Milderung von Westen

Nach einer ersten frühwinterlichen Phase stellt sich nun die Wetterlage um und von Südwesten her kann zunehmend mildere Luft nach Deutschland vordringen. Wer dafür verantwortlich ist und wie mild es tatsächlich wird, wird im heutigen Thema des Tages behandelt.

Auf Tief ANDIRA folgt Tief BARBARA. Man könnte in die Versuchung kommen, in Anlehnung an das Lied "Veronika der Lenz ist da", "Barbara der Lenz ist da". Aber falsche Jahreszeit hierfür, befinden wir uns doch mitten im Frühwinter. Allerdings lassen die Temperaturen der kommenden Woche kaum noch winterliche Gefühle zu. Verantwortlich dafür sind die angesprochenen Tiefdruckgebiete, allen voran BARBARA. Wie der Grafik (unter: https://bit.ly/3miYR4Y) zu entnehmen ist, liegt BARBARA am Dienstag mit ihrem Kern nordwestlich der Britischen Inseln. Sie induziert bei uns in Deutschland an ihrer Vorderseite eine südliche bis südwestliche Strömung. Dadurch gelangt milde Atlantikluft in das Vorhersagegebiet. Diese verdrängt die feuchtkühle Luft, die sich etwa seit zwei Wochen in weiten Teilen des Landes halten konnte und einen ersten frühwinterlichen Eindruck hinterlassen hat.

Die einfließenden milden Luftmassen sind in der Grafik auf der rechten Seite dargestellt. Das gezeigte Niveau von 850 Hectopascal (hPa) entspricht in etwa 1500 m Höhe. Dieses Höhenniveau verwenden wir Meteorologen gerne um thermische Eigenschaften einer Luftmasse zu charakterisieren. Denn durch die Entkopplung von der planetaren Grenzschicht (Erklärung unter: https://bit.ly/3oKi3dd) macht sich der Tagesgang der Temperatur nicht mehr so stark bemerkbar. Vergleicht man nun die Temperatur vom heutigen Samstag, den 12.12.2020, mit der Temperatur am Dienstag, den 15.12.2020, so lässt sich über Deutschland unschwer eine deutliche Milderung erkennen. Der Anstieg beträgt etwa 8 Grad, von -4 bis 0 Grad auf 4 bis 9 Grad. Dies spiegelt sich auch in den Höchstwerten wider, denn heute liegen sie zwischen 5 und 9 Grad in der Westhälfte und 0 bis 5 Grad in der Osthälfte. Am Dienstag hingegen werden 8 bis 12 Grad im Westen und 6 bis 9 Grad im Osten erreicht.

Jetzt fragen Sie sich sicherlich, warum es denn im Osten am Dienstag kühler bleibt als im Westen, obwohl doch die Temperatur in 850 hPa dort höher ist? Das hat mit der Durchmischung zu tun, also damit, wie effektiv ein Austausch der unterschiedlichen Luftschichten stattfinden kann. Das kann vor allen Dingen der Wind leisten. Und genau das ist am Dienstag der springende Punkt. Die Nordwesthälfte liegt unter leichtem Tiefdruckeinfluss und Tiefausläufer können die Luftmasse zusammen mit etwas Wind durchmischen. In der Südosthälfte ist dagegen eher schwacher Hochdruckeinfluss wirksam und bei geringen Luftdruckgegensätze herrscht kaum Wind. Besonders deutlich wird dies wohl an der Donau, wo sich in einer bodennahen zähen Kaltluftschicht Nebel- und Hochnebelfelder halten können, sodass die Temperatur hier tagsüber nur knapp über dem Gefrierpunkt liegt.

Die Vorweihnachtswoche stellt also die Weichen eher auf einen milden Witterungsabschnitt. In den ersten Prognosen für Weihnachten ist jedoch noch eine große Spanne für die Temperaturen vorhanden, sodass die Hoffnung auf ein weißes Fest noch nicht begraben werden muss.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.12.2020

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