Herbstauflauf
27.1, 29.9, 33.1, 30.9 Grad, das sind die höchsten Temperaturen der vergangenen vier Tage in Deutschland. Dazu gab es vielerorts reichlich Sonnenschein. Bestes Badewetter also, auch wenn mittlerweile schon viele Freibäder bzw. Badeseen ihre Pforten geschlossen haben. Gäbe es nicht die derzeit rasant kürzer werdenden Tage - pro Tag nimmt die Tageslänge um drei bis vier Minuten ab -, man könnte denken, wir befänden uns noch im Hochsommer. Damit ist es jetzt allerdings vorbei!
Nun laufen nämlich Tiefdruckgebiete auf, die die Hochdruckgebiete ablösen und die warme bzw. heiße Luft ausräumen. Stattdessen steht ab Freitag polare Meeresluft auf der "Speisekarte". So werden aus den Höchsttemperaturen um 30 Grad am Donnerstag Maximalwerte um 20 Grad am Samstag. Magerkost also für alle Sommerfans.
Keine Magerkost ist hingegen der Wind, den ein erstes Sturmtief namens "Elena" am morgigen Freitag bringt. Vor allem im Bereich der auf Deutschland tagsüber von Nordwesten übergreifenden und über das gesamte Bundesgebiet hinwegziehenden Kaltfront sind zumindest kurzzeitig bei Schauern Sturmböen um 85 km/h (Bft 9) zu erwarten, in kräftigen Schauern oder vereinzelten Gewittern insbesondere nach Norden hin örtlich auch schwere Sturmböen um 95 km/h (Bft 10). Auf der Rückseite der Front beruhigt sich das Wetter vorübergehend, im Nordwesten kommen aber bald neue Schauer auf, die wieder stürmische Böen um 70 km/h (Bft 8), an der Nordsee sogar orkanartige Böen um 110 km/h (Bft 11) bringen.
Während am Samstag schwacher Zwischenhocheinfluss vorherrscht, wird uns am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag passend zum kalendarischen Herbstanfang am 23.09.2018 um 3:54 Uhr MESZ der zweite Gang des Herbstauflaufs präsentiert. Und der hat es möglicherweise noch mehr in sich. Vom Seegebiet südwestlich der Britischen Inseln macht sich ein weiteres Tief auf den Weg Richtung Mitteleuropa respektive Deutschland. Dabei vertieft es sich, sodass der Wind immer mehr zunimmt. Nach derzeitigem Stand überquert dieses Tief wahrscheinlich die nördliche Mitte Deutschlands. Auf der Südflanke ist daher mit schweren Sturmböen um 90 km/h (Bft 10) zu rechnen, selbst orkanartige Böen um 105 km/h (Bft 11) oder exponiert auch Orkanböen um 120 km/h (Bft 12) sind nicht auszuschließen.
Bei häufig noch stark belaubten Bäumen und zum Teil sehr trockenen Böden ist zu befürchten, dass die Bäume oberhalb des Wurzelstocks einfach abbrechen, ähnlich wie bei einem Streichholz. Bei diesem als "Windbruch" bezeichneten Phänomen werden vor allem Fichten oder Weiden gefährdet sein. Aber auch nur einzelne abknickende Äste, insbesondere wenn sie noch mit Obst behangen sind, bergen großes Schadens- und Gefahrenpotenzial.
Darüber hinaus sind auch die Regenmengen nicht zu verachten. Flächendeckend kommen am Sonntag über Deutschland 5 bis 10 Liter pro Quadratmeter (l/qm) in 12 Stunden zusammen. Der meiste Regen wird jedoch an der Nordflanke des Tiefs fallen. Knapp nördlich des Tiefzentrums werden 25 bis 40 l/qm, örtlich auch noch etwas mehr, von den Computermodellen simuliert. Größere Wassermassen können nur langsam in die trockenen Böden versickern, Überschwemmungen scheinen daher vorprogrammiert. Durstig sein dürften aber die meisten Böden hierzulande.
Einschränkend sei noch erwähnt, dass in der Wettermodellwelt noch ziemliche Uneinigkeit bezüglich des zweiten Gangs am Sonntag und in der Nacht zum Montag herrscht. Sowohl die Zugbahn als auch die Intensität des Tiefs werden noch unterschiedlich berechnet (siehe dazu die Vorhersagen der globalen Wettermodelle in der Grafik unter dem Thema des Tages unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/9/20.html). Diese sind jedoch entscheidend für die Wind- und Niederschlagsentwicklung, vor allem hinsichtlich der regionalen Verteilung der Wettererscheinungen.
Ob wir also das deftige Menü mit orkanartigen Böen und viel Regen bekommen, oder aber nur Schonkost mit einem "lauen Lüftchen" und nur einem "Tropfen auf den heißen Stein" in Sachen Trockenheit, ist aus heutiger Sicht noch nicht zufriedenstellend zu beantworten.
Die Vorhersagen werden in den nächsten Tagen konkretisiert. Verfolgen Sie die Wetterlage stets unter www.dwd.de oder in unserer WarnWetter-App.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst