Hoch Mitteleuropa
Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese ergeben sich aus weiträumigen Luftdruckverteilungen und den daraus resultierenden Strömungsmustern in Bodennähe, sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten.
Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.
Die meteorologische Teildisziplin, die sich u. a. mit den Großwetterlagen befasst, nennt sich "synoptische Klimatologie". Nach deren Regeln muss eine Wettersituation in Mitteleuropa mindestens drei Tage andauern, um als eigenständige Großwetterlage betrachtet werden zu können. Die Klassifizierung von Großwetterlagen ermöglicht eine systematische qualitative Beschreibung des Ablaufes von Wetter, Witterung und Klima.
Etwa seit Montagabend und voraussichtlich bis Freitag bestimmt in den unteren Atmosphärenschichten ein beständiges Hochdruckgebiet namens NORBERT unser Wetter, so dass sich die Charakterisierung der Großwetterlage als "Hoch Mitteleuropa" (wissenschaftliche Abkürzung ?HM?) anbietet. In der mittleren und höheren Troposphäre wird diese ?Antizyklone? durch einen vom Maghreb bis nach Skandinavien aufragenden ?Geopotentialrücken? gestützt, der absinkende Luftbewegung und damit Luftruckanstieg bzw. Luftdruckpersistenz im bodennahen Niveau bewirkt.
"Hoch Mitteleuropa" zählt zu den gemischten Zirkulationsformen, d.h. die zonale, also in West-Ost-Richtung verlaufende Strömungskomponente und der in Nord-Süd-Richtung orientierte, meridionale Anteil, liegen etwa in derselben Größenordnung. Dabei sind in Mitteleuropa die Luftdruckgegensätze bzw. Geopotentialgradienten üblicherweise eher schwach.
Bei Hochdruckeinfluss sorgen absinkende Luftbewegung und damit ?adiabatische? Erwärmung der Luftmassen tendenziell für eine Auflösung der Bewölkung. So kann die Mitte April bereits hoch am Himmel stehende Sonne intensiv scheinen und die bodennahen Luftschichten z.T. kräftig erwärmen, wobei die von der atmosphärischen Grundschicht ausgehende Konvektion infolge thermischen Aufsteigens der Luft durch die Absinkbewegung weitgehend eliminiert wird. Hoch Mitteleuropa sorgt also im Frühjahr und im Sommer stets für intensiven Sonnenschein.
Daher ist es kein Wunder, dass in der zweiten Hälfte dieser Woche im Binnenland vielerorts sommerliche Tageshöchsttemperaturen von mehr als 25 °C und am Freitag im Südwesten vielleicht sogar 30 °C erreicht werden können. Aber Obacht! In der vergleichsweise trockenen Luftmasse wird die intensive Sonnenstrahlung nur wenig gedämpft und führt bei intensiver Exposition der nach dem Winter sonnenentwöhnten Haut rasch zum Sonnenbrand. Auch macht eine Schwalbe noch keinen Sommer ? die Nächte sind nach wie vor kalt und in ungünstigen Lagen sind Nachtfröste immer noch ein Thema. Aber was sollĀ“s ? genießen wir einfach die Sonne?
In der Abbildung hinter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/04/18.html finden Sie oben vom amerikanischen Vorhersagemodell GFS für Freitag, den 20.04.2018, 00:00 Uhr UTC, berechnete Prognosen der geopotentiellen Höhe der die mittlere Troposphäre repräsentierenden 500-hPa-Hauptdruckfläche (schwarze Isopotentialen, Maßeinheit geopotentielle Dekameter, [gpdam]), des Bodendruckfeldes (weiße Isobaren in Hektopascal [hPa]) sowie der die Schichtdicke der unteren Troposphäre kennzeichnenden "relativen Topographie" H500-H1000 gpdam. Darunter wird für denselben Termin eine vom DWD für die Luftfahrt herausgegebene, selbsterklärende Prognosekarte des nordatlantisch-europäischen Raumes gezeigt.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst