Die Wetterküche stellt auf Winter um!
Sinkende Temperaturen für alle, Schnee häufig nur in begrenzter Menge.
Seit Dezember versucht der Winter zumindest regional Fuß zu fassen. Gebietsweise gab es eine Scheebreitseite, während anderorts die Luft noch zu warm für ein weißes Kleid war. Bei der Frage ob sich eine Schneedecke ausbildet bzw. gefrierender Nässe oder gefrierendem Regen/Sprühregen auftritt, spielen auch die Prozesse im Boden eine wichtige Rolle.
Derzeit wird das Wetter in weiten Teilen Europas von den mächtigen Hochdruckgebieten ILJA über Russland sowie jenem über Grönland geprägt, welche die Tiefs ANNIKA und ZORA über Nordeuropa und dem östlichen Mitteleuropa in die Zange nehmen. Deutschland liegt dabei zwischen dem Grönlandhoch, welches wie eine Zunge bis zu den Alpen reicht, und der Tiefdruckzone um das Tief ZORA über dem Baltikum herum in einer nordwestlichen Strömung. Mit dieser wird Polarluft aus den Regionen nördlich von Spitzbergen über die Nordsee nach Deutschland transportiert. Da die Nordsee noch über recht hohe Temperaturen verfügt, kann sich die Polarluft zwar erwärmen, kommt aber dennoch auf einem frühwinterlichen Niveau an. Vor allem die hochreichenden Tiefs über Skandinavien wirbeln auch in größeren Höhen richtig kalte Luft südwärts, sodass diese im Norden labilisiert. Neben Schauern sind vor allem im Küstenumfeld somit sogar kurze Wintergewitter möglich. Bei der Intensität und Dauer der Regen-, Schneeregen oder Schneeschauern hat auch die Orografie ein Wörtchen mitzureden. Wenn die nordwestlichen Winde auf die Berge treffen und gezwungenermaßen aufsteigen müssen, werden bestehende Schauer verstärkt oder auch neue Niederschläge ausgelöst.
Das beschriebe Schauerwetter ist am heutigen Mittwoch sowie am morgigen Donnerstag vor allem im Norden und der Mitte vorzufinden. Der Süden profitiert teilweise noch von der Hochdruckzunge, die sich in Südwest- und Süddeutschland bemerkbar macht. Doch die Wetterverteilung ändert sich zum Wochenende nachhaltig!
Denn noch wirbelt das kräftige Tief BIRGIT westlich der Iberischen Halbinsel, weit entfernt von der mitteleuropäischen Wetterküche. Doch in den nächsten Tagen nimmt BIRGIT Fahrt auf und zieht am Freitag über die Iberische Halbinsel hinweg, befindet sich am Samstag schon über Mittelitalien und der Adria, um am Sonntag schließlich über Rumänien und der Westukraine Zwischenhalt zu machen.
Aufgrund der Zugbahn von BIRGIT bleibt Deutschland komplett auf der kalten Nordseite. Weitere kleinräumige Tiefs über Mittel- und Nordwesteuropa schieben sogar kältere Luft ins Land. Direkt im Einflussbereich von BIRGIT gelangen derzeit zunächst nur die Regionen etwa südlich der Donau, wo Aufgleitniederschläge zu verzeichnen sind. Diese fallen dabei überwiegend als Schnee und nur zeitweise in tiefen Lagen als Schneeregen oder Regen. Erst am Sonntag nimmt auch im restlichen Land vor allem durch Prozesse in größeren Höhen die Niederschlagsneigung in Form von Schneeschauern zu. Deutschland liegt dann auf der Westflanke des Tiefs in einer nördlichen bis nordöstlichen Strömung, sodass noch kältere Luft Einzug hält. Einhergehend werden landesweit nur noch Höchsttemperaturen um 0 Grad, vielerorts auch Dauerfrost erwartet. Auch zur neuen Woche stehen die Zeichen derzeit auf unbeständiges, zu Schneeschauern neigendes Winterwetter.
