Der Kampf der Luftmassen
Mancherorts ist es zurzeit mal winterlich mit Schnee und eisigen Temperaturen, ein anderes Mal fast schon frühlingshaft warm. Vom Nordwesten bis in den Osten Deutschlands sorgt aktuell eine Luftmassengrenze für größere Temperaturunterschiede und einige Wetterkapriolen.
Seit vergangener Woche befindet sich Deutschland im Einflussbereich verschiedener Luftmassen. Einerseits floss von Norden und Nordosten her polare Meereskaltluft ein, die vor allem die nördlichen und östlichen Landesteile in ihrem eisigen Griff hielt und für einiges an Neuschnee in diesen Regionen sorgte. Zum anderen stieß von Südwesten her wiederholt atlantische Warmluft vor, wodurch es dem zuvor gefallenen Schnee im Anschluss dann mächtig an den Kragen ging.
In der polaren Kaltluft verblieb vor allem der teilweise recht verschneite Norden und Osten Deutschlands nicht nur tagsüber im Dauerfrost. In den Nächten zeigte das Thermometer bei vorübergehend wolkenarmen Verhältnissen über Schnee eisige Temperaturen an. So registrierte die Wetterstation Sohland an der Spree (Sachsen) in der Nacht zum vergangenen Montag, dem 01. Februar 2021, eine Tiefsttemperatur von -18 Grad Celsius. Die Station in Gardelegen in der Altmark (Sachsen-Anhalt) verzeichnete sogar -18,9 Grad.
Mit dem Vorstoß der milden Luft, die zuvor bereits die Schneehöhen im Südwesten drastisch reduzierte, ging es auch den Schneemassen von Niedersachsen bis nach Sachsen an den Kragen. Von den in den vergangenen Tagen noch gemessenen 10 bis 25 Zentimeter Neuschnee war am heutigen Donnerstagmorgen nichts mehr übrig. Bei Tageshöchstwerten am gestrigen Mittwoch von bis zu 12 Grad in Sachsen ist das aber auch kein Wunder.
Die kalte Meeresluft wurde gestern jedoch nicht vollständig ausgeräumt. Diese wurde nur nach Norden hin verdrängt und sorgte dort für weitere Wetterkapriolen. Nicht nur fielen im Norden bis zu 8 Zentimeter an Neuschnee (lokal wurden sogar 13 cm gemessen), entlang einer Linie von der Deutschen Bucht bis nach Vorpommern ging der Schnee im Grenzbereich zwischen polarer und gemäßigter Luft in Regen über, der auf die dort noch gefrorenen Böden fiel und teils gefährliches Glatteis verursachte.
Am heutigen Donnerstag legt das Wetter eine vorübergehende Verschnaufpause ein. Zwar liegt die bereits angesprochene Luftmassengrenze weiterhin über dem Nordosten und sorgt dort für Temperaturkontraste. Allerdings verliert sie allmählich ihre Wetterwirksamkeit und die Niederschläge lassen nach. Am Freitag greift dann eine weitere Luftmassengrenze von Südwesten her auf Deutschland über. Die von dem bei Gibraltar liegenden Tief "Tristan" ausgehende Warmfront bringt einen weiteren Schwall feucht-milder Luft in den Süden Deutschlands. Und mit ihr ziehen weitere Niederschläge auf.
Interessant wird es dann Wochenende: Denn die Luftmassengrenze legt sich erneut quer über Deutschland vom Nordwesten bis in den Osten. Nördlich davon erstreckt sich vom Nordmeer aus hoher Luftdruck bis ins östliche Mitteleuropa, der mit einer östlichen Strömung weiterhin sehr kalte Luft in den Norden lenkt. Damit stehen dort wieder Tageshöchstwerte im Dauerfrostbereich auf dem Programm. Als "Gegenspieler" zieht Tief "Tristan" von Spanien aus allmählich nordostwärts in Richtung Frankreich und weiter nach Benelux und führt sehr milde Luft in den Süden Deutschlands. Am Alpenrand kann das Thermometer am Samstag mit Föhnunterstützung sogar auf 15 bis nahe 20 Grad steigen.
Damit aber nicht genug: Die Niederschläge des Ausläufers von "Tristan" kommen weiter nach Norden voran und gehen auf der kalten Seite in Schnee über. Vor allem in einem breiten Streifen von Niedersachsen und dem Münsterland bis nach Brandenburg und Sachsen kann es kräftiger und teils unwetterartig schneien. Bis zum Montag können nach ersten Schätzungen gebietsweise 10 bis 25 Zentimeter Neuschnee zusammenkommen, stichweise sind auch Mengen von 30 bis 40 Zentimeter nicht ausgeschlossen. Zudem frischt der Ostwind von der Ostseeküste her auf und kann den frischen Neuschnee verwehen. Entsprechend sollte man in diesen Regionen die Schneeschaufel weiterhin parat halten und sich auf Behinderungen im Verkehr einstellen. Auch Leiterseilschwingungen könnten dann ein Thema werden.
Im Übergangsbereich zur Warmluft nach Süden zu kann es ebenfalls kritisch werden. Vom Westen über die Mitte bis in den Osten ist erneut gefrierender Regen (Glatteis mit Unwetterpotenzial) möglich. Dabei friert der fallende Regen womöglich auch über einen längeren Zeitraum am Boden und an Gegenständen fest. Dadurch wäre dann auch ein Eisansatz möglich, der mitunter zu Eisbruch führt.
Was die Niederschlagsschwerpunkte angeht, bestehen aktuell noch größere Unterschiede. Auch die maximalen Niederschlagsmengen werden von den Wettermodellen unterschiedlich hoch prognostiziert. Was diese aber schon verraten: Sowohl Schneefall als auch Glatteis können am Wochenende unwetterartige Ausmaße annehmen.
Bleiben Sie auf dem Laufenden: Die bevorstehende Wetterlage verfolgen Sie auf dwd.de oder über die WarnWetter-App. Entsprechende (Un-)Wetterwarnungen werden dort zu gegebener Zeit veröffentlicht.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst