Wann wirds mal wieder richtig regnen?
Rudi Carrells Frage, wann es mal wieder richtig Sommer wird, brauchte man sich in diesem Jahr wohl nirgendwo in Deutschland stellen. "Wann wird's mal wieder richtig regnen?" ist 2018 die eigentliche Frage. Im diesjährigen äußerst regenarmen Hitzesommer sorgte das Thema Dürre inklusive den Folgen wie Ernteeinbußen, Wald- und Flächenbrände, ausgetrocknete Flüsse und verdorrte Wiesen für viele Schlagzeilen. Die Hitze ist nun vorbei, aber wie sieht es eigentlich mit der Trockenheit aus? Wir schreiben heute Tag 292 des Jahres 2018 und damit sind genau vier Fünftel des Jahres vorüber. Zeit genug, sich die bisher gefallenen Regenmengen etwas genauer zu betrachten.
In unten angefügter Abbildung ist die aus Radardaten abgeleitete und mit Messstationen angeeichte Verteilung des Jahresniederschlags bis 18.10.2018 dargestellt. Dabei sind schon auf den ersten Blick große regionale Unterschiede erkennbar. Wie in den meisten Jahren ist direkt am Alpenrand und im Südschwarzwald mit 1000 - 1300 mm der meiste Niederschlag gefallen (vieljähriges Mittel des Ganzjahresniederschlags: ca. 1200 - 2000 mm). Auch generell blieb der Süden Deutschlands von einer größeren Trockenheit weitgehend verschont. Zwar gab es auch dort bisher weniger Regen/Schnee als im vieljährigen Mittel, allerdings sind die Abweichungen noch vergleichsweise moderat (vgl. z.B. München im Diagramm).
Ganz anders sieht es allerdings in Teilen des Ostens aus. Vor allem im Großteil von Sachsen-Anhalt, im Thüringer Becken, in der Leipziger Tieflandsbucht, in der Oberlausitz, im Wendland (östl. Niedersachsen) sowie in Teilen von Brandenburg und Vorpommern fielen verbreitet weniger als 300 mm Niederschlag. Mancherorts wurde in den letzten gut 9 1/2 Monaten sogar nur um 200 mm registriert. Damit regnete es teils weniger als die Hälfte der üblichen Menge in diesem Zeitraum. Die beiden Wetterstationen mit dem geringsten Niederschlag sind Jeßnitz und Wittenberg im Osten Sachsen-Anhalts mit 200,2 mm (46% des vieljährigen Mittels bis 18.10.) und 202,1 mm (43%). Ähnlich trocken war es in Artern (202,3 mm; 50%) im Norden Thüringens sowie in Lüchow (234,6 mm; 51%) im Wendland, um nur einige Beispiele zu nennen. Dort kann man zweifelsohne von einer außergewöhnlichen Trockenheit sprechen. Zwar gehören viele dieser Gegenden ohnehin zu den trockensten "Flecken" Deutschlands (vieljähriges Mittel des Ganzjahresniederschlags: ca. 450 - 550 mm), aber derart geringe Regenmengen sind selbst dort rekordverdächtig und erinnern eher an Steppenklima. Viele Leute warten daher sehnlichst auf länger anhaltenden Landregen.
In den genannten Regionen war die Trockenheit zwar besonders ausgeprägt, aber es regnete generell in Deutschland bisher (deutlich) zu wenig. Darunter waren insbesondere die tieferen Lagen betroffen, in denen ein Großteil der Ackerlandwirtschaft betrieben wird. Vielerorts sind bislang nur zwischen 300 und 400 mm Niederschlag gefallen. Das entspricht meist nur zwei Drittel oder weniger der sonst üblichen Menge und damit verbreitet einem Niederschlagsdefizit von rund 150 - 250 mm (teils auch mehr), wie man dem unten angefügten Diagramm entnehmen kann. Kein Wunder, dass derzeit viele Pegel an Rhein, Elbe und weiteren Flüssen im Bereich der oder unter den bisherigen Niedrigwasser-Rekordmarken liegen.
Dennoch gibt es einige wenige Gegenden, die von der Trockenheit weitgehend verschont blieben. Süddeutschland wurde bereits erwähnt, aber auch von der Westeifel bis zum Pfälzerwald sowie einige weitere Mittelgebirgsregionen bekamen mit 500 bis 700 mm noch relativ viel vom "kostbaren Nass" ab. Beispielsweise lagen die Regenmengen im Saarland im Normalbereich (vgl. z.B. Saarbrücken), wobei aber über 200 mm alleine auf einen nassen Januar zurückzuführen sind.
Wie deutlich letztendlich die Abweichung am Jahresende sein wird und ob diese auch Auswirkung auf die Landwirtschaft und Vegetation im nächsten Jahr haben wird, bleibt abzuwarten. Schließlich haben wir noch gut zwei Monate vor uns. Aber bis das Regendefizit ausgeglichen ist, wird es sicherlich noch eine ganze Weile dauern.
Und wann wird's mal wieder richtig regnen? Leider kann der Autor diese Frage nicht vollständig beantworten. Am Wochenende beschert uns Hoch WOLFGANG weiterhin ruhiges Wetter. Allerdings wird es nicht mehr überall lupenreinen Sonnenschein geben. Zu Wochenbeginn baut sich über dem Atlantik ein neues und sehr mächtiges Hoch auf. An dessen Ostflanke werden ab Montag nach langer Zeit wieder Regenfronten von Norden her nach Deutschland geführt, wobei tendenziell die Nordosthälfte sowie Nordstaulagen mehr Regen abbekommen als die Südwesthälfte. Dieser Regen beendet zwar die aktuelle Trockenphase und die eingerosteten Scheibenwischer kommen mal wieder zum Einsatz, eine Umstellung zu einer regenreichen Westlage ist dies aber nicht. Länger anhaltende und kräftige Regenfälle sind in den meisten Regionen nicht in Sicht.
Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst