Das Werk der EMMELINDE
Am gestrigen Freitag durfte sich das Gewittertief EMMELINDE über Deutschland austoben und brachte lokal teils verheerende Unwetter. Was ist passiert?
Bereits im Vorfeld wurde von den Meteorologen auf die unwetterträchtige Gewitterlage am gestrigen Freitag und in der Nacht zum Samstag hingewiesen. Gewittertief EMMELINDE zeigte in den Vorhersagekarten in den Gewitterparamatern deutliche Anzeichen für eine Schwergewitterlage, zumal es auch dynamisch durch ein in der Höhe ausgeprägten Kurzwellentrog Unterstützung bekommen sollte. So entwickelte sich EMMELINDE am Freitag über Frankreich, zog bis zum Abend über Benelux hinweg ins Emsland und in der Nacht über Vorpommern weiter zur polnischen Ostseeküste. Auf diesem Weg sorgte das Tief lokal für größeren Hagel, Orkanböen und heftigen Starkregen.
Beim Hagel gab es im Westen und Südwesten Deutschlands einige Meldungen von Korngrößen zwischen 2 und 5 cm (siehe linker Teil der Grafik unten bzw. unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/5/21_Bild.png.html) , vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Superzellen (starke und rotierende Gewitterzellen). Lokal dürften auch Korngrößen von etwas mehr als 5 cm dabei gewesen sein, wie einige der zahlreichen und hilfreichen Nutzermeldungen nahelegen, die uns via App erreichten. Bei solchen Korngrößen gibt es üblicherweise durchgeschlagene Auto- oder Fensterscheiben und leider nehmen auch Pflanzen Schaden. Für Andernach bei Koblenz (Rheinland-Pfalz) liegen zudem Berichte über größere Hagelansammlungen vor.
Bezüglich des Starkregens lässt sich feststellen, dass örtlich zwar größere Regenmengen in kurzer Zeit fielen (siehe mittlerer Teil der Grafik). Aufgrund der recht schnellen Verlagerung des Tiefs bzw. der Gewitter regneten sich die in den Wolken sehr großen Wassermassen diese Mal aber nicht über längere Zeit an einem Ort aus. Mit 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter schütte es Radarauswertungen zufolge innerhalb einer Stunde stellenweise aber dennoch genug, um für Überschwemmungen und vollgelaufene Keller zu sorgen. Medienberichte zufolge starb dadurch in Rheinland-Pfalz leider sogar ein Mann, als er beim Betreten seines vollgelaufenen Kellers einen Stromschlag erlitt, dadurch stürzte und mit dem Kopf aufschlug. Hier die Top 3 der gemessenen stärksten Niederschläge aus dem DWD-Stationsnetz:
1. Ratingen-Homberg (NRW): 33 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde um 16 Uhr MESZ 2. Eimen-Vorwohle (Niedersachsen): 31 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde um 19 Uhr MESZ 3. Edelsfeld (Bayern): 31 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde um 20 Uhr MESZ
Beim Wind liegen bei den ganz starken Böen nur wenige Meldungen mit orkanartigen Böen (Bft 11) vor. Hier die Top 3:
1. Oschatz (Sachsen): 113 km/h (Bft 11) um 23 Uhr MESZ 2. Brocken (Sachsen-Anhalt): 107 km/h (Bft 11) um 2 Uhr MESZ 3. Wunsiedel-Schönbrunn (Bayern): 106 km (Bft 11) um 20 Uhr MESZ
Liest sich dies bis hierhin als eher noch normale Schwergewitterlage, so hieven die aufgetretenen Tornados in den zahlreichen Superzellen das Maß über das Normale hinaus. Mindestens drei Tornados lassen sich am heutigen Samstagmorgen bereits bestätigen, alle traten in NRW auf. Davon betroffen waren die Städte Lippstadt (etwa gegen 16.35 Uhr MESZ) und Paderborn (etwa gegen 17.10 Uhr MESZ) in Ostwestfalen sowie Lütmarsen (etwa gegen 18 Uhr MESZ), einer kleinen, zur Stadt Höxter gehörenden Ortschaft im Weserbergland (siehe rechter Teil der Grafik). Die dabei aufgetretenen Windstärken müssen anhand der Schadensbilder zwar erst noch verifiziert werden, mehr als 118 km/h (Orkanböe, Bft 12) sind lokal aber wahrscheinlich. Bei den Tornados kam es nicht nur zu große Schäden, sondern auch zu zahlreichen Verletzten. Darüber hinaus gibt es einige weitere Tornado-Verdachtsfälle.
Und wie geht es weiter mit dem Wetter? Am heutigen Samstag kehrt erst einmal Ruhe ein, da Tief EMMELINDE bereits unsere Gefilde verlassen hat. So wirft das neue (göttliche?) Hoch ZEUS meist nicht mit Blitzen um sich, sondern regiert auch noch am morgigen Sonntag. Am Montag allerdings folgt das nächste Gewittertief namens FINJA, das aber vermutlich nicht mit ganz so starken Gewittern einhergeht wie am gestrigen Freitag.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst