Frühling versus Spätwinter
Aktuell ringt der Frühling mit dem Spätwinter. Die Vegetation ist mittlerweile schon weit fortgeschritten, in den Nächten stellt sich jedoch verbreitet Frost ein. Wie geht es in den kommenden Tagen weiter?
Was war das für ein Winter? Mit einer positiven Temperaturabweichung von 3,9 Grad über der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990 ging der vergangenen Winter als zweitwärmster seit Aufzeichnungsbeginn in die Geschichtsbücher ein. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin war der diesjährige Winter sogar der wärmste seit Messbeginn. Dabei sorgte eine unentwegt einströmende, milde Meeresluft nur selten für winterliche Stimmung.
Mit dem astronomischen Frühlingsanfang am vergangenen Freitag hätte man doch den enttäuschenden Winter einfach hinter sich lassen können. Es war bereits von Frühjahrsputz die Rede und man überlegte, ob die im Winter nur selten getragene Winterjacke bereits wieder im Keller verschwinden sollte.
Dass sich die Wetterlage nun seit einigen Tagen umgestellt hat, merkt man gleich beim Blick aus dem Fenster. Statt grau und wolkenverhangen zeigt sich der Himmel meist wolkenlos und die Sonne kann den ganzen Tag über strahlen. Zuständig für das sonnige Wetter derzeit ist Hoch "Jürgen", von dem wir an dieser Stelle in den vergangenen Tagen schon häufiger lesen konnten.
Sonniges Frühlingswetter ist aber nicht das einzige, das "Jürgen" für uns im Gepäck hat: Denn wenngleich die Temperatur tagsüber mit kräftiger Unterstützung der Sonne bei frühlingshaften 8 bis 13 Grad liegt, fühlt sich der teils mäßige Nordost- bis Ostwind recht kalt an. Und mit diesem gelangte in den vergangenen Tagen kontinentale Polarluft aus Nordosteuropa zu uns, eine Luftmasse, wie man sie sich eigentlich für einen knackig-kalten Winter wünscht. Leider kommt diese etwa ein bis zwei Monate zu spät.
So tat man gut daran, die Winterkleidung noch nicht aus dem Kleiderschrank zu verbannen. Denn besonders in den frühen Morgen- sowie in den späten Abendstunden werden Winterjacke, Handschuhe und Co. noch dringend benötigt. Bei klarem nächtlichen Himmel können die Tiefstwerte verbreitet in den Frostbereich sinken. Vor allem in höher gelegenen Tal- und Gipfellagen des östlichen und südlichen Berglands wird derzeit sogar strenger Frost unter -10 Grad Celsius verzeichnet. Der bereits deutlich fortgeschrittenen Vegetation dürfte diese Kälte überhaupt nicht gefallen!
Zum Wochenende stellt sich die Wetterlage dann aber um. Hoch "Jürgen" verlagert seinen Schwerpunkt weiter nach Osteuropa respektive Russland und Tief "Liebgard" tritt auf der Wetterkarte in Erscheinung. Diese nistet sich über dem zentralen Mittelmeer ein, womit die Strömung in Deutschland mehr und mehr auf südöstliche Richtungen dreht und somit wieder etwas mildere Luft zu uns gelangt. Allerdings nehmen dann aber auch die Wolkenanteile wieder zu. So muss am Freitag und Samstag mit einem Mix aus Sonne und Wolken gerechnet werden, Niederschlag wird meist aber nicht erwartet. Dafür steigt die Temperatur nachmittags wieder auf milde 10 bis 18 Grad an. In den Nächten schafft es das Thermometer meist nur noch örtlich bei längerem Aufklaren in den leichten Frostbereich.
War es das also nun mit dem Spätwinter? Kommt jetzt der herbeigesehnte Frühling? Leider müssen Bauern und Hobbygärtner auch weiterhin um frostempfindliche Pflänzchen bangen. Denn über dem Nordostatlantik steht das nächste kräftige Hoch namens "Keywan" in den Startlöchern, um uns mit weiterem Spätwinterwetter zu versorgen.
Aber der Reihe nach: Zunächst greift am Sonntag die Kaltfront eines Tiefs im Bereich der Karasee auf Deutschland über. Dabei fallen die Niederschläge anfangs meist als Regen, gehen aber in höheren Lagen im Tagesverlauf mehr und mehr in Schnee über. In der Nacht zum Montag und Montagfrüh ist dann selbst in tiefen Lagen eine vorübergehende weiße Überraschung nicht auszuschließen. Auch im Alpenvorland könnten - Stand jetzt - einige Zentimeter an Neuschnee zusammenkommen. Am Montag nimmt schließlich der Hochdruckeinfluss wieder zu: Hoch "Keywan" sorgt bei uns erneut für eine nordöstliche Strömung, mit der weitere kontinentale Kaltluft zu uns geführt wird. Im Klartext heißt das wieder sonniges und ruhiges Wetter, tagsüber bei Höchstwerten im niedrigen einstelligen Bereich, in den Nächten knackig-kalt.
Aus den uns zur Verfügung stehenden mittelfristigen Modellrechnungen lässt sich der Kaltlufteinbruch am Sonntag mittlerweile ganz gut ablesen. Allerdings ist es zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar, wie lange dieser anhält. Ob und wie weit die Temperatur zum Monatswechsel wieder nach oben geht und dann endlich der Frühling nachhaltig Einzug hält, ist zurzeit noch ungewiss.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst