Frühlingshaftsonniges Hochdruckwetter mit kleinen Schönheitsfehlern
Aktuell scheint vielerorts die Sonne und es herrschen außergewöhnlich milde Temperaturen in weiten Teilen Deutschlands vor. Aber nicht jeder kommt in den Genuss des frühlingshaften Wetters.
Bereits in den vergangenen Tagen war an dieser Stelle in den Themen des Tages häufiger auf die teils außergewöhnlich milden Temperaturen hingewiesen worden. Zwar bleiben die Tageshöchstwerte etwas auf Abstand zum absoluten Monats- bzw. Dekadenrekorden (deutschlandweit führt hier Arnsberg in NRW mit 24,5 Grad, gemessen am 26.02.1900). Dennoch fühlen sich die vielerorts registrierten Temperaturen von 15 bis 20 Grad gerade nach den zuvor schneereichen und eisigen Tagen außergewöhnlich mild an. Dazu wärmt die bereits kräftig strahlende Sonne zusätzlich auf der Haut. So konnten am gestrigen Sonntag (21.02.2021) einzelne Stationen sogar die 20-Grad-Marke knacken. Spitzenreiter war die Station in Metzingen (Baden-Württemberg) mit 20,4 Grad Celsius. Vor allem in der Nordhälfte konnten an einigen Messstationen sogar die örtlichen Monatsrekorde aufgestellt werden. So registrierte beispielsweise auch die Station auf dem Fichtelberg in Sachsen mit 12,9 Grad einen neuen Monatsrekord. Der alte Februarrekord lag bei 12,8 Grad und wurde am 17.02.1961 gemessen.
Allerdings kam bisher nicht jeder in den Genuss des frühlingshaften Wetters. Schaut man auf das Satellitenbild vom gestrigen Sonntag, fällt direkt die untere Donau zwischen Regensburg und Passau ins Auge (siehe rote Flächen in der Grafik A zum Thema des Tages unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/2/22.html). Dort hielt sich teils ganztägig eine dichte Nebeldecke, die im Tagesverlauf zwar etwas vom Boden angehoben werden konnte, die Sonne schaffte es jedoch nicht, diese vollständig aufzulösen. Entsprechend wurden dort in einigen Regionen genau null Sonnenstunden verzeichnet. Dazu kamen die Temperaturen tagsüber nicht aus dem "Quark". Die Messstation in Regensburg verzeichnete ein Temperaturmaximum am Nachmittag von 4 Grad, was wohl recht gut zur aktuellen Jahreszeit passt.
Besonders beeindruckt aber die Nebel- bzw. Hochnebeldecke, die nahezu ganz Tschechien überdeckt. Nur vereinzelt konnte sich die Sonne dort durchsetzen, am ehesten noch in höheren Berglagen. Dies lässt sich auch anhand des Radiosondenaufstiegs von Prag am Nachmittag nachvollziehen (siehe Grafik B zum Thema des Tages). In dem abgebildeten Graphen stellt die durchgezogene, schwarze Linie die Temperaturkurve dar, die gestrichelte Linie steht für die Taupunkttemperatur (siehe DWD-Lexikon unter www.dwd.de/lexikon). Auf der horizontal ausgerichteten x-Achse ist die Temperatur in Grad Celsius, auf der vertikal orientierten y-Achse der Luftdruck in Hektopascal (hPa; kann als Höhenniveau interpretiert werden) aufgetragen. Der grau eingefärbte Balken zeigt dabei die vorhandene Bewölkung.
Wie man dabei unschwer erkennen kann, liegt die Bewölkung im Graphen nahezu auf dem Boden auf und erstreckt sich bis auf 919 hPa, was etwa einer Höhe von 900 m entspricht. Bis dahin nimmt die Temperatur vom Boden aus gesehen ab von +3 auf -2 Grad. An diesem Punkt jedoch ändert sich der Temperaturgradient, d.h. die Temperatur nimmt von dort aus mit der Höhe wieder zu, bis ein vorläufiges Maximum von 10 Grad in 890 hPa (circa 1200 Meter) erreicht ist. Diesen positiven Temperaturanstieg mit der Höhe bezeichnet man in der Meteorologie auch als Inversion. Diese stellt eine Sperrschicht dar, die die feuchte, wolkenreiche Luft nach oben hin begrenzt und am Aufsteigen hindert. Da die Inversion am gestrigen Sonntag in nahezu ganz Tschechien recht stark ausgeprägt war, konnte sich die Nebeldecke dort nicht auflösen.
In Tschechien gab es also am gestrigen Sonntag keine Sonne, über das Grenzgebirge hinweg im deutschen Sachsen hingegen herrschte meist strahlender Sonnenschein. Dies rief aber ein weiteres meteorologisches Phänomen auf den Plan: den Böhmischen Wind. Denn die bereits erwähnte Inversion impliziert auch, dass das Böhmische Becken mit einer mächtigen Kaltluftschicht angefüllt war. Dies lässt sich leicht anhand der gestrigen Tageshöchstwerte vergleichen (siehe erneut Grafik A). Während im tschechischen Liberec lediglich 2 Grad erreicht wurden, stieg das Thermometer im ostsächsischen Kubschütz auf 8 Grad an. Die Inversion in Tschechien sorgte gleichzeitig dafür, dass eine Durchmischung mit den darüber liegenden Luftschichten nicht stattfand. Beim Überstreichen des Böhmisch-Sächsischen Grenzgebirges brach die vergleichsweise schwerere Kaltluft als Fallwind in die angrenzenden Täler ein, die Windgeschwindigkeit nahm dabei durch die orographisch bedingte Führung und die Schwerebeschleunigung zu. Entsprechend konnten so auf sächsischer Seite starke bis vereinzelt stürmische Böen auftreten. Selbst in Görlitz konnte man den Böhmischen Wind noch spüren. In selteneren Fällen sind sogar schadensträchtige Orkanböen bei diesem Phänomen nicht ausgeschlossen.
Generell vom Böhmischen Wind betroffen sind in Sachsen vor allem die Täler mit Süd-Nord- bzw. Südost-Nordwest-Ausrichtung. Oberhalb der Inversionsschicht, auf den Gipfeln der Gebirge herrscht dagegen bestes Wetter mit Sonnenschein und milderen Temperaturen. Allerdings tritt dieses Phänomen nicht nur in Sachsen auf. In Ostbayern können besonders die Täler mit Ost-West-Ausrichtung ebenfalls vom Böhmischen Wind betroffen sein. Aber zurück zum allgemeinen Wettergeschehen in Deutschland: Auch in den kommenden Tagen wird es vor allem für die Bewohner im Donautal weiterhin viel Nebel und der Jahreszeit entsprechende Temperaturen geben. Sonst liegen die Höchstwerte wohl noch bis einschließlich Donnerstag auf frühlingshaft-mildem Niveau.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst