Zyklonale Südostlage
Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese ergeben sich aus weiträumigen Luftdruckverteilungen und den daraus resultierenden Strömungsmustern in Bodennähe sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten.
Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.
Seit Mitte vergangener Woche dominiert eine "zyklonale Südostlage" (wiss. Abkürzung SEz) unser Wetter. In der mittleren und höheren Troposphäre hat sich zwischen einem Geopotentialrücken über Fennoskandien und Nordrussland, also einer nordwärts vorgedrungenen Warmluftmasse mit hoher potentieller Energie, und einem langwelligen, bis zum Maghreb reichenden Trog mit hoch reichender, energiearmer Kaltluft, eine südliche bis südöstliche Höhenströmung eingestellt.
Südostlagen gehören zur ?meridionalen Zirkulationsform?, d.h. der in Süd-Nord-Richtung orientierte Anteil der troposphärischen Höhenströmung überwiegt gegenüber der Geschwindigkeitskomponente in West-Ost-Richtung. Da Mitteleuropa bislang unter Tiefdruckeinfluss stand, weist die vorliegende Wettersituation einen ?zyklonalen? Charakter auf und die Isolinien auf den Wetterkarten sind in Richtung des hohen Luftdruckes bzw. Geopotentials gekrümmt.
Im korrespondierenden Bodendruckfeld lag Mitteleuropa am gestrigen Freitag, den 13. April 2018, an der Südwestflanke der mächtigen Antizyklone MARTIN über Fennoskandien und Nordrussland innerhalb einer flachen Tiefdruckrinne, wobei eine Luftmassengrenze kalte Luft über der Südwesthälfte Europas von einer durch das Hoch nordwestwärts beförderten Warmluftzunge trennte.
Ein kurzwelliger Troganteil zog im Tagesverlauf an der Vorderseite des Langwellentroges über Deutschland hinweg nordwärts, der so verursachte Hebungsantrieb bewirkte bodennah eine Intensivierung der Tiefdruckrinne, die mit ergiebigen und teils unwetterartigen Regenfällen vor allem in den mittleren Teilen Deutschlands einherging.
Der Schwerpunkt des Starkregens lag in der Südhälfte Hessens sowie in Franken, wo verbreitet mehr als 30 und gebietsweise über 40 Liter Regen pro Quadratmeter (= mm) innerhalb von zwölf Stunden bis gestern Abend 18:00 Uhr UTC fielen. Spitzenreiter im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes war die Station Heinrichsthal (Unterfranken, 450 m NHN) mit 43 mm. Interessanterweise waren diese Starkregenfälle im Übergangsbereich zwischen unterschiedlichen Luftmassen nicht von elektrischen Entladungen begleitet, dagegen gab es in der wärmeren Luft nordöstlich der Elbe einzelne markante Gewitter.
In der Abbildung hinter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/04/14.html finden Sie oben vom amerikanischen Vorhersagemodell GFS für Freitag, den 13.04.2018, 12:00 Uhr UTC, berechnete Analysen der geopotentiellen Höhe der die mittlere Troposphäre repräsentierenden 500-hPa-Hauptdruckfläche (schwarze Isopotentialen, Maßeinheit geopotentielle Dekameter, [gpdam]), des Bodendruckfeldes (weiße Isobaren in Hektopascal [hPa]) sowie der die Schichtdicke der unteren Troposphäre kennzeichnenden "relativen Topographie" H500-H1000 gpdam. Darunter wird für denselben Termin die vom DWD manuell analysierte Bodenwetterkarte des nordatlantisch-europäischen Raumes gezeigt (sog. C-Format).
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst