Faszinierende Wolkenbänder
Ein Hoch auf die Technik: Am Altweiber-Donnerstag ließen sich vom All aus Leewellen beobachten. Wie ist das möglich und woher kommen diese eigentlich?
Wettertechnisch ist in Mitteleuropa zurzeit einiges geboten. Ein Sturm jagt den nächsten, im Bereich der Mittelgebirge und in den Alpen kehrt nun auf seine letzten Tage doch noch der Winter ein. Um das Wettergeschehen dabei im Auge zu behalten, stehen uns mittlerweile verschiedenste Methoden und technische Hilfsmittel zur Verfügung. Unter anderem werden diverse Wetterparameter wie Temperatur, Feuchte, Windgeschwindigkeit etc. von ortsfesten Bodenwetterstationen oder Radiosonden, die an Wetterballons aufsteigen, erfasst. Aber auch die sogenannten "Fernerkundungsverfahren" spielen bei der Wetteranalyse und -vorhersage eine wichtige Rolle. Dabei wird eine Information für einen bestimmten Ort von einem weit davon entfernten Standort aus erhoben.
Das wohl bekannteste Fernerkundungsprodukt ist das Satellitenbild. Auf einen Blick lässt sich damit beispielsweise die Bewölkungsverteilung über Mitteleuropa detailgenau darstellen. Zudem sind die hochaufgelösten Satellitenbilder mittlerweile hochaktuell und liegen dem Meteorologen alle 5 bis 15 Minuten vor. Zumindest die sogenannten "geostationären" Satelliten stehen dabei ortsfest über dem Äquator, folgen also der Erdrotation, und senden aus einer Höhe von etwa 36.000 km permanent Bilder der Atmosphäre, die dann in den meteorologischen Rechenzentren verarbeitet und verteilt werden.
Der neueste Wettersatellit aus dem Hause EUMETSAT "Meteosat-11" ist für Europa, Afrika, den Atlantischen Ozean sowie den Osten von Südamerika zuständig. Er liefert alle 15 Minuten Bilder in 12 verschiedenen Wellenlängen von der Oberfläche und der Atmosphäre der Erde. Dabei wird eine Auflösung von bis zu einem Kilometer erreicht.
Genau vor einer Woche, am Altweiber-Donnerstag, dem 20.02.2020 gegen 16 UTC (17 Uhr MEZ) hielt Meteosat-11 das Bild zum heutigen Thema des Tages unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/2/27.html fest. Anhand dieser einen Aufnahme wird die Mächtigkeit der Technologie bereits in Ansätzen sichtbar. Nicht nur erkennt man deutlich die auf Deutschland ziehende Kaltfront oder das sich rückseitig einstellende Schauerwetter. Auch der sonnige Süden Deutschlands oder die verschneiten Alpen lassen sich aus dem All beobachten.
Bei genauerem Hinsehen wird aber ein weiteres Phänomen ersichtlich. Von Frankreich über Deutschland sind die Wolken auffällig stark "gerippt". Hierbei handelt es sich um sogenannte "Leewellen", die vom Weltall einen tollen Anblick bieten. Auch vom Erdboden aus können diese mit bloßem Auge beobachtet werden, wenn das Sichtfeld weitläufig genug ist.
Die Entstehung der Leewellen ist jedoch keineswegs trivial: In der Atmosphäre treten die Wellen häufig im Lee, also auf der windabgewandten Seite von Hindernissen (wie z.B. Gebirgen) auf, wenn diese überströmt werden. Man benötigt dafür zunächst eine stabil geschichtete Atmosphäre. Und das ist immer dann der Fall, wenn die mit der Höhe abnehmende Temperatur in einer gewissen Höhe vorübergehend ansteigt. Diese Schicht nennt man auch "Inversion". Am Radiosondenaufstieg aus Essen vom 20.02. um 13 Uhr wird dies deutlich (siehe erneut Grafik zum Thema des Tages). Die Inversion fungiert dabei als Sperrschicht und verhindert den vertikalen Luftmassenaustausch.
Man kann sich die Entstehung der Leewellen nun so vorstellen: Muss ein imaginäres Luftpaket in der stabilen Schichtung ein Hindernis überströmen, wird es bereits im Luv (windzugewandte Seite) nach oben hin ausgelenkt. So kommt es in der Folge in einen Umgebungsbereich vergleichsweise wärmerer Luft. Da kalte Luft aber schwerer ist als warme, sackt das Luftpaket wieder zurück in seine Ausgangslage oder auch etwas tiefer. Die Folge sind dann Schwingungen des Pakets um einen Gleichgewichtszustand im Lee des überströmten Hindernisses. Sichtbar werden diese Wellen aber erst durch eine mehr oder weniger geschlossene, tief liegende Wolkendecke in Form von quer zur Windrichtung orientierte Wolkenbänder.
Da diese Kriterien in der vergangenen Woche vorübergehend erfüllt wurden, konnte man die faszinierenden Leewellen über eine große Region von Frankreich über weite Teile Deutschlands hinweg beobachten.
MSc.-Met. Sebastian Schapppert
Deutscher Wetterdienst