Trockenheit
Gerade in der warmen Jahreszeit, wenn Schauer und Gewitter die dominante Niederschlagsart sind, kommt es nicht selten vor, dass es große Regenmengenunterschiede auf engsten Raum gibt. So kann es passieren, dass großräumig betrachtet in einem Bundesland überdurchschnittlich viel Niederschlag gefallen ist. An einem konkreten Ort in diesem Bundesland können aber alle Schauer und Gewitter vorbeigezogen sein und der Monat ist zu trocken ausgefallen. Natürlich gibt es auch das umgekehrte Phänomen.
Diese wichtige Anmerkung sei vorweggestellt, wenn im heutigen Thema des Tages die Trockenheit in Teilen des Ostens und Nordostens von Deutschland näher betrachtet wird. Schaut man dort in die Statistiken, dann hat das Niederschlagsdefizit in einigen Regionen doch schon beachtliche Ausmaße angenommen.
Zunächst ein Blick auf die bisherigen Jahresmengen. Die Flächendarstellung in der angehängten Grafik lässt sich mit Hilfe von an die Wetterstationen angeeichten Radarbildern ermitteln. Sofort fällt ins Auge, dass es im Osten größere Gebiete mit wenig Niederschlag gibt. Das ist per se nicht ungewöhnlich, gehören Altmark und Börde beispielsweise zu den trockensten Gebieten Deutschlands. Blickt man aber auf die genauen Zahlen, dann wird schnell klar, dass die Summen selbst für diese Region sehr niedrig sind, teils rekordverdächtig. Für die hauptsächlich betroffenen Bundesländer wurde in der angehängten Tabelle eine kleine Auswahl an Stationen herausgepickt. Das geschah subjektiv und nicht dem Anspruch der Vollständigkeit entsprechend. Gelistet sind immer die aktuelle Jahresniederschlagssumme (bis 17.06.2018), die mittlere Halbjahressumme aus den Klimastatistiken sowie der sich daraus ergebende Anteil der aktuellen Werte im Vergleich zu den langjährigen Mittelwerten. Das gleiche wurde für den Monat Mai und die erste Monatshälfte des Junis gemacht. Allein bei der Betrachtung der Halbjahressumme fällt auf, dass in einigen Regionen im Vergleich zu den mittleren Mengen noch nicht einmal die Hälfte des zu erwartenden Niederschlags gefallen ist. Beispielhaft sei die Station Wittenberg in Sachsen-Anhalt betrachtet. Dort sind bis heute im gesamten Jahresverlauf gerade einmal 129.3 l/qm gefallen. Wenn man bedenkt, dass in Salzburg bei einem Unwetter in der vergangenen Nacht 74 l/qm innerhalb kurzer Zeit gefallen sind, lässt sich diese Summe besser einordnen. Die Trockenheit in der betroffenen Region hat sich in den letzten beiden Monaten sogar nochmal verstärkt. Im Mai sind gerade einmal 0.6 l/qm und im Juni bisher nur 0.2 l/qm gefallen. Es ist also innerhalb der letzten knapp 50 Tage weniger als ein Liter Wasser auf den Quadratmeter herunter gekommen! Auch in anderen Regionen sieht es kaum besser aus.
Ursächlich für die Trockenheit ist die Großwetterlage im zurückliegenden Sommerfrühling. So hatte sich über Wochen hinweg eine sogenannte Blockadelage über Europa eingestellt, die nur kurze Unterbrechungen aufwies. Ein umfangreiches Tiefdruckgebiet befand sich über Südwest und Südeuropa. Gleichzeitig herrschte hoher Luftdruck über Nord- und Osteuropa. Während der Südwesten und Westen im Einflussbereich der feuchtwarmen Luftmassen lag, befand sich der Osten und Nordosten einen großen Teil der Zeit auf der hochdruckdominierten, trockenen Seite. Gerade diese Beständigkeit der Wetterlage führte nun dazu, dass über Wochen hinweg in manchen Regionen kein nennenswerter Niederschlag fiel.
Die Auswirkungen sind in den betroffenen Regionen weithin sichtbar. Statt grün dominiert eher die Farbe braun. Felder sind verdorrt, wenn sie nicht künstlich bewässert worden sind und die Waldbrandgefahr bewegt sich schon seit Wochen auf einem hohen Niveau. Nicht überraschend, dass die Feuerwehren auch schon die ersten kleineren Flächenbrände löschen mussten.
Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr ändern. Stellt sich also die Frage, wie es in der Zukunft mit dem Niederschlag ausschaut. Die Großwetterlage hat sich im Vergleich zu Mai und Anfang Juni umgestellt. An Stelle einer Blockadelage hat sich mittlerweile eine Westwetterlage eingestellt. Allerdings, und das ist das Problem, verläuft die Zugbahn der Tiefausläufer weit nördlich in Richtung Südskandinavien. Etwas Hoffnung besteht immerhin für die zweite Wochenhälfte, wenn ein verhältnismäßig kräftiger Kaltlufteinbruch für Schauer und auch Gewitter im Norden und teils auch im Osten sorgt. In den südlichen Trockengebieten sind die prognostizierten Mengen allerdings gering. Mittelfristig ist die Wetterentwicklung zudem wieder hochdruckdominiert. Wenn überhaupt, dann bleibt dieses Ereignis in vielen Regionen ein Tropfen auf den heißen Stein. Nennenswerte und flächige Regenfälle, die der Trockenheit ein Ende bereiten würden, sind auch beim Blick in die Glaskugel derzeit nicht zu finden.
Anmerkung: Alle angesprochenen Grafiken und Tabellen sowie weiterführende Links finden sie unter www.dwd.de/tagesthema.
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst