Von cA bis mT: Die LuftmassenKlassen
Wenn Meteorologen die Wetterlage beschreiben, dann ist häufig die Rede von "Luftmassen". Was es damit auf sich hat und warum eine Erkennung und Klassifizierung für die Wettervorhersage wichtig ist, erfahren Sie im heutigen Tagesthema.
"Unter Tiefdruckeinfluss bleibt erwärmte subpolare Meeresluft wetterbestimmend" - wer kennt sie nicht, die Einleitung eines jeden klassischen Wetterberichtes. Was wie ein allgemeinverständlicher "Appetizer" für die nachfolgende, eher schlichte Wettervorhersage daherkommt, hat einen komplexen wissenschaftlichen Hintergrund. Gemeint ist die Erwähnung der vorherrschenden oder herangeführten Luftmasse, die für die Charakterisierung der Großwetterlage seit jeher unverzichtbar ist.
In der Meteorologie versteht man unter der "Luftmasse" eine größere Ansammlung von Luft, die durch eine einheitliche oder ähnliche Temperatur bzw. Temperaturschichtung und Feuchtigkeit charakterisiert ist. Den Übergangsbereich zweier verschiedener Luftmassen bezeichnet man als Luftmassengrenze oder - vor allem wenn sich diese im zeitlichen Verlauf verschiebt - auch als Front. Diese Fronten sind nicht selten von herausragender Bedeutung, da sich die markantesten Wettererscheinungen wie mächtige Regen-, Schnee- und Gewitterwolken gerne auf diese konzentrieren. Je nachdem, welche Luftmassen beteiligt sind und wie sie miteinander wechselwirken, kann das Wetter sehr unterschiedlich ausfallen. Deswegen ist es wichtig, Luftmassen zu erkennen und zu klassifizieren.
Die Klassifizierung der Luftmassen geht zurück auf Untersuchungen an der Universität Bergen (Norwegen) Anfang der 1920er Jahre. Federführend waren dabei Vilhelm Bjerknes und sein Sohn Jacob sowie Halvor Solberg und Tor Bergeron. Sie erkannten früh, dass sich die Temperatur- und Feuchtigkeitseigenschaften von Luftmassen über längere Zeit nur unwesentlich ändern, während sie über die Erdoberfläche strömen. Die Forscher unterschieden die Luftmassen nach ihrem Ursprungsgebiet und der Oberflächenbeschaffenheit der Region (Meer oder Festland). Aus diesen Überlegungen lassen sich zwei Hauptluftmassen ableiten: die Polarluft aus hohen Breiten und die Tropikluft aus niederen Breiten, die beide entweder maritimem (m) oder kontinentalem (k) Ursprungs sein können. Da diese einfache Klassifikation der Vielfältigkeit der Luftmassen aber nicht gerecht wurde, verfeinerte man sie in späteren Arbeiten. Nach Richard Scherhag z. B. unterscheidet man auf der warmen Seite zwischen äquatorialer (E), tropischer (T) und subtropischer (S) Luft, auf der kalten Seite zwischen subpolarer (P) und arktischer (A) Luft. Ergänzt werden diese Luftmassen noch durch eine Art "Zwitter", die Luft der mittleren Breiten (Sp).
Die um Tief- und Hochdruckgebiete herrschenden Luftströmungen transportieren die Luftmassen aus ihren Ursprungsgebiet theoretisch überall hin - auch nach Mitteleuropa. Wenn sie dabei einen weiten Weg zurücklegen, verändern sie nach und nach ihre Eigenschaften. Typisch ist zum Beispiel eine Erwärmung (s) der subpolaren Kaltluft auf ihrem Weg über warmes Meereswasser im Winter oder warme Erdoberflächen und starke Sonneneinstrahlung im Sommer. Ferner kann eine Luftmasse, wenn sie länger über einer Region ruht (man sagt im Fachjargon gerne auch "altert") oder in besonders weitem Bogen um Tiefs und Hochs herumgeführt wird und sich vielleicht sogar mit anderen Luftmassen unterschiedlicher Herkunft mischt, nicht mehr eindeutig maritimem oder kontinentalem Ursprunges zugeordnet werden (x).
Die Tabelle unter diesem Artikel auf https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/1/6.html zeigt im Wesentlichen alle Luftmassen, die das europäische Wetter beeinflussen. Der aufmerksame Leser erkennt in der ersten Spalte die Kombination kleiner und großer Buchstaben, deren Bedeutung in diesem Text erläutert wurden. Sie stellt die "Kennung" oder Abkürzung der Luftmasse dar. In der zweiten Spalte ist die vollständige Bezeichnung, in der dritten das Ursprungsgebiet und in der vierten die typischen Eigenschaften der jeweiligen Luftmassen für Sommer und Winter.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst