Bisheriger MaiRegen sehr unterschiedlich verteilt
Für Vegetation und Landwirtschaft spielt der Frühlingsniederschlag eine wichtige Rolle. Nachdem es in den letzten Wochen dabei große regionale Unterschiede gab, lohnt es sich zu prüfen, ob sich dieser Trend fortsetzt.
Ein besonderes Charakteristikum des Frühlings 2022 sind die teils deutlich unterdurchschnittlichen bzw. regional sehr unterschiedlich verteilten Niederschlagsmengen. Beispielsweise wurde im Thema des Tages vom 30.04.2022 besonders auf den deutlich zu trockenen Norden und Osten des Landes hingewiesen. Außerdem machte der darin gegebene Ausblick auf die Niederschlagsentwicklung während der ersten Maidekade für diese Regionen auch nicht die größte Hoffnung auf einen feuchteren Witterungsabschnitt. Nun sind bereits die ersten 10 Tage des Mais 2022 fast vergangen, daher lohnt es sich zu analysieren, inwieweit die Prognose von Ende April auch der Realität entsprochen hat.
Neben der isolierten Analyse von Stationsdaten eignen sich zur flächigen Beurteilung der bisher im Monat gefallenen Niederschläge besonders gut die aus Radardaten abgeleiteten und angeeichten Niederschlagsmengen. Kleinräumige Unterschiede, die das Bodenmessnetz räumlich nicht auflösen kann, können dabei sehr gut erkannt werden. Besonders im Sommerhalbjahr mit lokal begrenzten Niederschlagsereignissen durch Schauer und Gewitter spielt dieses Verfahren seine Stärken aus. Der erste Blick auf die aktuelle Karte (Abbildung 1) verrät bereits, dass sich die regionalen Unterschiede des Aprils auch im Mai fortgesetzt haben. In fast allen Regionen der Nordhälfte sowie teils auch in Teilen der Mitte sind in den ersten Tagen des Mais kaum mehr als 10, vielerorts nicht einmal 5 l/m² Regen gefallen. Ursächlich dafür war der anhaltende Hochdruckeinfluss über Teilen Nord- und Mitteleuropas, der in den Prognosen von Ende April bereits gut absehbar war.
In den südlichen beiden Bundesländern stellte sich die Entwicklung des Niederschlags deutlich anders dar. Besonders ins Auge stechen auf der Karte die roten und violetten Regionen (Abbildung 1) in Oberschwaben sowie im südlichen Alpenvorland. Im Gegensatz zum Norden war dort eine deutlich feuchtere Luftmasse wetterwirksam, die in Kombination mit über die Alpen nach Norden ausgreifendem schwachem Tiefdruckeinfluss teils kräftige Schauer und Gewitter produzierte. Außerdem waren die Verlagerungstendenzen der Schauer durch die schwache Höhenströmung nur gering ausgeprägt, sodass durch länger anhaltende, teils schauerartig oder gewittrig verstärkte Regenfälle gebietsweise deutlich über 70 l/m² zusammengekommen sind. Auch diese Entwicklung war nicht besonders überraschend, denn die Modellsimulationen von Ende April gaben bereits deutliche Hinweise darauf.
Nun sagen aber die absolut gemessenen Niederschläge noch nicht unbedingt viel darüber aus, welche Auswirkungen die Regenmengen auf eine Region haben. Für diese Beurteilung ist die Analyse der Niederschlagsanomalien deutlich besser geeignet, da dabei die gefallenen Niederschläge in einen klimatologischen Kontext gesetzt werden. Auch dafür dienen die aus den Radardaten abgeleiteten Daten als Grundlage (Abbildung 2), nur werden diese nun durch die bis zum Analysetag mittlere langjährige Niederschlagsmenge dividiert. Damit bekommt man einen relativen Wert, wobei Werte unter 100 % ein Niederschlagsdefizit beschreiben. Wie erwartet, sind bei relativer Betrachtung die Niederschlagsmengen in der Nordwesthälfte sehr deutlich unterdurchschnittlich, wenn man von kleinräumigen Regionen mit Schauern und Gewittern absieht. Nach Süden zu nehmen die grünen Flächen (in etwa die im Mittel erwartbare Niederschlagsmenge) zu oder das Mittel wird sogar deutlich überschritten. Damit wurde die im Süden regional vorhandene Trockenheit gemildert, in den nördlichen Regionen dagegen hat sich diese meist verschärft.
Doch wie geht es nun in der zweiten Maidekade weiter? Immerhin befinden wir uns mitten in der Vegetationsperiode und der Wasserbedarf steigt deutlich an. Die Druckverhältnisse am Boden drehen sich nun um: Im Süden überwiegt in den kommenden Tagen der Hochdruckeinfluss, wohingegen sich der Norden am Rande des tiefen Luftdrucks mit Zentrum über Nordeuropa befindet. Dies ermöglicht nun den atlantischen Tiefausläufern auf das nördliche Mitteleuropa überzugreifen. Allerdings sind diese Ausläufer nicht besonders stark ausgeprägt, sodass die Niederschlagsmengen weitgehend eher gering ausfallen werden. Auch der Blick auf das Wochenende und den Beginn der kommenden Woche verspricht nicht viel Nass von oben, denn einiges deutet wieder auf eine hochdruckgeprägte, teils sehr warme Wetterlage hin. In Abbildung 3 sind die bis zum 19.05.2022 akkumulierten Niederschlagsmengen dargestellt (ECMWF). Darin zeigt sich, dass in weiten Teilen des Landes kaum mehr als 5 bis 10 l/m² erwartet werden, im äußersten Norden eventuell bis 20 l/m². Etwas nasser wird es wieder am Alpenrand, allerdings resultieren die dort erwarteten höheren Mengen aus schauerartigen, teils gewittrigen Niederschlägen von Freitag - sonst bleibt es auch dort häufig trocken. Der übereinstimmende Charakter sowie die Konsistenz der verschiedenen Modelle gibt auch kaum Veranlassung, an der grundlegenden Prognose zu zweifeln.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst