Hochnebelgrau aber nicht überall

Trübes Einheitsgrau dominiert seit einigen Tagen den Himmel in weiten Teilen Deutschlands. Es gab aber auch ein paar Licht- bzw. Sonnenblicke. Aber wo?

Beim momentanen Wetter fühlen sich viele sicherlich wie in einer Zeitschleife oder wie Phil Connors aus dem Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Beim Blick gen Himmel sieht man einfach nur grau, trübes einheitliches Grau...und manch einem schlägt das wahrscheinlich auch aufs Gemüt. Hin und wieder etwas Nieselregen bietet vielerorts gerade die einzige Abwechslung, denn viel mehr ist vom Wetter aktuell einfach nicht zu erwarten. Beim hoffnungsvollen Blick auf die DWD-Warnwetter-App kommt auch kaum Freude auf, denn wahrscheinlich werden für Ihren Ort für die kommenden Tage wieder nur graue Wolken angezeigt. Sollten Sie sich bisher nicht angesprochen fühlen, dann zählen Sie wohl zu den wenigen Bundesbürgern, die in den vergangenen Tagen die Sonne für längere Zeit gesehen haben beziehungsweise sie in den kommenden Tagen sehen werden. Weshalb das Wetter derzeit so trist ist, wo im diesjährigen November die sonnigsten Ecken Deutschlands waren und ob der November bisher wirklich ungewöhnlich trüb verlief, schauen wir uns im heutigen Thema des Tages an.

Der diesjährige November war meist von hohem Luftdruck geprägt. Anfang des Monats brachte zwar ein Tief dem Osten Deutschlands an einem Tag so viel oder mehr Regen als sonst im ganzen November. Die meiste Zeit führten aber Hochdruckgebiete Wetterregie. Auch wenn der Zeiger des Barometers aufs Sonnensymbol zeigt, beschert uns hoher Luftdruck im Winterhalbjahr oft nicht eitel Sonnenschein, sondern Nebel und Hochnebel, zumindest in den Niederungen. Dies liegt daran, dass in einem Hochdruckgebiet die Luft absinkt und sich dabei adiabatisch erwärmt und zwar um etwa 1 Kelvin pro 100 Meter. Gleichzeitig haben wir im Winter eine negative Strahlungsbilanz, was dazu führt, dass sich die Luft in der unteren Atmosphäre abkühlt. In der Höhe, in der die absinkende, warme Luft auf die kältere Luft trifft, entsteht eine sogenannte Inversion, d.h. eine (starke) Zunahme der Temperatur mit der Höhe. (Mehr zum Thema Inversionen können Sie im Thema des Tages vom 24. Oktober 2021 nachlesen.) Inversionen fungieren wie eine Art Deckel und verhindern einen vertikalen Austausch von Luftmassen. Unterhalb der Inversion bildet sich häufig eine Hochnebeldecke, während oberhalb der Inversion strahlender Sonnenschein und beste Fernsicht vorherrschen, da die Luft dort nicht nur warm, sondern auch sehr trocken ist.

Damit ist auch schon die Frage beantwortet, wo es im diesjährigen November bisher die meisten Sonnenstunden gegeben hat, nämlich in den höheren Lagen, oberhalb von 600 bis 900 m über Meeresniveau. So schien die Sonne auf dem Großen Arber 63 Stunden, gefolgt von Zwiesel mit 62 Stunden und dem Feldberg im Schwarzwald mit 59 Stunden. Auch das höher gelegene südliche Alpenvorland, grob gesprochen südlich von München, lag an einigen Tagen oberhalb der Inversion, sodass man dort immerhin 40 bis 55 Sonnenstunden genießen konnte. Die meisten Sonnenstunden verzeichnete aber die Wetterstation auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze: 81 Sonnenstunden, was immerhin durchschnittlich knapp 5 Stunden Sonnenschein pro Tag entspricht (astronomisch maximal mögliche Sonnenscheindauer etwa 9,5 Stunden). Von dort hatte man also einen guten Blick von oben auf das Nebelmeer. Diesen Anblick konnte man auch von den Kammlagen einiger Mittelgebirge bestaunen. Doch nicht nur die Berge lagen auf der Sonnenseite. Auch die Leelagen einiger Mittelgebirge bekamen hin und wieder einige Sonnenstunden ab. In den Regionen nördlich der Mittelgebirge Eifel, Harz, Erzgebirge, Schwarzwald und Schwäbische Alb gab es desöfteren Sonnenfenster, sodass dort die Sonne 40 bis 50 Stunden schien. Dies liegt daran, dass beim Überströmen der Bergkämme auf der stromabwärts gelegenen Seite die Luft absinkt und sich dadurch die Wolken auflösen.

Ganz anders sieht es in den Flussniederungen und generell im Flachland aus. Dort schien die Sonne in den ersten 17 Tagen des Monats meist nur 20 bis 30 Stunden. An der Nordsee und im Nordosten Deutschlands machte sich die Sonne sogar noch rarer. Angermünde in der Uckermark verzeichnete erst 9,6 Sonnenstunden und am Kap Arkona auf Rügen schien die Sonne 12 Stunden. Aber auch einige Flussniederungen in der Mitte und im Süden Deutschlands waren besonders benachteiligt, beispielsweise das oberfränkische Bamberg mit gerade einmal 13,9 Sonnenstunden und damit durchschnittlich weniger als eine Sonnenstunde pro Tag.

Bei Inversionslagen entscheiden übrigens oft nur wenige Kilometer Entfernung oder wenige Höhenmeter über Sonnenschein oder Nebelgrau. Besonders gut sah man das beispielsweise am 11. November. In den Tälern hielt sich ganztags Nebel und Hochnebel, sodass in Frankfurt am Main die Sonne keine einzige Minute zu sehen war, während man vom Feldberg im Taunus bei über 7 Stunden Sonne auf das Nebelmeer im Rhein-Main-Gebiet blicken konnte. Es geht aber noch kurioser: Der Münchner Flughafen steckte am selben Tag ganztags im Nebel, während die Station München-Stadt, nur 69 m höher gelegen, stolze 8 Sonnenstunden registrierte.

So trüb wie einem das aktuelle Wetter auch vorkommen mag, ungewöhnlich ist dies nicht - im Gegenteil! Im Deutschlandmittel liegen wir aktuell fast genau im Soll (55% der durchschnittlichen Sonnenscheindauer nach 17 Tagen). Deutlich unterdurchschnittliche Sonnenanteile gab es im Norden und Nordosten (20 bis 40%) sowie in einigen Flusstälern (z.B. an Main, Neckar, Werra, Oberrhein), begünstigt waren eindeutig die etwas höher gelegenen Regionen, wo teils schon über 80% des Solls erreicht wurden.

Wenn Sie wissen wollen, ob es bei Ihnen in den nächsten Tagen so grau weitergeht oder ob es doch mal wieder Chancen auf Sonnenschein gibt, dann sei Ihnen entweder unser deutschlandweiter Wetterbericht oder der Wetterbericht für die einzelnen Bundesländer nahegelegt, die mehrmals täglich von Wetterberatern des DWD verfasst und aktualisiert werden. Den Link hierzu finden Sie am Ende des Textes.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.11.2021

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