Tiefdruckrinne
Beim heutigen Eisheiligen-Wetterwechsel ist auch eine Tiefdruckrinne, die sich von Finnland über Süddeutschland bis nach Bayern erstreckt, mit von der Partie. Ihre Rolle wird heute im Thema des Tages genauer beleuchtet.
Mit dem heutigen Montag (11.05.2020) übernehmen die Eisheiligen bezüglich des Wetters die Regie in Deutschland. Der entsprechende Wetterwechsel hin zu deutlich niedrigeren Temperaturen ist ja schon länger angekündigt worden.
In der großräumigen Konstellation des Luftdrucks zeigt sich dabei über dem Nordatlantik ein großräumiges Hoch Namens QUIRINIUS, dem über Finnland und dem Baltikum eine mehrkernige Tiefdruckzone gegenübersteht. Die markantesten Zentren dieser Tiefdruckzone sind BRITTA, heute Mittag im Bereich der norwegisch-russischen Grenze gelegen, und AKI II, südwestlich des Weißen Meeres zu finden. Zwischen den genannten Druckzentren wird von den Eisheiligen - nomen est omen - Luft polaren Ursprungs nach Deutschland geführt.
Bezüglich AKI muss erwähnt werden, dass es natürlich so ist, dass, wer "zwei" sagt, auch "eins" gesagt haben muss. Entsprechend gibt es auch ein Tief AKI I, und dieses wird heute Mittag über dem Süden Bayerns erwartet. Dabei sind die beiden "AKIs" durch eine Tiefdruckrinne verbunden, die sich in einem weiten Bogen über das Baltikum und das östliche Mitteleuropa bis ins besagte Südbayern zieht. Dort ist aber nicht Schluss, sondern die Rinne lässt sich weiter über Frankreich hinweg bis vor die Küste Portugals verfolgen (Tief DOREEN).
Tiefdruckrinnen fungieren oftmals als Luftmassengrenzen bzw. Frontalzonen. Das heißt nichts anderes, als dass auf den beiden Seiten einer Tiefdruckrinne meistens Luftmassen mit unterschiedlichem Charakter zu finden sind (z.B. feucht und trocken oder warm und kalt). Schaut man sich aber die heutige Entwicklung im Detail an, so zeigt sich der Wetterablauf doch etwas untypisch. Das liegt daran, dass die von Norden hereinschwenkende Front nicht in der Tiefdruckrinne zu finden ist, sondern etwas nördlicher liegt.
Und diese Lage hat durchaus ihre Berechtigung. Das zeigt ein Blick auf die Bodenanalysekarte von heute Morgen, 6 Uhr UTC (8 Uhr MESZ, https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/5/11.html). Dort kann man an den aktuellen Temperaturwerten (Zahlen) erkennen, dass die Front (rot-blaue Linie, von Nordbaden über Oberfranken bis zur Neiße ausgerichtet) kühle Luft über dem Norden und der Mitte Deutschlands von deutlich wärmerer Luft über dem Süden Deutschlands, aber auch über Österreich und Tschechien, trennt. Die Rinne verläuft dagegen weiter südlich, etwa vom französischen Zentralmassiv kommend über den Genfer See, den Bodensee und das Passauer Land weiter nach Nordosten. Dort ist auch der regional tiefste Druck zu finden (schwarzes "T" recht genau über dem Bodensee).
Für das heutige Wetter ist aber noch ein weiterer Charakter der Tiefdruckrinne von Bedeutung. Da die Atmosphäre bemüht ist, Druckunterschiede auszugleichen, strömt die Luft von beiden Seiten in die Tiefdruckrinne hinein. Eine solche Konstellation nennt man "konvergent". In der Bodenanalysekarte ist entsprechend auch eine "Konvergenzlinie" (orange) eingezeichnet, die, leicht mäandrierend, den Bereich der stärksten Konvergenz andeutet. Da die zusammenströmende Luft zum Aufsteigen gezwungen wird, kommt es in der Tiefdruckrinne zu Hebungsprozessen.
Letzteres wäre nicht weiter problematisch, wenn die Luftmasse in der Tiefdruckrinne kühl und trocken wäre. So ist es aber nicht. Vielmehr handelt es sich um warme und feuchte Luft, in der es, insbesondere durch die angedeutete konvergente Bodenströmung, zu Schauern und lokal auch zu kräftigen Gewittern kommen kann.
Somit ist das Wetter dort zwar noch nicht nass-kalt, aber trotzdem - zumindest lokal -ungemütlich.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst