Warmfrontwelle
Das heutige Thema des Tages erklärt den Begriff der Warmfrontwelle und skizziert die entsprechende Entwicklung des gestrigen Tages.
Am gestrigen Mittwoch konnte man über Norddeutschland eine synoptische Entwicklung beobachten, die Meteorologen immer mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Die Warmfront eines vom östlichen Atlantik über England hinweg ziehenden Tiefs bildete eine Welle, die dann insbesondere die Mitte Deutschlands beeinflusste.
Eine solche Entwicklung wird als Warmfrontwelle bezeichnet. Dies bedeutet, dass sich im Bereich einer Warmfront ein kleines Tief bildet. Im Bereich dieses kleinräumigen Tiefs, das oftmals nur eine flache Druckverteilung - also nur geringe Luftdruckgegensätze - aufweist, bildet sich in der Folge eine eigenständige Zirkulation aus. Somit bewegt sich die Warmfront auf der Vorderseite des Wellentiefs (in unseren Breiten auf der Ostseite) weitgehend unverändert weiter. Auf der Rückseite des Wellentiefs wird die Verlagerung der Front hingegen gebremst. Unter Umständen kann sich die Verlagerungsrichtung sogar umkehren, so dass die Warmfront rückläufig wird. Konsequenterweise wird eine solche, sich rückwärts verlagernde Warmfront, dann in den Analysekarten des DWD als Kaltfront geführt.
In der beigefügten Abbildung (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/7/9.html) ist die DWD-Bodenanalyse von gestern Morgen um 8 Uhr MESZ dargestellt. Man kann erkennen, dass sich die Front zu diesem Zeitpunkt über Irland und England hinweg bis zum europäischen Festland erstreckt. An dieser Front hat der zuständige Kollege sogar zwei kleine Tiefs ausgemacht, eines nördlich der Themsemündung und das zweite an der Grenze zwischen England und Wales (an dieser Stelle kann man durchaus darüber diskutieren, ob das Tief an der englisch-walisischen Grenze das "Haupttief" und nur das Tief nördlich der Themsemündung ein Wellentief ist - das aber nur am Rande). Fakt ist allerdings, dass die Front jeweils östlich der kleinen Tiefs als Warmfront geführt wird. Dies ist an den roten Halbkreisen erkennbar. Westlich der Tiefs handelt es sich dagegen um eine Kaltfront (blaue Dreiecke). Die Ausrichtung der Halbkreise und Dreiecke gibt dabei die Verlagerungsrichtung der Front an.
Von erhöhtem Interesse sind solche Wellen (die durchaus auch an Kaltfronten auftreten können, siehe https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/10/1.html) deswegen, weil sich an ihnen mitunter kräftige Niederschläge entwickeln. In der Grafik finden Sie deshalb auch die 12-stündigen Niederschlagssummen an drei ausgewählten Stationen bis abends um 8 Uhr MESZ. Ehrlicherweise muss man aber konstatieren, dass die gestrige Welle mit Mengen meist zwischen 5 und 10 l/qm bezüglich des Regens alles andere als herausragend war.
Diese Einschätzung gilt übrigens auch für Deutschland, wo sich das Wetter vor allem in einem Streifen von der Eifel und dem Niederrhein im Westen bis nach Oberfranken und zum Erzgebirge im Osten nass präsentierte. Um 5 l/qm in 12 Stunden war dabei die gängige Hausnummer, in Staulagen wurden vereinzelt recht niedrige zweistellige Werte gemessen.
Aber die Atmosphäre nimmt bezüglich des Regens einen zweiten Anlauf - und sie versucht es wieder mit einer Warmfrontwelle. Diesmal bildet das kleinräumige Tief XOCHIL an der Warmfront des Ex-Tropensturms EDOUARD das Wellentief. Beide ziehen heute rasch über den Norden Deutschlands hinweg nach Osten. Die Vorhersagemodelle sind sich dabei einig, dass nördlich der Mittelgebirgsschwelle gebietsweise um 20 l/qm zusammenkommen.
Das entspricht dann schon eher den Ansprüchen an eine zünftige Warmfrontwelle.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst