Hoch XERXES gibt sich noch nicht geschlagen
Etwa eine Woche ist es her, dass sich der Oktober noch von seiner "goldenen" und ungewöhnlich warmen Seite zeigte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Deutschland am Westrand eines kräftigen Hochs mit Schwerpunkt über Osteuropa. Da Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn umströmt werden, gelangte mit südlichen Winden recht warme Luft aus dem Süden Europas zu uns. Die Höchsttemperaturen lagen nahezu deutschlandweit nochmals knapp über 20 Grad, wodurch sogar noch der ein oder andere neue Temperaturrekord für die zweite Dekade (Zeit vom 11. bis zum 20. Oktober) des Monats aufgestellt wurde.
Mittlerweile hat sich die Wetterlage über Europa umgestellt. Zu Beginn dieser Woche entstand ein kräftiges Hochdruckgebiet mit dem Namen XERXES und einem Kerndruck teils über 1040 hPa westlich der Britischen Inseln. Dadurch stellte sich nun auf der Ostflanke dieses Hochs eine nördliche Strömung ein, mit der kältere Luftmassen zu uns gelangten. Verstärkt wurde die Strömung durch Tief SIGLINDE, das in den vergangenen Tagen über Südskandinavien und das Baltikum hinweg Richtung Westrussland zog und sich dabei zu einem Sturmtief verstärkte. Damit kam nach langer Abstinenz mal wieder ein Tiefdruckgebiet zumindest in die Nähe von Deutschland, was durchaus die Hoffnung aufkommen ließ, dass damit auch der lang ersehnte Regen fällt. Doch so leicht wollte sich Hoch XERXES von Tief SIGLINDE nicht geschlagen geben und streckte rasch wieder seine Fühler Richtung Mitteleuropa aus. Die kühlere Luft und der teils stürmische Wind fühlten sich zwar herbstlich an, Regen gab es aber nicht überall. Insbesondere Richtung Westen und Südwesten dominierte weiterhin der Einfluss von Hoch XERXES und es blieb dort weitgehend trocken. Nennenswerte Niederschlagsmengen kamen nur im Anstau einiger Mittelgebirge sowie am östlichen Alpenrand zusammen. Am heutigen Donnerstag folgt zwar ein weiteres Tief (TINA) auf ähnlicher Zugbahn wie Tief SIGLINDE, aber auch damit sind nur geringe Niederschlagsmengen verbunden und der Südwesten wird davon erneut nichts abbekommen.
Die Auswirkungen der monatelangen Trockenheit nehmen immer augenscheinlichere Züge an, nicht nur bei Flora und Fauna, sondern auch bei Betrachtung der Flusspegel. So gleicht beispielsweise der Rhein mittlerweile an manchen Stellen zwischen den zum Vorschein gekommenen Kiesbänken nur noch einem Rinnsal, wodurch auch mancher versunkener "Schatz" z.B. in Form von versenkten Elektrogeräten oder Autos wieder zutage tritt. Das Einzugsgebiet des Rheins ist zwar groß und der Fluss wird auch durch Zuflüsse aus der Schweiz und Frankreich versorgt, die Trockenheit ist aber bei weitem kein auf Deutschland begrenztes Problem. An vielen Stationen entlang des Rheins nähern sich die Pegel mittlerweile historischen Tiefstständen an oder haben diese sogar bereits unterboten. Der Pegel der Stadt Köln meldete z.B. am Dienstag etwa 67 cm und lag damit noch unter dem bisher niedrigsten Wert aus dem Jahre 2003. Was sicherlich für die einen ein faszinierendes Naturschauspiel darstellt, wird für manche Unternehmen zunehmend zu einem Problem, da beispielsweise Schiffe aufgrund der zu niedrigen Fahrrinne (Tiefe der Fahrrinne entspricht allerdings nicht dem Pegelstand) nicht mehr voll beladen werden dürfen. Und natürlich sind auch viele andere Flüsse Deutschlands schon seit Monaten vom Niedrigwasser betroffen, was anhand der aktuellen Meldungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde belegt ist.
Grund genug also, um sich im Rahmen des "Thema des Tages" erneut der Frage zu stellen, ob sich dieser Zustand in absehbarer Zeit ändern wird. Hoch XERXES zieht sich zwar ein wenig nach Westen zurück, er fungiert aber weiterhin als mächtiges Bollwerk gegenüber Tiefdruckgebieten, die vom Atlantik nach Osten ziehen. Allerdings befindet sich ein umfangreicher Tiefkomplex über Nord- und Nordosteuropa, dessen Einfluss sich in den nächsten Tagen bis in den westlichen Mittelmeerraum ausweitet. Dabei wird auch Deutschland von Tiefdruckgebieten gestreift, die aber zunächst wieder nur geringe Regenmengen bringen. Interessant wird aber eine Tiefdruckentwicklung über Norditalien bzw. dem westlichen Mittelmeer. Diese hat hierzulande zum einen zur Auswirkung, dass am Wochenende auf der Nordflanke mit einer nordöstlichen Strömung kältere Luft aus dem Nordosten Europas angezapft wird. Zum anderen könnte das Tief zumindest über den Alpenraum hinweg bis in die südlichen Landesteile Deutschlands teils länger anhaltenden Regen mit Mengen zwischen 20 und 30 Liter pro Quadratmeter in 48 Stunden, in höheren Lagen sogar Schnee bringen. Dabei sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass insbesondere über Norditalien teils enorme Regenmengen zu erwarten sind. Richtung Mitte und Norden Deutschlands fallen die Regenmengen deutlich geringer aus als in Süddeutschland, wobei im Norden ohnehin Hochdruckeinfluss (ausgehend von Hoch XERXES) dominiert. Folglich könnte der Wasserstand einiger Flüsse vorübergehend etwas ansteigen, für eine nachhaltige Wirkung sind aber weitere länger anhaltende Niederschläge notwendig.
Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst