Mit Frostschutz gegen die nächtliche Kälte
Für die nun allmählich wieder sprießenden Pflanzen ist der Frühling immer eine herausfordernde Jahreszeit. Doch einige haben Mechanismen entwickelt, um sich gegen die schwierigen Witterungsverhältnisse zu behaupten.
Die vergangene Nacht (zum Sonntag) war bereits die achte in Folge mit fast bundesweitem Nachtfrost. Im Flachland reichten die Tiefstwerte meist von -1 bis -5 Grad, in mittleren Lagen bis etwa -7 Grad, in den wenigen schneebedeckten Berglandregionen sank die Temperatur während der Nächte häufig bis -10 Grad. Im Vergleich zu den meist recht milden Winterwochen ist dies schon eine bemerkenswerte Serie. Verantwortlich dafür ist die Kombination aus beständigem Hochdruckeinfluss und der Heranführung von kalter Festlandsluft, die schon mehrere Tage anhält. Dabei kann die Sonne die bodennahen Luftschichten während des Tages zwar in die mittleren und höheren einstelligen Werte erwärmen, in den Nächten gibt es aber immer noch eine kräftige Auskühlung mit entsprechender Frostgefahr.
Während sich eine solche Wetterlage für die Bevölkerung recht unspektakulär darstellt (maximal sehr vereinzelt geringer Schnee, stellenweise Glätte), muss sich die nun erwachende Flora dagegen erst einmal behaupten. In vielen Landesteilen sind die Frühblüher dieses Jahr schon sehr früh ausgetrieben und kämpfen sich nun langsam auch in den mittleren Lagen aus dem Boden hervor. Die klassischen Frühlingspioniere wie Schneeglöckchen und Krokusse reagieren dabei auf die zunehmende Bodentemperatur (als Folge der stärkeren Bestrahlung durch die Sonne), dabei ist selbst eine vorübergehende dünne Schneedecke kein größeres Problem. Doch wie schützen sich die jungen Pflanzen gegen die immer noch auftretenden Nachtfröste?
Im Gegensatz zu den klassischen Blüten des "Vollfrühlings" (z.B. Apfel), weisen Schneeglöckchen und Co. verschiedene frostschützende Mechanismen auf. Dabei muss verhindert werden, dass das Wasser in den Zellen gefriert und damit die Zellstruktur unwiederbringlich zerstört. Kommt es nun zu Temperaturen nahe oder unter dem Gefrierpunkt, muss die Pflanze ihren Stoffwechsel umstellen. Durch vermehrte Bildung von "Frostschutzmitteln" wie Glycerine, Traubenzucker oder Sorbit wird dabei der Gefrierpunkt der Zellflüssigkeit herabgesetzt (Gefrierpunktserniedrigung). Damit können die spitzen Eiskristalle nicht mehr bei 0 Grad entstehen, sondern erst bei deutlich tieferen Temperaturen. Diese Zusammenhänge hat sich übrigens der Mensch abgeschaut: Streusalz oder Sole wirken auf unseren Straßen ebenfalls durch Erniedrigung des Gefrierpunkts des Wassers, Glätte kann damit verhindert oder zumindest verzögert werden; Zucker würde ähnlich wirken, ist aber deutlich teurer und natürlich zu schade um als Streumittel eingesetzt zu werden.
Dabei noch ein Tipp für jene, die die Frühlingsblüher in voller Pracht genießen wollen: Sollte es kurz vor dem Sprießen der ersten Pflanzen nochmal schneien, bitte die Rasenfläche nicht mechanisch vom Schnee befreien. Das würde eventuell die beim Austrieb befindlichen, empfindlichen Blüten zerstören - also lieber etwas Geduld aufbringen. Das führt schon zur Prognose der nächsten Tage:
Das überwiegende Hochdruckwetter wird uns während der nächsten Tage weiter begleiten. Hoch MARTIN mit Schwerpunkt über Großbritannien und Irland lenkt dabei weiterhin kalte Festlandsluft nach Mitteleuropa. Schwache Tiefausläufer sorgen dabei vor allem in der Nordosthälfte zeitweise für dichtere Wolken, ab und zu sind auch ein paar Flocken dabei. Erst ab der Wochenmitte zieht sich der Schwerpunkt der Hochdruckgebiete nach Ost- und Nordosteuropa zurück. Gleichzeitig etabliert sich über Westeuropa eine Tiefdruckzone, die die Höhenströmung auf südwestliche Richtung drehen lässt. Damit wird die herangeführte Luftmasse während der zweiten Wochenhälfte von Westen her langsam etwas wärmer - ein schneller und massiver Temperatursprung darf aber nicht erwartet werden.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst