Er weht und weht und weht: Der Mistral
Wettertechnisch dominiert derzeit nur ein Thema die Medienlandschaft. Egal, wo man hinschaut oder hinhört, "Schnee" ist allgegenwärtig und das, obwohl im Großteil des Landes überhaupt kein Schnee liegt bzw. der Winter dort beinahe jegliche seiner Facetten vermissen lässt. Klar, der Schnee sorgte bzw. sorgt, vor allem am Alpenrand und den östlichen Mittelgebirgen, für chaotische Zustände. Doch glücklicherweise klingt der Schneefall dort heute ab und morgen hat Frau Holle sogar Urlaub - es bleibt also trocken!
Nutzen wir doch die Gelegenheit und schauen uns mal um, was wettertechnisch sonst noch alles so passiert ist. Lohnenswert ist beispielsweise ein Blick Richtung Frankreich, genauer genommen ins Rhonetal - Stichwort "Mistral". Unter dem Mistral versteht man einen böigen, kalten und zumeist trockenen Fallwind, der aus nördlicher bis nordwestlicher Richtung in das Rhonetal hinein und von dort in den angrenzenden Mittelmeerraum wieder hinaus weht. Im Rhonetal, eingepfercht zwischen Zentralmassiv im Westen und Alpen im Osten, erfährt der Wind quasi einen Düseneffekt, durch den nicht selten Orkanböen auftreten.
Typischerweise sind für die Entstehung des Mistrals zwei Druckgebilde vonnöten: Ein Hoch über dem nahen Ostatlantik sowie ein Tief über Oberitalien. Diese Wetterlage existierte nun seit über zwei Wochen - mit größeren oder kleineren Abweichungen vom "Lehrbuch-Muster": Hoher Luftdruck über dem nahen Ostatlantik, der Biskaya oder Irland, tiefer Luftdruck von Skandinavien bis in den zentralen Mittelmeerraum, z.T. mit mehreren Tiefdruckzentren.
Einer alten französischen Bauernregel nach soll der Mistral drei, sechs oder neun Tage wehen. Dieser Ausspruch muss wohl noch etwas ausgebaut werden, denn tatsächlich blies der Mistral seit Ende Dezember 2018 mit Böen von 80 km/h und mehr im unteren Rhonetal. Einem Bericht der Kolleginnen und Kollegen des französischen Wetterdienstes MeteoFrance vom 09.01.2019 zufolge konnte die Stadt Orange bis dato ihren elften Tag in Folge mit Windgeschwindigkeiten über 80 km/h verzeichnen. Gestern meldete MeteoFrance sogar, dass der Mistral dort bis zum 12.01.2019, also 14 Tage anhielt. Zuletzt kam es in Orange im Februar 1965 zu einer solchen Serie (12 Tage). Zusätzlich wurden dort auch Böen bis 120 km/h gemessen (Rekord bisher 126 km/h im Jahre 2000).
Im Laufe des heutigen Dienstags und morgigen Mittwochs geht dem Mistral allmählich die Puste aus. Der nächste Mistral kommt aber bestimmt. Mal schauen, wie lange er dann durchhält.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst