Noch herrscht Hoch ZEUS, doch das Gewittertief FINJA nimmt Fahrt auf!
Am morgigen Montag erwarten wir in Deutschland das nächste Gewittertief! Doch ist FINJA mit dem kräftigen Tief EMMELINDE vom Freitag, welches uns mittlerweile 6 bestätigte Tornados (ESWD) brachte, vergleichbar? Wir begeben uns auf Spurensuche.
Am heutigen Sonntag weilt Hoch ZEUS über Norddeutschland und kann von dort über weite Teile Deutschland nahezu uneingeschränkt dominieren. Ein paar Schwachstellen hat ZEUS aber auch. So können vor allem im Nordosten Wolkenpakte mit kurzen Schauern in seinen Hoheitsbereich eindringen. Gleichermaßen drückt das Tief FINJA, derzeit noch über Südwestfrankreich gelegen, warme und feuchte Luft in den Alpenraum, sodass auch hierzulande ab dem Nachmittag am Alpenrand kurze Schauer und Gewitter möglich sind. Ansonsten sorgt Hoch ZEUS bei Temperaturen zwischen 16 Grad im Nordosten und 27 Grad am Oberrhein für viel Sonnenschein.
Zur neuen Woche verschieben sich die Machtverhältnisse beim Wetter signifikant. Hoch ZEUS schwächelt zusehends, verlagert seinen Schwerpunkt zum Baltikum und gibt so den mitteleuropäischen Raum frei. Diesen erobert rasch FINJA, indem es von Südwestfrankreich nordostwärts über Belgien und dem Emsland hinweg zur Nordsee zieht. Auf der Vorderseite hat FINJA auch wieder sehr warme Luft im Gepäck, während auf der Westflanke erwärmte Polarluft über Frankreich südwärts geführt wird. Die Luftmassengrenzen bilden dabei eine Warm-Kaltfrontkombi. Während die Warmfront von Tief FINJA schon am Montagmorgen von Südwesten auf Deutschland übergreift, drängt die Kaltfront erst ab dem Abend von Westen ins Land.
Bei dem Gewittertief FINJA steht aufgrund der zeitlichen Nähe ein Vergleich zum Unwettertief EMMELINDE im Raum. Wird zunächst die Zugbahn in den Fokus genommen, so sind die Ähnlichkeiten recht hoch. Das EMMELINDE zog von den Pyrenäen in den Süden der Niederlande, um dann nach Nordosten in die Ostsee abzudrehen. FINJA soll den Modellen nach ebenfalls vom Westrand der Pyrenäen über Belgien und das Grenzgebiet Deutschland/Niederlande hinweg führen, aber dann anstatt nach Osten in die Nordsee abdriften. Bei beiden Tiefs liegen oder lagen somit weite Teile des Landes auf der Ostflanke in der feuchtwarmen Luft.
Um nun aber mehr über die Gewitteraktivität und -intensität zu erfahren, müssen wir uns mit den schon häufiger im Thema des Tages beschriebenen Gewitterzutaten beschäftigen. Demnach benötigt es für die Entwicklung ausreichend Feuchte, eine labil geschichtete Atmosphäre und Hebung, das heißt, die Luft muss kräftig aufsteigen.
Als erste wichtige Zutat sollen dann auch gleich die Hebungsprozesse im Fokus stehen. In diesem Zusammenhang wollen wir uns mit einem Blick in das 500 hPa Niveau, also eine Höhe von etwa 5500 Meter Höhe begnügen. In Lage, Ausprägung und Verlagerung abweichende Höhenstrukturen sorgen schließlich dafür, dass die Hebungsimpulse von EMMELINDE und FINJA verschieden intensiv ausfallen. Während bei EMMELINDE viele Faktoren harmonisierten und interagierten, passt das Puzzle bei FINJA nicht so gut zusammen. Auch bei Betrachtung der Labilität in der Troposphäre kann FINJA nicht bei dem kräftigen Gewittertief EMMELINDE vom vergangenen Freitag mithalten. Allenfalls bei dem Feuchtegehalt der Atmosphäre und der verfügbaren, konvektiv potentiellen Energie sind vergleichbare Werte zu verzeichnen, die sich aber in der räumlichen Einordnung unterscheiden. Der Blick auf das Gewittergewürz Windscherung bringt ebenfalls größere Abweichungen. Vor allem die hochreichende Windscherung (0 bis 6 km) soll bei FINJA signifikant schwächer ausfallen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auch Tief FINJA das Potential für ein kräftiges Gewittertief hat. Allerdings kann FINJA bei nahezu allen Parametern nicht mit EMMELINDE vom vergangenen Freitag mithalten. Nach derzeitigem Stand besteht dennoch vor allem von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie dem Saarland über Bayern und Hessen hinweg bis nach Mitteldeutschland regional erhöhte Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, größeren Hagel und schwere Sturmböen.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst