Wettersatelliten

Wie große Augen aus dem Weltall schauen sie auf die Erde herab und liefern uns weltumspannende Messdaten. Wettersatelliten sind aus der modernen Wettervorhersage kaum mehr weg zu denken.

Vor über 50 Jahren hatten es die Meteorologen mit der Erstellung ihrer Wetterprognosen wirklich nicht leicht. Für jede Vorhersage mussten die dafür nötigen physikalischen Felder wie Luftdruck, Temperatur und Feuchte mühselig aus spärlich vorhandenen Beobachtungsdaten interpoliert werden. Diese Daten stammten meist von ungleichmäßig verteilten Wetterstationen an Land. Informationen aus höheren Schichten der Atmosphäre bekam man nur von einigen wenigen Messungen, die mittels Wetterballons gemacht wurden. Über den Meeren, die immerhin 71 % unserer Erdoberfläche bedecken, erhielt man abgesehen von ein paar sporadischen Schiffsmeldungen so gut wie überhaupt keine Daten. Heutzutage haben es die Meteorologen bei ihren Vorhersagen schon deutlich leichter. Numerische Wettermodelle, die auf Supercomputern gerechnet werden, lösen die physikalischen Gleichungen und berechnen unser Wetter für mehrere Tage in die Zukunft. Sie bilden somit die Basis der modernen Wettervorhersage. Für diese Berechnungen ist es allerdings unerlässlich, den dreidimensionalen Anfangszustand der Atmosphäre so genau wie möglich zu erfassen. Da man aber heute über den Meeren ebenfalls nur einige Messungen von Bojen, Bohrplattformen und Schiffen sowie auch nur vergleichsweise wenige Daten von Wetterbalons und Flugzeugen aus der freien Atmosphäre zur Verfügung hat, sind Wettersatelliten aus der modernen Wettervorhersage nicht mehr weg zu denken. Wie große Augen aus dem Weltall schauen sie auf die Erde herab und liefern uns weltumspannende Messdaten. Etwa 80 % aller Messdaten, die in Wettermodelle eingehen, stammen von Satelliten. In den letzten 10 Jahren hat sich diese Datenmenge nahezu verdoppelt. So fallen die aktuellen Ausfälle der Messdaten von Flugzeugen durch die Corona-Krise dank Wettersatelliten nicht so stark ins Gewicht.

Die Geschichte der Satellitenmeteorologie begann am 1. April 1960 mit dem amerikanischen Satelliten TIROS 1. Er war der erste Satellit, der ausgerüstet mit einer Kamera Bilder von Wolkenfeldern aus dem All zur Erde sendete. Heute umspannt ein ganzes Netz von Wettersatelliten den Erdorbit.

Man unterscheidet zwischen geostationären und polarumlaufenden Wettersatelliten. Die geostationären Satelliten, wie zum Beispiel der europäische METEOSAT-10, befinden sich in einer Höhe von 35786 km über dem Äquator. Von der Erde aus betrachtet steht er immer an einem festen Punkt, da seine Umlaufzeit der Rotationsdauer der Erde entspricht. Die geostationären Satelliten liefern alle 5 Minuten ein Bild mit einer Auflösung von etwa 1 km. Die Auflösung nimmt jedoch an den Bildrändern und in Richtung der Pole ab. Die polarumlaufenden Satelliten wie zum Beispiel die europäischen MetOp-Satelliten oder die amerikanischen NOAA-Satelliten liefern auch genaue Daten von den Polen. Diese tasten die Erde beim Flug von Pol zu Pol in einer Höhe von etwa 800 km ab. Jedoch benötigen sie für einen Umlauf 101 Minuten. Die Erdoberfläche wird dabei in 12 Stunden einmal komplett abgetastet. Wettersatelliten messen die von der Erde reflektierte oder ausgesendete Strahlung mit abbildenden Radiospektrometern. Doch wird nicht nur Strahlung im sichtbaren Bereich des Spektrums (reflektiertes Sonnenlicht) gemessen, sondern auch die unsichtbare Infrarotstrahlung. Da die Erde auch nachts Wärmestrahlung im Infrarotbereich aussendet, kann man somit auch nachts Satellitenbilder empfangen. Kombiniert man mehrere Messbereiche des Spektrums sowohl im infraroten wie auch im sichtbaren Bereich, so kann man daraus verschiedene physikalische Eigenschaften der Atmosphäre ableiten. Zum Beispiel erhält man für jeden Bildpunkt Informationen über die Verteilung des Wasserdampfs, physikalische Eigenschaften von Wolken und sogar Vertikalprofile der Temperatur. Des Weiteren erfassen sie zum Beispiel mit einem Radarsystem die Struktur der Meeresoberfläche um daraus Windrichtung und -geschwindigkeit zu ermitteln. Der Satellit CALIPSO sendet einen Laserstrahl in die Atmosphäre und sammelt aus der Rückstreuung an Staub, Molekülen und Wolken Daten zur Erforschung der Einflüsse von Wolken und Staubpartikeln auf das Wetter. Damit liefern Wettersatelliten nicht nur Daten für die Eingabefelder für Wettermodelle, sondern auch wertvolle Informationen zur Analyse der aktuellen Wetterlage und aktuelle Daten für die Atmosphärenforschung.

Zukünftige Wettersatelliten wie die der Meteosat Third Generation (MTG), die die zweite Generation ablösen sollen, werden mit neuen Instrumenten Daten in höherer Qualität sammeln. Neben einer deutlich höheren Auflösung wird es dann zum Beispiel auch möglich sein, Blitze direkt aus dem All zu detektieren und besser aufgelöste Vertikalprofile von Temperatur und Feuchte zu bekommen.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.05.2020

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