Aufgrund der anhaltenden kalten Tage, teils mit Dauerfrost werden auch die oberen Bodenschichten langsam runtergekühlt. Genau die sind eingangs des Winters meist noch recht hoch und verhindern eine anhaltende Schneedecke bzw. das Auftreten von Reif, gefrierender Nässe oder auch gefrierenden leichten Niederschlägen. Dieser sogenannte Bodenwärmestrom fördert die warmen Bodentemperaturen zur Bodenoberfläche und schmilzt den Schnee von unten weg bzw. verhindert durch positive Bodentemperaturen die Bildung von Reif oder gefrierender Nässe. Doch was ist dieser Bodenwärmestrom überhaupt?
Der Bodenwärmestrom beschreibt den Wärmetransport im Erdboden, der durch ein Temperaturgefälle zwischen dem oberflächennahen Untergrund und tieferen Bodenschichten hervorgerufen wird. Hauptsächlich führen die durch den Tagesgang der solaren Einstrahlung bedingten Temperaturveränderungen in der oberen Bodenschicht zu größeren Temperaturunterschieden und somit zu einem resultierenden Wärmeausgleichsstrom. Aber auch länger anhaltende Hitze- oder Kältewellen beeinflussen den Bodenwärmestrom nachhaltig. Bei langen Frostperioden sitzt der Frost teilweise tief im Boden, sodass selbst bei einer Milderung der Luft und der oberen Bodenschichten aus der Tiefe weiter eine kühlende Komponente wirkt. Genauso kann ein sehr warmer Herbst die Bildung von Schneedecken oder Reif bzw. gefrierende Nässe ausbremsen.
In diesem Jahr hatten wir genau diese Verhältnisse mit einem überdurchschnittlich milden Oktober und November. Ende November zeigten die Temperaturen 20 cm im Boden noch verbreitet 4 bis 10 Grad. Dies hatte zur Folge, dass eine Schneedecke meist nur von kurzer Dauer war und die Reifproduktion in den Nächten nicht wirklich in Gang gesetzt wurde. Auch die gefrierende Nässe war zu Beginn des Monats meist noch ein örtliches Phänomen und überwiegend im Bergland zu finden. Schauen wir am heutigen Mittwoch auf die Bodenwerte in 20 cm, so liegen diese nun zwischen 1 und 6 Grad, 5 cm im Boden werden sogar nur noch 0 bis 4 Grad gezeigt. Die deutliche Abkühlung der oberen Bodenschichten hebt das Potential winterliche Phänomene wie Schneedecke, Reif und gefrierende Nässe. Mit Blick auf die anstehenden Temperaturen wird der Boden noch weiter ausgekühlt. Im Gesamtkontext der Energiebilanz der Erdoberfläche ist der Bodenwärmestrom daher ein wesentlicher Bestandteil. Zusammen mit dem latenten und fühlbaren Wärmestrom der Luft kann die Gesamtstrahlungsbilanz aus kurzwelliger solarer und langwelliger terrestrischer Strahlung an der Erdoberfläche erklärt werden. Die solare Strahlungsenergie, die vom Erdboden absorbiert wird, wirkt sich jedoch je nach Bodenbeschaffenheit sehr unterschiedlich auf die Bodentemperatur aus. In fester Erde erfolgt der Wärmetransport im Boden nur durch die sogenannte Wärmeleitung. Wärme fließt dabei gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik immer nur in Richtung geringerer Temperatur. Ein Maß für die Wärmeleitung, also den Bodenwärmestrom, ist die Wärmeleitfähigkeit, die wiederum vom Substrat, der Lagerungsdichte, dem Wassergehalt und anderen Parametern abhängig ist. Mit steigender Lagerungsdichte und steigendem Wasseranteil nimmt die Wärmeleitfähigkeit des Bodens zu.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst