Ein Paradies für Wespen
Was für ein Sommer! An dieser Stelle haben wir in den vergangenen Tagen und Wochen bereits mehrfach auf die außergewöhnlich heiße und trockene Witterung in weiten Teilen Deutschlands hingewiesen (siehe zum Beispiel Thema des Tages vom 06.08.2018). Gerade im Zuge verstärkter Freizeitaktivitäten hat man mittlerweile aber mehr "Begleiter" um sich herum als einem lieb ist. Die Rede ist vom derzeitigen "Ansturm" der Wespen.
Egal ob beim gemütlichen Grillfest mit der Familie, im Freibad mit Freunden oder beim Gassi gehen mit dem Hund, die Plagegeister sind überall - und damit sind nicht die eigenen Kinder gemeint ;)! Da spielen gefühlt weder die Tageszeit noch die Frage ob pralle Sonne oder komfortabler Schatten eine Rolle - sie kreisen einfach überall hartnäckig um ihr Objekt der Begierde. Da die Wespe tagaktiv ist, gibt es in den frühen Morgen- und späten Abendstunden allerdings schon ein Minimum des surrenden Flugverkehrs. Dabei sind nur wenige Unterarten (Deutsche und Gemeine Wespe) Menschen gegenüber aufdringlich und aggressiv - die meisten leben "friedlich" in Wäldern und auf Wiesen und ernähren sich von Nektar und zuckerhaltigen Pflanzensäften. So verwundert es nicht, dass auch die penetranten Vertreter vor allem Jagd auf zuckerhaltige Lebensmittel machen - die Klassiker schlechthin sind süße Limonaden und Obstkuchen (Apfel, Birne, Zwetschgen). Aber auch Deftiges wie Bratwürste und Pommes stehen auf der Speisekarte ganz oben. Sie folgen also lediglich ihrem Instinkt.
Doch lässt sich statistisch überhaupt belegen, dass es in diesem Jahr eine besonders hohe Wespenpopulation gibt? Nein. Eine Wespenzählung oder zumindest grobe Schätzung wäre aufgrund der Vielzahl und weitläufigen Verbreitung der Nervensägen viel zu aufwändig und ungenau. Daher muss die subjektive Wahrnehmung herhalten, die naturgemäß sehr unterschiedlich sein kann. Schädlingsbekämpfer vermelden allerdings volle Auftragsbücher und kommen teilweise kaum hinterher - zumindest ein Indiz. Widmen wir uns im Folgenden einmal unserer Hauptexpertise. Waren denn die meteorologischen Bedingungen in den vergangenen Monaten förderlich für die Wespenvölker? Die Insekten lieben Wärme und Trockenheit, am besten schon während des Larvenstadiums im Frühjahr.
Zur Erinnerung: Der April 2018 war der wärmste seit Beginn der Temperaturmessungen. Ende Mai folgte die erste Hitzewelle des Jahres. Im gesamten Frühjahr fielen landesweit nur rund 75% der im klimatologischen Mittel üblichen Regenmengen. Gleichzeitig schien in den Monaten März, April und Mai im Schnitt mehr als 600 Stunden die Sonne. Damit gehörte der Frühling 2018 zu den vier sonnigsten seit Messbeginn 1951. Die Sommermonate führten diesem Trend bisher nahtlos fort - noch Fragen?
Fällt zu viel Regen, schimmeln die Nester und die Völker sterben. Den eigenen Flüssigkeitsbedarf ziehen sie aus ihrer Nahrung. Wasser benötigen sie eigentlich nur für ihre Nester: Zum Bau (Papiernester aus Zellulosefasern) sowie zur Kühlung (siehe DWD Wetterlexikon "Verdunstung"). Mit den tieferen Temperaturen im Herbst - spätestens mit den ersten Nachtfrösten - sterben die Völker. Nur die Königin überlebt, überwintert und gründet im Frühjahr ein neues Wespenvolk. Etwa ab Mai bauen sie ihre Nester und schwärmen wieder aus. Dann beginnt die Jagd auf ein leckeres Stück Kuchen und einen Schluck Limo aufs Neue.
Bei allem Groll soll aber dringend darauf hingewiesen werden, dass Wespen unter Artenschutz stehen (nicht jedoch die Deutsche und Gemeine Wespe!) und in der Natur wichtige Aufgaben übernehmen - wie die Beseitigung von faulem Obst, morschem Holz und toten Insekten. Ziehen Sie demzufolge im Falle eines ortsnahen Wespennestes immer einen Experten zu Rate, damit Sie den Rest des Sommers entspannt genießen können.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst