Goldener Oktober im Südosten oder: Ein Gallisches Dorf im
unbeständigen Herbst
Während im Großteil Deutschlands seit einigen Tagen unbeständiges Herbstwetter vorherrschend ist, geht im Südosten Bayerns der "Goldene Oktober" in die Verlängerung. Aber warum ist das so?
Im gestrigen Thema des Tages mit dem Titel "Südwestautobahn" wurde bereits erläutert, dass ein kräftiges Zentraltief namens THILO seit Dienstag über dem Ostatlantik westlich von Irland seine Kreise zog. Mittlerweile hat sich dieses Tief schon etwas abgeschwächt, befindet sich über Irland und zieht bis zum Sonntag unter weiterer Abschwächung zur Nordsee. Deutschland befand und befindet sich auch weiterhin auf der Südostseite dieses steuernden Tiefs im Einflussbereich einer südwestlichen (Höhen-)Strömung, die sehr feuchte und milde Meeresluft in "weite Teile" Deutschlands transportiert und so für einen wechselhaften, zeitweise regnerischen und teils sogar recht turbulenten Wettercharakter sorgt.
"Weite Teile", denn es gibt eine Region in Deutschland, die von Regen, Wind und der feuchten Atlantikluft bisher kaum etwas zu spüren bekommen hat und auch heute und am Wochenende nichts davon abbekommen wird. Die Rede ist vom Südosten Bayerns, grob gesprochen vom Alpenrand über das östliche Alpenvorland bis hoch zum Bayrischen Wald. Man könnte diese wunderschöne Ecke Deutschlands daher salopp gesprochen als "Gallisches Dorf" (Zitat: Jens Hoffmann) am Rande der "Südwestautobahn" bezeichnen. Wenn Sie zum Beispiel in Rosenheim oder entlang des Inns wohnen, haben Sie sich vielleicht schon gewundert, warum nach dem traumhaften Altweiberwetter am vergangenen Wochenende und zu Wochenbeginn nun "unbeständiges Herbstwetter" in aller Munde ist. Zugegeben, es war in den letzten Tagen nicht mehr ganz so sommerlich warm, aber eigentlich hat sich dort am "Goldenen Oktober" recht wenig geändert und Höchstwerte von 17 bis 20 Grad sind für Mitte Oktober weiterhin recht mild. Regen blieb auch die Ausnahme. "Das soll unbeständiges Herbstwetter sein?" mag sich dort der eine oder andere berechtigter Weise fragen. Betrachtet man die gefallenen Regenmengen der vergangenen Tage für ganz Deutschland, erkennt man schön, dass es im Westen, Südwesten, Norden und der Mitte ganz schön "nass" war - also doch herbstlich unbeständig - und somit die Wetterprognosen durchaus Recht behielten.
Im Großteil Bayerns sowie vom Erzgebirge bis zur Lausitz fiel in den letzten Tagen allerdings nur wenig Regen. Südlich der Donau wurden zudem reichlich Sonnenstunden gezählt und an diesem freundlichen Wetterverlauf wird sich auch heute und am Wochenende kaum etwas ändern. Aber warum ist das so?
Dazu kommen wir nochmal zur Großwetterlage zurück. Zunächst einmal fällt auf, dass der Südosten Bayerns am weitesten vom Zentraltief THILO entfernt ist. Es liegt nahe, dass der Einfluss eines Tiefs umso schwächer wird, je weiter man sich von seinem Zentrum entfernt. Vielmehr war und ist dort eher noch hoher Luftdruck über Südost- und Osteuropa wetterwirksam. Ein weiterer entscheidender Faktor sind die Alpen, die sich der südwestlichen Strömung quasi in den Weg stellen. Die feuchte Atlantikluft müsste somit erst die Alpen überströmen, um das Alpenvorland und Niederbayern zu erreichen. Man könnte also von einem leicht föhnigen Einfluss der Alpen sprechen, der die Luft beim teilweisen Überströmen abtrocknet, wodurch nördlich der Alpen eine recht trockenere Luftmasse resultiert. Daher wird man vorm Regen verschont und es kommt zu längeren sonnigen Abschnitten. In abgeschwächter Form trifft dies auch auf das Erzgebirge zu, wodurch es an dessen Nordrand bis hoch zur Niederlausitz ebenfalls kaum geregnet hat. Allerdings handelte es sich bisher und auch heute (noch) um keine klassische Föhnsituation. Schaut man sich das Windfeld etwas genauer an, fällt auf, dass im Großteil von Deutschland südliche bis südwestliche Winde dominieren. Anders sieht es im Südosten Bayerns aus, wo seit Tagen ein östlicher bis südöstlicher Wind weht. Bodennah floss dort also die atlantisch geprägte feuchte Luftmasse gar nicht ein, sondern trockenere Festlandsluft aus Osteuropa. Da verwundert es nicht, dass Regen weitgehend ausblieb.
Am Wochenende dreht die Höhenströmung noch etwas mehr auf südliche Richtungen. Nun kommt neben den bereits erwähnten Faktoren zusätzlich der klassische Föhn ins Spiel. Er nimmt am morgigen Samstag und vor allem am Sonntag deutlich an Fahrt auf und bläst auf den Alpengipfeln mit Sturmstärke. Möglicherweise bricht er bereits am morgigen Samstag in prädestinierten Föhntälern durch, vor allem am Sonntag ist aber ein Föhndurchbruch in Alpentälern sehr wahrscheinlich. Neben stürmischen Föhnböen hat dies naturgemäß viel Sonnenschein und hohe Temperaturen um oder über 20 Grad zur Folge. Am Sonntag sind in einzelnen Föhntälern sogar nochmals Temperaturen bis 25 Grad nicht ausgeschlossen. Selbst im Alpenvorland wird man dank des Föhns mit viel Sonnenschein und Temperaturen über 20 Grad verwöhnt. Dabei erübrigt es sich zu erwähnen, dass Regen in diesen Regionen auch weiterhin kein Thema sein wird. Genießen Sie also die kommenden Tage! Trübes und nasskaltes Novemberwetter und Schnee im Winter kommen bestimmt.
Dr.rer.nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst