wesentlichen Wettervorgänge in der Troposphäre stattfinden. Die Höhe der Tropopause variiert zwischen etwa 8 km an den Polen und bis zu rund 17 km am Äquator. In unseren mittleren Breiten kann von einer mittleren Höhe von etwa 10 km ausgegangen werden, wobei bei gewissen atmosphärischen Konfigurationen diese durchaus etwas tiefer oder höher liegen kann.
Um besser über diese wetteraktive Schicht Bescheid zu wissen, werden vom Boden aus regelmäßig sogenannte "Radiosonden" gestartet. Diese Messeinheiten sind an aufsteigende Ballone angebracht und schicken auf ihrem Weg die gesammelten Daten der Vertikalsondierung (Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchte, sekundär auch Wind) zur Erdoberfläche zurück. Allerdings müssen sich auch diese Ballone den atmosphärischen Gesetzmäßigkeiten unterwerfen: Mit zunehmender Höhe sinkt der Umgebungsdruck, dadurch dehnt sich das Ballongas und damit auch die Ballonhülle deutlich aus. Letztendlich platzt er normalerweise in einer Höhe von etwa 20 bis 30 km und die Messeinheit fällt, (teilweise) mittels Fallschirm, auf die Erdoberfläche zurück (der Höhenrekord bei den Aufstiegen des DWD liegt bei etwa 39 km). Diese Art von Ballonen stellen im allgemeinen Sprachgebrauch die sogenannten "Wetterballone" dar.
Der abgeschossene Ballon war dagegen ein sogenannter "Höhen- oder Stratosphärenballon" und deutlich größer als die Radiosondenballone. Diese operieren, wie der Name schon sagt, in der Stratosphäre in einem Höhenbereich von ca. 18 bis 37 km. Die Höhenrekorde sind mit etwa 53 km überliefert (zum Vergleich: Felix Baumgartner sprang bei seinem Stratosphärensprung im Jahr 2012 aus eine Höhe von knapp 39 km). Ganz prinzipiell können auch diese Ballone wichtige meteorologische Werte erfassen, denn die stratosphärischen Prozesse und deren Auswirkungen auf das Wetter in der Troposphäre sind noch nicht komplett erforscht und befinden sich deshalb im wissenschaftlichen Fokus. Allerdings unterliegen die aufgefundenen Trümmerteile den Untersuchungen der US-Regierungsbehörden, wesentliche Ergebnisse sind noch nicht bekanntgegeben. Klar erscheint aber, dass sich dieser Ballon deutlich von der bisher bekannten Bauweise unterschied.
Die Flughöhe des Ballons wurde mit etwa 18 km angegeben, damit bewegte er sich deutlich über jenen Niveaus, die die kommerzielle Luftfahrt normalerweise für sich beansprucht. Handelsübliche Düsenflugzeuge befinden sich im Reiseflug je nach Region etwa zwischen 10 und 15 km. Ein unliebsames Rendezvous hätte es aber durchaus mit der 2003 ausgemusterten Concorde geben können, denn diese schaffte immerhin eine Reiseflughöhe von 15 bis 18 km.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst