Physik zum Anfassen: Der Flaschennebel
Viele kennen den Effekt: Beim Öffnen einer Sektflasche bildet sich kurzzeitig ein weißgrauer Nebel im Flaschenhals. Aber warum eigentlich? Und wussten Sie schon, dass dieser Nebel sogar blau erscheinen kann?
Nicht mehr lange, dann werden neben Feuerwerk auch wieder zahlreiche Sektkorken durch die Luft fliegen und damit das neue Jahr einläuten. Nur die wenigsten ?Schützen? werden sich vermutlich beim Flaschenöffnen über die hochphysikalischen Prozesse Gedanken machen, die man dabei in Gang gebracht hat.
Haben Sie sich zum Beispiel schon einmal gefragt, warum sich im und über dem Flaschenhals direkt nach dem Öffnen Nebel bildet? Und wussten Sie schon, dass dieser Nebel nicht nur weißgrau, sondern sogar blau erscheinen kann?
Der Grund hierfür ist der deutlich stärkere Druck innerhalb der Flasche im Vergleich zur Umgebung. Öffnet man die Flasche nun, schießt die Luft förmlich aus ihr heraus und dehnt sich rasend schnell aus. Dadurch kühlt sie aber auch ebenso schlagartig ab und zwar sogar so stark, dass der in der Flaschenluft enthaltene Wasserdampf zu kleinen Eiskristallen gefriert, die wiederum weißgraues Licht reflektieren, was wir schließlich als Nebel wahrnehmen. Ob der Nebel nun weißgrau oder eben sogar blau erscheint, hängt von der Temperatur des Sekts (oder auch des Biers, der Limo, etc.) ab. Je höher diese ist, desto stärker ist auch der Druck innerhalb der Flasche. Logischerweise schießt dann die Luft in der Flasche beim Öffnen noch schneller heraus und kühlt dadurch auch noch mehr ab.
In einer Studie fanden die französischen Wissenschaftler Liger-Belair et al. heraus, dass bei einer Flaschentemperatur von 20 Grad ein Druck von rund 7,5 bar innerhalb der Flasche herrschte. Zum Vergleich: Der Luftdruck, dem wir tagtäglich ausgesetzt sind, liegt etwa bei 1 bar. Beim Öffnen der Flasche kühlte die Luft dabei vorübergehend auf -90 Grad ab, wodurch das in ihr befindliche Kohlendioxid zu kleinen Trockeneisteilchen resublimierte (direkter Übergang vom gasförmigen in den festen Zustand). Das Ergebnis war ein blauer Nebel.
Wurde die Flasche dagegen auf (deutlich trinkbarere) sechs Grad herunter gekühlt, lag der Druck innerhalb der Flasche bei "nur" 4,5 bar. Beim Öffnen der Flasche fiel die Temperatur der Sektluft auf ca. -78 Grad, wodurch sich nahezu ausschließlich der Wasserdampf und nicht das Kohlendioxid in kleine Eisteilchen verwandelte. Weißgrauer Nebel war die Folge. Temperierten die Forscher die Flasche irgendwo dazwischen, traten beide Effekte in abgeschwächter Form auf.
Vielleicht denken Sie ja zum Jahreswechsel (oder wann auch immer Sie sich ein Sektchen gönnen möchten) an die Hintergründe des Nebelphänomens. Mit diesem Wissen lässt sich sicherlich auch schön vor Freunden angeben ;-)
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst