Weihnachtsendspurt
Mit großen Schritten nähern wir uns dem Weihnachtsfest. Für viele stellt Heiligabend der schönste Tag des Jahres dar. Kein Wunder, dass sich einige noch in der letzten Woche vor Heiligabend in den Weihnachtstrubel stürzen, um noch die letzten Geschenke zu besorgen, der Weihnachtsbaum muss noch geschlagen und geschmückt werden und der Großeinkauf für die an den Feiertagen servierten Leckereien steht ebenfalls noch aus. Dabei wünscht man sich natürlich, dass das Wetter in diesem Jahr auch mal wieder ?mitspielt?. Denn wer träumt an Weihnachten nicht von einem Spaziergang in der klaren Winterluft auf knirschendem Schnee. Anschließend wärmt man sich bei einem leckeren Heißgetränk in der warmen Stube wieder auf und schaut aus dem Fenster auf eine weiße Winterlandschaft und einen ulkig aussehenden Schneemann im Garten.
Oftmals erreichen uns bereits einige Wochen vor Heiligabend die ersten Anfragen nach dem Weihnachtswetter. Allerdings muss man diese Ungeduldigen zunächst vertrösten. Lediglich ein paar statistische Aussagen lassen sich im Vorfeld treffen. So stellt die ?Weiße Weihnacht? in weiten Teilen Deutschlands eher eine Seltenheit dar, zumindest wenn man nicht gerade in den höheren Mittelgebirgen oder am Alpenrand wohnt. Häufig dominiert das "grüne Weihnachtsfest".
Der erste Schnee der Saison fällt zwar oft bereits Ende November, jedoch folgt danach meist eine mildere Phase. Etwa Mitte Dezember kommt es manchmal zum nächsten Kaltluftvorstoß und weiterem Schneefall, wie wir das auch am gestrigen Sonntag erlebt haben. Doch pünktlich kurz vor dem Fest ist die weiße Pracht dann meist wieder dahin. Das berüchtigte "Weihnachtstauwetter" stellt sich ein. Dabei strömen von Westen her milde Luftmassen vom Atlantik heran, die das Wetter wechselhaft gestalten und den zuvor gefallenen Schnee häufig vollständig wieder aufzehren. Das Weihnachtstauwetter zählt daher nicht umsonst zu den sogenannten Singularitäten (auch Witterungsregelfälle genannt) und ist - je nach Region - mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 bis 70 Prozent jährlich zu erwarten. In der Grafik unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/12/17.html ist der mittlere Verlauf im Zeitraum 1949 bis 2017 der Tagesmitteltemperatur im Dezember am Beispiels Frankfurt am Main dargestellt.
Kein Wunder also, dass in lediglich 10 % der Fälle im Flachland und in den Flussniederungen im Westen und Südwesten sowie im nordwestdeutschen Tiefland an Weihnachten eine geschlossene Schneedecke vorliegt. Im Norden und Nordosten liegt die Wahrscheinlichkeit meist auch nur zwischen 15 und 25 %. In den Mittelgebirgen sieht die Situation aus Sicht der Schnee- und Wintersportfans schon etwas besser aus. Die Wahrscheinlichkeit für durchweg verschneite Weihnachten beträgt dort immerhin 30 bis 50 %. In den Kammlagen der Mittelgebirge sowie in den Alpen (ab etwa 800 bis 1000 Meter Höhe) verlaufen, statistisch gesehen, nahezu alle Feiertage weiß.
Wie gestaltet sich das Wetter nun in diesem Jahr? Klimatologisch gesehen läuft in diesem Jahr alles nach Plan. Bereits im November gab es Kaltluftvorstöße, die im Bereich der Mittelgebirge, aber auch im Alpenvorland für eine mehr oder weniger mächtige Schneedecke sorgten. Nachfolgend fraßen Anfang Dezember kräftige Regenfälle den Schnee wieder vollständig auf. In der vergangenen Woche strömte dann erneut kalte Festlandsluft ein, die zunächst im Bergland, am gestrigen Sonntag auch in tiefen Lagen, für etwas Neuschnee sorgte.
Um aber nun endlich zum Punkt zu kommen: Der "weiße Spaß" wird in tiefen Lagen nur von kurzer Dauer sein, denn pünktlich zum Weihnachtsfest setzt in dieser Woche wieder das typische Weihnachtstauwetter ein. Die Schneedecke wird sich durch das milde und wechselhafte Wettergeschehen wieder sukzessive in die Gipfellagen zurückziehen.
Schaut man sich darüber hinaus die Wetterkarten für das Fest an, zeigen sich in den Wettermodellen noch einige Unsicherheiten. Trotzdem zeichnet sich bereits ein erster Trend ab: So gestaltet sich Heiligabend aller Voraussicht nach wieder wie bereits in vielen Jahren zuvor grün-grau, zeitweise regnerisch und windig. Dabei liegt die Temperatur tagsüber im Westen bei sehr milden 10 Grad, im Nordosten ist es bei Werten um 4 Grad etwas kühler. Frostig wird es nachts meist nur im Bergland. Auch am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag setzt sich das milde und unbeständige Wetter fort, zeit- und gebietsweise muss erneut mit etwas Regen gerechnet werden, Schnee deutet sich lediglich für die höheren Mittelgebirge sowie die Alpen an.
Besonders winterlich sind die Aussichten für das diesjährige Weihnachtsfest also nicht. Wer das "wahre weiße Erlebnis" sucht, der muss schon die höheren Lagen der östlichen Mittelgebirge besuchen oder besser noch, die Alpen. Aber wer weiß, die aktuellen Berechnungen der Wettermodelle sind noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Vielleicht ist das Christkind ja noch für eine "weiße Überraschung" gut.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst