Was ist los mit dem Winter?
Aktuell lässt die Schneesituation in Deutschland zu wünschen übrig. Dabei hatte der Winter im letzten Jahr gar keinen schlechten Start hingelegt. Dazu ein paar Daten und Fakten?
Bereits im gestrigen Thema des Tages wagten wir an dieser Stelle einen Blick auf die Schneehöhen in Deutschland. Und das mit ernüchterndem Resultat: Meist findet man den Schnee nur in Lagen oberhalb von 1000 Metern. Selbst die Wetterstation auf der Zugspitze meldet aktuell (Stand: 08 Uhr MEZ) lediglich eine Schneehöhe von 160 Zentimetern. Um eine vergleichbare Schneehöhe am 18. Januar auf der Zugspitze vorzufinden, muss man schon ins Jahr 2014 zurückgehen. Dabei ist die Zugspitze mit ihren 2962 Metern nicht nur der höchste Berg, sondern auch der schneereichste Ort Deutschlands, zumindest im Stationsnetz des Deutschen Wetterdienstes. Da gestaltete sich das letzte Jahr 2019 Mitte Januar mit 435 Zentimetern deutlich schneereicher.
Lässt man den Blick nun abseits der Alpen in Deutschland schweifen, so muss wohl manchem Wintersportbegeisterten das Lachen im Gesicht gefrieren. Im Erzgebirge meldet die Wetterstation auf dem Fichtelberg auf 1213 Metern Höhe zurzeit lediglich 14 Zentimeter Schnee. Trotzdem sind zumindest ein Teil der Lifte im Skigebiet Fichtelberg-Oberwiesenthal geöffnet und bieten den hart gesottenen Winterfans eine kurze Abfahrt auf den mit Kunstschnee unterstützen Pisten. Auch im Schwarzwald muss stellenweise kräftig mit Kunstschnee nachgeholfen werden. Der Feldberg meldet immerhin 71 Zentimeter auf 1490 Metern. Ähnlich sieht die Situation im Bayerischen Wald rund um den großen Arber mit einer Schneehöhe von 52 Zentimetern auf 1436 Metern aus. Sonst haben die Liftbetreiber zurzeit nicht einmal mithilfe von Schneekanonen die Chance auf Wintersporttourismus. In den deutschen Alpen ist die Schneesituation da schon etwas besser, allerdings muss man für 50 Zentimeter und mehr schon etwas höher hinaus. Am Fuße der Zugspitze, in Garmisch-Partenkirchen auf einer Höhe von etwa 700 Metern, sieht es hingegen schon wieder anders aus. Der Ort, der unter anderem durch das Neujahrsskispringen, dem zweiten Event im Rahmen der Vierschanzentournee, bekannt ist, verzeichnet aktuell exakt 0 Zentimeter.
Dabei hatte der Winter eigentlich gar keinen schlechten Start erwischt. Pünktlich zum Beginn des Frühwinters Ende November/Anfang Dezember des vergangenen Jahres kehrte er zumindest vorübergehend ein. Polare Kaltluft brachte im Bergland und im Alpenvorland etwas Neuschnee. Dieser hielt aber nicht lange, denn im Anschluss stellte sich eine Westwetterlage ein, die für Milderung sorgte. Ab dem 12. Dezember 2019 gelangte Deutschland erneut auf die kalte Seite der Frontalzone, die Tiefdruckgebiete zogen dann auf einer südlicheren Zugbahn. Kräftige Niederschläge verstärkten dabei die Abkühlung, sodass sich selbst in tieferen Lagen kurzzeitig eine Schneedecke ausbildete.
Diese kühle Episode wurde am dritten Adventswochenende von einer Serie schwächerer Stürme beendet. Mit diesen gelangte deutlich mildere Meeresluft nach Deutschland, wodurch auch in den Gipfellagen der Mittelgebirge Tauwetter einsetzte. Anschließend kippte die Strömung auf Südwest und warme Saharaluft wurde herangeführt. Dadurch kam es bereits im vergangenen Jahr zu einem ungewöhnlich milden Witterungsabschnitt mit zweistelligen Höchstwerten von teils über 15 Grad Celsius. Darüber hinaus sorgte Föhnsturm an den Alpen mit Höchstwerten von bis zu 20 Grad Celsius ebenfalls für ein rasches Abtauen des Schnees.
Diese milde, nicht gerade "schneefreundliche" Witterung sollte sich auch im neuen Jahr fortsetzen. Aktuell - wir schreiben den 18. Januar 2020 und befinden uns meteorologisch gesehen mitten im Hochwinter - zeigt die Temperaturabweichung im Vergleich zum klimatologischen Mittel für die erste Januarhälfte bereits deutlich Werte über 3 Grad Celsius an, im Norden und Osten liegen wir bei über 5 Grad Celsius. Allein in der letzten Woche war es bei Tageshöchstwerten von bis zu 16 Grad am Oberrhein ungewöhnlich mild. Man konnte meinen, der Frühling sei schon in vollem Gange. Dazu gab es in den vergangenen zwei Wochen vielerorts nur unterdurchschnittlich viel Niederschlag und der fiel hauptsächlich als Regen.
Dieses Wochenende scheint der "(Schnee-)Bann" aber endlich gebrochen. Zumindest am Alpenrand werden oberhalb von 800 bis 1000 Metern bis Montagfrüh zwischen 10 und 20 Zentimeter Neuschnee erwartet. Örtlich können in den Hochlagen sogar um 30 Zentimeter zusammenkommen. Und auch in den höheren Mittelgebirgslagen sollte es für eine dünne Neuschneeauflage reichen. Wem die Schneehöhen in Deutschland nicht ausreichen, der sollte seinen Blick nach Österreich und in die Schweiz werfen. Dort liegen aktuell in Gipfellagen meist über 100 Zentimeter. In Südtirol und Kärnten sind es nach heftigen Schneefällen im November in Gipfellagen immer noch teils deutlich über 200 Zentimeter. Das sollte doch das Wintersportlerherz höherschlagen lassen.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst