Wirbelstürme Open End
Die tropischen Weltmeere halten Anrainer und Meteorologen weiter in Atem. Nach Hurrikan "Fiona" richtet sich der Fokus im Atlantik jetzt auf "Ian". Gleichzeitig hat sich "Noru" im Pazifik explosionsartig innerhalb von 24 Stunden zum Supertaifun entwickelt, der die Philippinen trifft.
Über den Ex-Hurrikan "Fiona", der sich inzwischen in subpolaren Gefilden befindet und sich deutlich abgeschwächt hat, wurde bereits im Thema des Tages der Vortage berichtet. Nach seiner Umwandlung in ein außertropisches Tiefdruckgebiet traf "Fiona" nun auf die kanadische Ostküste, genauer gesagt die Provinz Nova Scotia. Dabei wurde unter anderem der bestehende kanadische Rekord für den tiefsten je gemessenen Luftdruck von 940,2 hPa aus dem Jahre 1977 quasi pulverisiert, nachdem gestern auf Hart Island ein Wert von 931,6 hPa registriert wurde. Entsprechend heftig fiel der Sturm dort nochmals aus. Die gemessenen Windgeschwindigkeiten bewegten sich dabei im Bereich von etwa 150 bis 160 km/h. Ein ziemlich verheerendes Schadensbild ist die Folge. Es gab nicht nur eine Vielzahl umgestürzter Bäume und großflächige Stromausfälle durch zerstörte Stromleitungen, an exponierten Küstenabschnitten wurden sogar ganze Häuserzeilen in den Ozean gerissen. Nun ist der Sturm "Fiona" mehr oder weniger Geschichte und zieht als gewöhnliches außertropisches Tief unter rascher Abschwächung weiter nordwärts in die Labradorsee Richtung Grönland. Zeit, den Blick wieder südwärts auf den Golf von Mexiko zu richten. Dort sind in diesem Jahr die Entstehungsbedingungen für Hurrikane aufgrund anormal hoher Wassertemperaturen überdurchschnittlich gut. Allerdings benötigt es auch günstige Strömungsverhältnisse in der Atmosphäre, damit sich so ein Hurrikan auch entwickeln kann. Nach langer Ruhephase ist diese Zeit jetzt offenbar gekommen. Mit Tropensturm "Ian" befindet sich ein solches System aktuell in der Entstehung. Die zuständigen Vorhersagemeteorologen betrachten diesen Sturm mit Sorge, denn er soll sich in den nächsten Tagen rasch zu einem ausgewachsenen Hurrikan entwickeln und anschließend auf die Küste Floridas treffen. Vorher soll "Ian" bereits als Hurrikan über die Cayman-Inseln und Westkuba ziehen; auch dort muss man wohl mit schweren Schäden rechnen. Erwartet wird das Eintreffen in Kuba für den Dienstag, Florida ist anschließend ab der Nacht zum Freitag betroffen. Dabei ist die genaue Zone des sogenannten "Landfalls" aber noch ziemlich unsicher, hier gilt es, die Prognosen genau im Auge zu behalten. Das nationale Hurrikan-Center des amerikanischen Wetterdienstes bittet aber bereits jetzt die Bevölkerung, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten. Folgt man den aktuellen Modellprognosen, wird sich "Ian" zu einem Hurrikan der Stufe 3 oder 4 entwickeln. Äquivalent zu einem Hurrikan der höchsten Stufe 5 ist dagegen der Supertaifun "Noru" östlich der Philippinen mit Windgeschwindigkeiten um 260 km/h (Böen sogar um 300 km/h). Dass "Noru" derart stark werden würde, war dabei vor circa 36 Stunden noch gar nicht klar. Eigentlich ging man von einem schwach bis mäßig entwickelten System aus, dass später auf die Philippinen treffen würde. Dort hätte es zwar immer noch Schäden angerichtet; der Sturm wäre aber etwas gewesen, was man in dieser Region handhaben könnte. Die Philippinen werden nämlich quasi jährlich von Taifunen getroffen. Ein Supertaifun ist dagegen ein anderes Kaliber, gegen das man mehr oder weniger machtlos ist. Sehr problematisch ist vor allem die jetzt nur sehr kurze Vorlauf- und Vorwarnzeit, um sich in Sicherheit zu bringen, da mit dieser explosionsartigen Entwicklung nicht gerechnet wurde. Diese Entwicklung ist tatsächlich ziemlich außergewöhnlich, in den letzten 30 Jahren konnte so eine rapide Entwicklung noch nicht beobachtet werden. Innerhalb von 24 Stunden fiel der Kerndruck des Sturms um 76 hPa. Offenbar traf der Sturm auf extrem günstige Entwicklungsbedingungen, die in den Modellen so nicht abgebildet werden konnten. Oftmals entscheiden ohnehin bereits kleine Details über die weitere Entwicklung tropischer Stürme, was sie auch heutzutage noch immer nur schwer berechenbar macht. "Noru" ist aktuell ein sehr gutes Beispiel dafür und man möchte hoffen, dass die Philippinen dieses Ereignis verhältnismäßig glimpflich überstehen.
M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst