Der Sommer im Herbst!
Der diesjährige meteorologische Herbst knüpft nahtlos an den Sommer an und begeistert mit teils sommerlichen Temperaturen. Über das Land hinweg wurden fast überall Sommertage gezählt. Ausnahmen bilden lediglich die höheren Bergspitzen sowie die Nordseeinseln. Aber selbst im 920 Meter hoch gelegenen Meßstetten oder in Glückburg im Norden Schleswig-Holsteins stieg die Temperatur zumindest an einem Tag über die Sommerschwelle von 25 Grad. Im Norden von Baden-Württemberg und Bayern wurde dieser Wert vielerorts an 15 bis 19 Tagen überschritten. Die Spitzenreiter diesbezüglich sind im Messnetz des DWD die Stationen Ohlsbach (BW), Bad Mergentheim-Neunkirchen (BW) und Kitzingen (BY) mit jeweils 19 Sommertagen. Davon entfielen in Bad Mergentheim und Kitzingen sogar 5 Sommertage auf den Oktober. Im Westen des Landes stellt der Oktober an den Stationen in Düsseldorf, Tönisvorst und Waltrop-Abdinghof (alle NRW) mit 7 Sommertagen mit Abstand neue Oktoberrekorde auf. In Düsseldorf gab es beispielsweise seit 1961 insgesamt nur 19 Sommertage, von denen wie beschrieben 7 im Oktober 2018 registriert wurden. Selbst heiße Tage mit Temperaturen über 30 Grad waren im Herbst 2018 bisher keine Seltenheit. In Ohlsbach und Emmendingen (beide BW) sind 6 Tage mit Werten über 30 Grad gezählt, die allerdings alle auf den September entfallen. Dagegen spielte der Frost bisher nur eine geringe Rolle. Meist sind nur an einigen Tagen, bevorzugt in den für Frost anfälligen Regionen von Deutschland die Temperaturen in der Nacht unter den Gefrierpunkt gesunken. In Berlin-Kaniswall war dies bisher an 9 Tagen der Fall, in Baruth (BB) zumindest noch an 7 Tagen. Ein weiteres Indiz für einen "tollen" Altweibersommer sowie einen sehr goldenen Oktober liefert auch die bisher in diesem Herbst erreichte Sonnenscheindauer. Nach nunmehr etwa der Hälfte aller Herbsttage liegt die Sonnenausbeute verbreitet schon über dem vieljährigen Mittel. In Zahlen werden zum 19. Oktober fast im ganzen Land zwischen 90 und 158% der Gesamtsonnenausbeute des Klimawertes erreicht. Lediglich typische Nebelorte oder auch einige Ecken am Alpenrand haben mit relativen Werten zwischen 75 und 90% noch etwas Aufholbedarf. "Des einen Freud ist des anderen Leid" - so könnte man auch das Wetter im Herbst beschreiben, der sich somit nahtlos an den Frühling und Sommer anschließt. Denn aufgrund der vielen trockenen Sonnentage fehlt überall das Wasser. Die Flüsse sind leer und die Böden teilweise staubtrocken. Weiterführende Informationen über den Niederschlag der vergangenen Monate und des Jahres sowie die Folgen für Natur und Mensch können sie auch den Themen des Tages vom 19. Oktober, dem 9. Oktober und dem 5. Oktober entnehmen.
Nach den ganzen Zahlen stellt sich natürlich die Frage, warum ist der Herbst nun so wie er ist? Dazu muss man die Zirkulationsmuster, also die Luftdruckverteilung, genauer unter die Lupe nehmen und gleichzeitig aber auch die vergangenen Witterungsverhältnisse über den Sommer hinweg berücksichtigen. Wie schon so häufig in der nahen Vergangenheit dominierten wieder die meridionalen Wetterlagen. Dabei stehen 9 Tage mit einer zonalen Wetterlage (18%) insgesamt 16 Tagen mit einer reinen meridionalen Wetterlage (33%) gegenüber. An den restlichen Tagen des Herbstes 2018 konnten die Luftdruckmuster nicht eindeutig zugeordnet werden (Gemischte Zirkulation, 49%).
Um die größeren Abweichungen bei den Temperaturen sowie der Sonnenscheindauer zu erklären, bedarf es einer Analyse der Strömungsverhältnisse. Dabei ist sowohl die Richtung als auch die Krümmung der Grundströmung von wesentlicher Bedeutung. Typische Wetterlagen, in denen die Luft aus nördlichen Gefilden, also aus polaren oder subpolaren Regionen, nach Mitteleuropa geführt wurde, konnten sich im Herbst an 10 Tagen (~20%) durchsetzen. Allerdings wehte der Wind die von Haus aus kühleren Luftmassen meist über die Nordsee ins Land. Die Nordsee war und ist jedoch aufgrund des sehr warmen bis heißen Sommers ungewöhnlich warm und konnte somit die kühlen Luftmassen spürbar erwärmen, bevor diese das Land fluteten. Meistens kam es nur zu einer Abkühlung "light".
An 14 Tagen wehte der Wind aus südlichen Richtungen nach Mitteleuropa und führte warme Mittelmeerluft ins Land, überdurchschnittliche Temperaturen entsprechend vorprogrammiert. Doch alleine reichen die meridionalen Südlagen nicht aus, um den bisherigen eher sommerlichen Herbst zu erklären. Eine wesentliche Rolle spielte die wärmende Sonne, die analog der anfangs präsentierten Daten verbreitet überdurchschnittlich lange am Himmel stand. Der Grund lag an großräumigen Hochdruckgebieten über Europa, deren Einfluss sich meist über das gesamte Bundesgebiet ausdehnte. Die entsprechend dominierenden antizyklonalen Strömungsverhältnisse machten durch die absinkenden Luftbewegungen und somit einhergehenden Wolkenauflösung den Weg für die wärmende Sonne frei.
Doch zur kommenden Woche scheint dem Herbstsommer nun die Puste auszugehen. Die Strömung dreht wieder auf nordwestliche Richtungen und zapft kühlere Luftmassen aus dem Raum Island an. Aufgrund des Fortschreitens des Jahres wird die angezapfte Luft kälter. Gleichzeitig kühlt sich auch die Nordsee immer weiter ab. Ab Montag werden zwar noch keine winterlichen Verhältnisse erwartet, aber zumindest sind typisch herbstliche Witterungs- und Temperaturbedingungen in Sicht.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst