Die Entwicklung von Tief DORIS
Mit DORIS entwickelt sich aktuell auf dem Atlantik das nächste Tiefdruckgebiet, welches, eingebettet in eine lebhafte westliche Strömung, auf Mitteleuropa übergreift. Ein bedeutsamer Aspekt der Entwicklung von DORIS wird im heutigen Thema des Tages beleuchtet.
Seit geraumer Zeit wird unsere Wetter wieder - ganz klassisch möchte man sagen - auf dem Atlantik gemacht. Mit einer zumeist lebhaften westlichen Strömung werden immer wieder Tiefdruckgebiete nach Europa und auch nach Deutschland gesteuert. Eines davon, nämlich Tief BRIGITTE, war uns hier schon vor drei Tagen einen genaueren Blick wert (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/10/4.html).
Aktuell hat das Warten auf Tief DORIS begonnen. Sie soll sich am heutigen Mittwoch um 14 Uhr MESZ auf dem Atlantik südwestlich von Irland befinden (siehe beigefügte Grafik, Link: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/10/7.html). Während BRIGITTE ihren wohlverdienten Ruhestand vor der Südküste Norwegens verbringt, zeigt sich DORIS jung-dynamisch und voller Tatendrang. Das liegt auch daran, dass ihre Position für eine weitere Intensivierung günstig ist.
In diesem Zusammenhang spielt auch ein Starkwindfeld in der hohen Troposphäre in etwa 9 Kilometern Höhe eine Rolle. Dieses Starkwindfeld, auch Jet genannt, zieht sich vom Nordatlantik über England hinweg bis nach Norditalien und ist in der Grafik flächig dargestellt. Den Bereich des Jets, in dem die Luftpartikel beschleunigt werden und der sich aktuell über dem Atlantik befindet, nennt man dabei Jeteingang, und den Bereich, in dem die Windgeschwindigkeit wieder abnimmt, Jetausgang (aktuell über Italien).
Die Zirkulation im Ein- und Ausgangsbereich des Jets zeigt dabei eine ganz typische Charakteristik. Während auf der rechten Seite des Jeteingangs durch eine Querbeschleunigung gewissenmaßen ein "Unterdruck" (eine sogenannte Divergenz) erzeugt wird, verhält es sich auf der linken Seite des Jeteingangs genau umgekehrt - dort entsteht ein "Überdruck" (eine Konvergenz; weitere Details finden Sie im Thema des Tages vom 30.09.2020, https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/9/30.html). Im Bereich des Jetausgangs sind die Verhältnisse dagegen genau seitenverkehrt. Dort steht einer Divergenz am linken Jetausgang eine Konvergenz am rechten gegenüber.
Die Höhenströmung ist dabei nicht von den Druck- und Strömungsverhältnissen am Boden abgekoppelt. Im Gegenteil. Da die Atmosphäre versucht, Druckunterschiede auszugleichen, steigt im Bereich der Divergenzen Luft auf, was für sinkenden Luftdruck sorgt. Umgekehrt steigt der Luftdruck im Bereich einer konvergenten Höhenströmung.
Im Fall von DORIS bedeutet dies, dass über ihr eine divergente Strömung herrscht und damit der Druck fällt. Mit anderen Worten: DORIS wird sich, wie oben schon angedeutet, intensivieren. Ihr Kerndruck, der am heutigen Mittwoch (07.10.2020, 14 MESZ) etwa 1006 hPa beträgt, soll bis morgen Mittag um etwa sieben hPa auf dann 999 hPa fallen. Dabei zieht DORIS über England hinweg zur südlichen Nordsee.
Die Warmfront von DORIS wird schon in der kommenden Nacht den Westen mit erstem Regen erreichen. Bis zum Donnerstagabend breiten sich die Regenfälle bis in den Nordosten aus. Dann steht auch die zugehörige Kaltfront an der Nordseeküste parat, um in der Nacht zum Freitag mit weiterem Regen über den Norden hinweg in die Mitte zu ziehen. Die Regenfälle erreichen dann ausgangs der Nacht etwa die Mainlinie.
Und neben Regen hat DORIS auch noch Wind im Gepäck. An den Küsten und auf den Bergen (Ausnahme: der Südosten) wird es dann wieder stürmisch werden.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst