Wenn das Alphabet ausgeht...

Die diesjährige Hurrikansaison zählt zu den aktivsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Da kann einem bei der Benennung der Stürme schon mal das Alphabet ausgehen.

Sie sind nicht mehr aus den Wetterkarten wegzudenken: Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete. Die Idee dazu, Druckgebilde, die einen Einfluss auf unser Wettergeschehen in Deutschland haben, zu benennen, hatte 1954 Karla Wege, damalige Studentin des Instituts für Meteorologie der Freien Universität (FU) Berlin.

Vorreiter diesbezüglich waren allerdings die USA. Der US-Wetterdienst begann bereits im Zweiten Weltkrieg damit, Taifune, also tropische Wirbelstürme über dem Pazifik, mit Vornamen zu versehen. Der Grund hierfür war recht simpel: Man konnte dadurch deutlich leichter den Überblick über das aktuelle Wettergeschehen behalten. Dies machte sich vor allem dann bezahlt, wenn nicht nur ein, sondern gleich mehrere Taifune unterwegs waren. Diese Vorgehensweise war so erfolgreich, dass man sich entschied, in Zukunft auch Hurrikane (tropische Wirbelstürme über dem Atlantik mit Mittelwinden über 118 km/h) zu benennen.

Nach einigen Weiterentwicklungen dieses Benennungsprozesses werden seit 1979 alle tropischen Stürme über dem Nord- und Zentralatlantik (Mittelwinde über 60 km/h) mit männlichen und weiblichen Vornamen versehen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo man bei der FU Berlin ein Hoch oder Tief gegen Bezahlung taufen lassen kann, sind die Namen der Tropenstürme durch die WMO (Weltorganisation für Meteorologie) vorgegeben. Sie entwickelte sechs Namenslisten, wobei pro Kalenderjahr eine Liste genutzt wird. 1979 startete man mit Liste 1, 1980 wurde Liste 2 genutzt und 1984 schließlich Liste 6. Darauf wiederholt sich dieser Listendurchlauf, d.h. 1985 kam wieder Liste 1 zum Einsatz. In diesem Jahr wird auf Liste 6 zurückgegriffen.

Jede Liste beinhaltet dabei 21 Namen, beginnend mit allen Buchstaben des Alphabets außer Q, U, X, Y und Z (mit diesen Anfangsbuchstaben gibt es kaum Namen bei den "Amis"). Der erste Tropensturm dieses Jahr hieß somit Arthur (aktiv vom 16. bis 19.05.) und der letzte dieser Liste Wilfred, der seit letztem Freitag über dem offenen Atlantik unterwegs ist. Bisher gab es in diesem Jahr 23 Tropenstürme, darunter 8 Hurrikane.

Äh, 23 Stürme bei 21 Namen? Ja! Für diesen ungewöhnlichen Fall, der bis dato nur 2005 vorkam (damals 28 Tropenstürme), hat die WMO vorgesorgt und bringt schlicht und ergreifend das griechische Alphabet ins Spiel. Das bedeutet, der nächste Tropensturm nach Wilfred wurde Alpha getauft, also wie der erste Buchstabe des griechischen Alphabets. Auch Beta wurde bereits vergeben und bezeichnet nun einen Tropensturm, der derzeit seine Kreise über dem Golf von Mexiko zieht. Da die atlantische Hurrikansaison allerdings offiziell von Juni bis November dauert (wobei rund 95 % der Stürme im Mittel zwischen Mitte August und Ende Oktober auftreten), ist es mehr als wahrscheinlich, dass das Griechische Alphabet noch weiter ausgeschöpft werden muss. Die nächsten Namen wären demnach Gamma, Delta und Epsilon.

Änderungen an den Namenslisten gibt es übrigens nur, wenn ein besonders schadensträchtiger Sturm gewütet hat. Dann wird dieser Name durch die WMO gestrichen und neu besetzt. So erging es beispielsweise 2005 Katrina.

Eine Übersicht über die Namenslisten finden Sie beispielsweise auf den Seiten des Nationalen Hurrikan Zentrums (https://bit.ly/33JbnmT). Der Autor blickt auf jeden Fall schon gespannt auf 2022. Dann könnte Tropensturm Tobias über dem Atlantik wirbeln. Hoffentlich muss der Name daraufhin nicht gestrichen werden...

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.09.2020

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