Die Trockenheit und ihre Auswirkungen
Mit den im Wochenverlauf ansteigenden Temperaturen und dem zunehmenden Hochdruckeinfluss verschärfen die ausbleibenden Niederschläge die Trockenheit in Deutschland. Entsprechend blicken wir heute auf einige Auswirkungen.
Die Trockenheit setzt sich in dieser Woche weiter fort. Vor allem der Osten und Nordosten sowie Teile von Hessen und Franken sehnen sich zurzeit nach Regen, was bereits in einigen Themen des Tages in den letzten Wochen thematisiert wurde (siehe 30.04., 05.06., 10.06.2022). Aber auch in dieser Woche ist dort eine Linderung erst einmal nicht in Sicht. Heute ziehen zwar einige Schauer über die Nordhälfte Deutschlands hinweg, diese werden sich aber eher wie ein winziger "Tropfen auf den heißen Stein" anfühlen. Sie treten nur örtlich auf und bringen nicht annähernd ausreichende Niederschlagsmengen mit sich. Für den Rest der Woche bleibt es bei steigenden Temperaturen voraussichtlich komplett trocken, was die Verdunstung und somit auch die Trockenheit weiter verschärfen sollte.
Eine weitere Größe, die das Ausmaß der Trockenheit verdeutlicht, ist die bisher in diesem Jahr gefallene Niederschlagsmenge. Diese kann man beispielsweise mit der im Jahr 2018 bis zu diesem Tag gefallenen Niederschlagssumme vergleichen. So wurden bis zum 12. Juni in Sachsen im Jahr 2022 insgesamt 218 l/qm (vergl. 2018 mit 204 l/qm), in Thüringen 161 l/qm (2018 178 l/qm) und in Brandenburg 171 l/qm (2018 190 l/qm) gemessen. Was die Niederschlagsmengen angeht, befinden wir uns also schon auf ähnlichem Niveau wie im Dürresommer 2018.
Die Folgen der ausbleibenden Niederschläge sind vielseitig. Gerade die Natur benötigt während der Wachstumsphase ausreichende Feuchtigkeit. Landwirtinnen und Landwirte sind auf gute Ernten angewiesen. Aber auch die Pegelstände der Flüsse und Bäche sind davon betroffen. Insbesondere in den östlichen Bundesländern weisen Elbe und Oder bereits wieder Niedrigwasser auf. Aber auch der Rhein zeigt sich aktuell nicht in bester Verfassung. Der aktuelle Pegel bei Worms liegt mit 153 cm im Bereich der langjährig gemessenen Minima, die im Zeitraum 1980 bis 2010 ermittelt wurden (Quelle: www.hochwasserzentralen.de).
Dass Niedrigwasser auch Auswirkungen auf Unternehmen haben kann, die nicht im landwirtschaftlichen Sektor tätig sind, mussten wir beispielsweise im Jahr 2018 erfahren. Insbesondere Unternehmen, die zumindest teilweise von der Binnenschifffahrt abhängig sind, machte der niedrige Wasserstand zu schaffen. Am Rhein mussten vor allem ThyssenKrupp und BASF die Produktion teilweise erheblich drosseln. Denn gerade bei andauernder Hitze und gesunkenem Rheinpegel sind gesetzliche Vorschriften in Kraft, wonach lediglich eine begrenzte Menge an Kühlwasser aus dem Rhein entnommen werden darf.
Darüber hinaus kam es zur Begrenzung des Warentransports über den Rhein. Die anliefernden Frachter konnten aufgrund des Niedrigwassers nur noch einen Bruchteil der zur Produktion benötigten Rohstoffe transportieren, teilweise musste auf alternative Verkehrsträger ausgewichen werden. Dadurch stiegen auch die Transportkosten im gleichen Zeitraum massiv an, was sich wiederum in der Bilanz der jeweiligen Unternehmen niederschlug.
Aber nicht nur Firmen bekamen die Auswirkungen des Niedrigwassers zu spüren. Zwar will man aktuell wahrscheinlich nur ungern darüber nachdenken, aber auch die Benzinpreise zogen in dieser Zeit mächtig an. Von Aachen über das Rheinland bis nach Österreich sahen sich einzelne Tankstellen sogar gezwungen zu schließen, da ihnen schlichtweg der Nachschub an Sprit fehlte. Ganz so weit sind wir aktuell aber zum Glück noch nicht.
Die Waldbrandgefahr ist ein weiterer Faktor, der bei den heiß-trockenen Bedingungen einen bedeutenden Stellenwert besitzt. Der Deutsche Wetterdienst berechnet täglich den sogenannten Waldbrandgefahrenindex (kurz: WBI), der das meteorologische Potenzial für die Gefährdung durch Waldbrand beschreibt (siehe auch Thema des Tages vom 20.04.2022). Dieser wird im Laufe der Woche ansteigen und signalisiert bereits heute stellenweise eine hohe Gefährdung. Auch der Graslandfeuerindex (GLFI), der die Feuergefährdung von offenem, nicht abgeschattetem Gelände mit abgestorbener Wildgrasauflage ohne grünen Unterwuchs abschätzt, signalisiert im Wochenverlauf eine verbreitet hohe Gefahr.
Bleibt also nur zu hoffen, dass uns die Hitze und die trockenen Bedingungen nicht längere Zeit erhalten bleiben. Ein Wetterumschwung scheint sich zum kommenden Sonntag anzudeuten, der dann möglicherweise auch wieder mit Niederschlägen einhergeht.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst