Die erste Schwergewitterlage des Jahres
Nach einem kühlen und wechselhaften Mai stiegen die Temperaturen am vergangenen Wochenende erstmals in diesem Jahr auf über 30 Grad an, am gestrigen Montag konnten sich dann in der energiegeladenen Luft kräftige Gewitter entladen, womit die erste Schwergewitterlage im Jahr 2019 ins Haus stand.
Am vergangenen Wochenende kam Deutschland so richtig ins Schwitzen. Tief FRANK zog vom Nordostatlantik knapp nördlich an den Britischen Inseln vorbei. Auf seiner Vorderseite wurden dabei heiße Luftmassen in einer südwestlichen Strömung aus subtropischen Breiten zu uns geführt. In der Folge stieg die Temperatur zum ersten Mal im aktuellen Jahr gebietsweise auf über 30 Grad an. In Geldern-Walbeck (Nordrhein-Westfalen) sowie in Lenzen an der Elbe (Brandenburg) wurden am Sonntag bereits 32,9 Grad gemessen, am gestrigen Montag lagen die Höchstwerte in Langenlipsdorf (Brandenburg) sogar bei 35,1 Grad, was somit auch die bisher höchste gemessene Temperatur des laufenden Jahres darstellt. Aber auch die Nächte sind derzeit durchaus sommerlich temperiert. In der Nacht zum Montag wurden unter anderem an der Wetterstation in Seesen (Niedersachsen) und auf dem Weinbiet (Rheinland-Pfalz) bei Temperaturen um 21 Grad tropische Nächte registriert.
Aber nicht nur die daraus resultierende starke Wärmebelastung tauchte als Parameter auf der Warnkarte auf. Zwei Tage nach dem meteorologischen Sommeranfang deutete sich zudem am gestrigen Montag auch die erste Schwergewitterlage in diesem Jahr an. Denn im Vorfeld der Kaltfront von FRANK, die rückseitig deutlich kühlere und trockenere Luft mit sich führte, strömten nicht nur heiße, sondern auch zunehmend feuchte Luftmassen nach Deutschland. Bereits am Sonntagabend bildete sich von Frankreich und Belgien bis zur Niederlande und der Nordsee eine Zone mit vergleichsweise niedrigem Luftdruck aus, in der die sehr feuchte und energiereiche Luft aus unterschiedlichen Richtungen zusammenströmte. Der Meteorologe spricht in diesem Fall von einer "Konvergenz" von Luftmassen. Für die zusammenströmende Luft gibt es dann nur einen einzigen Ausweg: Sie muss in die Höhe aufsteigen. Dabei kühlt sie sich rasch ab und es setzt Kondensation von Wasserdampf und somit Quellwolkenbildung ein. Dann kann man häufig blumenkohlartig wuchernde Wolken am Himmel beobachten, die schnell zu Gewitterwolken anwachsen können. Aber nicht nur konvergente Winde, auch das Überströmen von Bergen kann den nötigen Hebungsantrieb zur Auslösung von Gewittern liefern.
So bildete sich eine Gewitterlinie aus, die in der Nacht zum Montag auf den Westen und Nordwesten Deutschlands übergriff. Nach einer vorübergehenden Abschwächung am Montagvormittag nahm die Konvergenz in den Mittagsstunden wieder Fahrt auf und es bildeten sich weitere, teils kräftige Gewitter, besonders in einem breiten Streifen vom Schwarzwald und der Schwäbischen Alb über Hessen bis zur Ostsee. Bei heftigem Starkregen von bis zu 46 Litern pro Quadratmeter (gemessen in einer Stunde an der Station ins Hohenstein-Breithardt im Taunus) kam es lokal zu überfluteten Straßen und Kellern. Lokal eng begrenzt trat auch größerer Hagel von bis zu 5 Zentimetern auf. Dazu sorgten Sturmböen und vereinzelte schwere Sturmböen (Spitzenreiter ist die exponiert liegende Station auf dem Weinbiet mit 104 km/h) für umgestürzte Bäume. Im äußersten Nordwesten und Westen, wo die Kaltfront von FRANK bereits Einzug hielt, war die Gewittertätigkeit hingegen deutlich geringer.
Am heutigen Dienstag zieht FRANK über das Nordmeer und Skandinavien hinweg in Richtung Barentssee. Die zugehörige Kaltfront legt sich im Tagesverlauf immer mehr zonal über den Norden Deutschlands und geht allmählich in die Warmfront von Tief GEBHARD mit Kern über den Britischen Inseln über. Diese Luftmassengrenze ist jedoch recht inaktiv und sorgt im Norden allenfalls für zeitweise dichtere Wolken. Aber auch weiter südlich in der weiterhin schwül-warmen und energiereichen Luft ist die Gewitterhäufigkeit heute tagsüber geringer als im Vergleich zu gestern, fehlt es doch an eindeutig auszumachenden Konvergenzen. Trotzdem können sich im Tagesverlauf besonders aus dem östlichen Bergland heraus einzelne Gewitter bilden, die lokal unwetterartig ausfallen können.
Der Fokus richtet sich dann ab den Abendstunden auf den Nordwesten des Landes. Zwar sind sich die Modelle aus aktueller Sicht noch nicht einig, ob von Benelux her kräftige Gewitter über den Nordwesten hinweg ziehen werden, falls diese jedoch die Landesgrenzen am Abend erreichen sollten, besteht eine hohe Unwettergefahr. Dann muss neben heftigem Starkregen um 25 l/qm und größerem Hagel vor allem Böen bis in den orkanartigen Bereich (bis 110 km/h) gerechnet werden. Zudem kann das kurzzeitige Auftreten einzelner Tornados nicht ganz ausgeschlossen werden.
Am Mittwoch nähert sich dann die Kaltfront von Tief GEBHARD dem Westen an. In deren Vorfeld kommt es dann tagsüber zunächst in einem Bereich tiefen Luftdrucks über dem westlichen Bergland zur Auslöse einzelner Gewitter, die lokal mit heftigem Starkregen und größerem Hagel einhergehen können. In der Nacht zum Donnerstag ziehen dann kräftige Gewitter von der Schweiz her über den Schwarzwald hinweg in Richtung Niederrhein.
Am Donnerstag kann die Westhälfte Deutschlands dann vorübergehend durchschnaufen und endlich mal wieder die eigenen vier Wände durchlüften. Die Sonne zeigt sich nur hin und wieder zwischen vorüberziehenden Wolken, zudem ist es bei Höchstwerten um 20 Grad deutlich kühler, aber auch angenehmer an der frischen Luft. Gewitter werden dort dann keine mehr erwartet. Anders sieht es im Osten und Nordosten des Landes aus. Dort entstehen im Nachmittagsverlauf etwa vom Erzgebirge bis zur Ostsee teils kräftige Gewitter, lokal wird dort wahrscheinlich erneut die Unwetterschwelle erreicht. Am Freitag bleibt es tagsüber deutschlandweit meist trocken, bevor in der Nacht zum Samstag von Westen her erneut schauerartiger Regen mit eingelagerten Gewittern aufzieht.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst