Die Ungerechtigkeiten des Alltags
Wir Vorhersagemeteorologen haben die zentrale Aufgabe, stets den Überblick über das bundesweite Wettergeschehen zu behalten. Um dies bewerkstelligen zu können, stehen uns mittlerweile verschiedenste Methoden und technische Hilfsmittel zur Verfügung. Neben den allseits bekannten Wetterstationen, an denen aktuelle Wetterdaten an einem bestimmten Ort erfasst werden, nutzen wir zunehmend Informationen aus sogenannten "Fernerkundungsverfahren". Dabei wird, wie der Name schon vermuten lässt, eine definierte meteorologische Information für einen bestimmten Ort von einem weit davon entfernten Standort aus erhoben.
Das unter der Bevölkerung wohl bekannteste Fernerkundungsprodukt ist das Satellitenbild. Mit diesem kann zum Beispiel die Bewölkungsverteilung über ganz Deutschland detailgetreu sowie hochaktuell dargestellt werden. Hochaufgelöste Satellitenbilder stehen mittlerweile alle 5 Minuten zur Verfügung. Zu verdanken ist diese hohe Aktualisierungsrate den geostationären Satelliten, die in einer Höhe von 36.000 km über dem Äquator permanent Bilder der unteren Atmosphärenschichten schießen und diese zu den meteorologischen Rechenzentren schicken.
Besonders eindrucksvoll ist die Betrachtung der Satellitenbilder im Sommer, wenn mächtige Gewitterwolken in die Höhe schießen oder ausgedehnte Gewitterlinien über Deutschland hinwegziehen. Aber auch die herbstlichen Nebel- und Hochnebelsituationen haben durchaus ihren visuellen Reiz. Während ruhiger spätherbstlicher Hochdruckphasen kann sich in Tälern, Becken und Senken die kalte und damit schwerere Luft sammeln. Die Sonne hat zu dieser fortgeschrittenen Jahreszeit nicht mehr die Kraft, diese bodennahe Kaltluft wesentlich zu erwärmen. Infolgedessen reichert sich nun in dieser Luft Feuchtigkeit an, die mit der Zeit zu sichtbaren Tröpfchen kondensiert - Nebel entsteht. Jetzt bringt die topographische Gliederung Deutschlands mit sich, dass es typische Nebel- und Hochnebelregionen gibt. Zu nennen sind hier zum Beispiel das Bodenseegebiet, die obere Donau sowie manche Täler der zentralen Mittelgebirge. Es besteht demnach durchaus eine systematische meteorologisch bedingte Benachteiligung dieser Regionen, zumindest werden das die Sonnenfreunde so sehen.
Am heutigen Freitag können sich Nebel und Hochnebel nicht mehr so verbreitet halten wie an den vergangenen Tagen. Ursächlich dafür ist der etwas auffrischende Wind, der natürliche Feind des Nebels. Mit diesem wird die untere Atmosphäre besser durchmischt und dadurch der bodennahe relative Feuchtigkeitsgehalt vermindert. Zudem ist die mit östlicher Strömung herangeführte Festlandsluft trockener, damit wird der nebelauflösende Effekt nochmal verstärkt. Daher kommt der Großteil der Bevölkerung in den Genuss eines sonnigen Tages, nur jene im Umfeld der oberen Donau und am Bodensee werden wahrscheinlich auch am heutigen Tag vergeblich auf die Sonne warten. Dort ansässige Menschen sind mit dieser meteorologischen Ungerechtigkeit aber bestens vertraut und nehmen diese wohl nur mit kurzen Seufzern hin.
Am Samstag wird der Hochnebel voraussichtlich auch dort ausgeräumt und einem deutschlandweit sonnigen Tag steht dann nichts mehr im Wege. Allerdings sorgt der von Tag zu Tag kälter werdende Ostwind dafür, dass schon ein Hauch des anstehenden Winters durchs Land zieht. In der kommenden Woche erwarten wir nämlich nicht mehr primär Nebel auf der Warnkarte, sondern Glätte- und regional auch Schneefallwarnungen gesellen sich hinzu.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst