Das Wetter am heutigen Donnerstag steht voll im Zeichen von Sturmtief "Friederike". Dieses befand sich um 8 Uhr am Morgen mit einem Kerndruck von 979 hPa vor der Ostküste Englands über Nordsee. Entsprechend wurden Großbritannien sowie der Norden Frankreichs schon vom Sturmfeld Friederikes erfasst. Verbreitet sind dort bei wiederholt auftretenden Regenschauern Windspitzen zwischen 90 und 115 km/h bereits registriert worden.
Ihre Ausläufer haben in den Morgenstunden aber auch schon den deutschen Raum erreicht. Zuerst zog im Vorfeld der Warmfront Friederikes ein Niederschlagsband ins Land. Dieses brachte in der Westhälfte nur kurzfristig Schnee. Mit Zufuhr milder Atlantikluft stieg die Schneefallgrenze rasch auf Höhen über 800 Meter an. In der Osthälfte kann der Schnee etwas länger fallen, bevor er auch dort zunehmend in die flüssige Phase übergeht. Lediglich im Nordosten, etwa von Schleswig-Holstein bis nach Vorpommern bzw. zur Oder soll es den ganzen Tag längere Zeit schneien. Im Westen und Nordwesten haben die Niederschläge am Vormittag im Vorfeld der nachfolgenden Kaltfront schon einen schauerartigen Charakter angenommen. Vereinzelt konnten sich sogar Gewitter entwickeln.
Mit Herannahen von Friederike hat der Wind spürbar zugenommen. Um 8 Uhr wurden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen in Böen bereits verbreitet 60 bis 80 km/h gemessen. Nach Süden sowie Nordwesten wurden Windspitzen bis 60 km/h registriert. Zwischen 9 und 10 Uhr wurde an der Station Aachen die erste orkanartige Böe von 107 km/h gemeldet. Auf dem exponierten Weinbiet fegte der Wind schon mit 127 km/h. Und die Tendenz zeigt weiter nach oben! Auf niederländischer Seite sind am Vormittag verbreitet Windspitzen zwischen 100 und 140 km/h aufgetreten.
Etwa zur Mittagszeit wird das Zentrum des Sturmtiefs in Ostfriesland aufschlagen, um dann Richtung Berlin weiterzuziehen. Auf seiner Süd- und Südwestflanke werden dabei die höchsten Windgeschwindigkeiten erwartet. Von Nordrhein-Westfalen über Nordhessen und das südl. Niedersachsen hinweg bis nach Thüringen und Sachsen sowie Teilen Sachsen-Anhalts muss mit Spitzenböen zwischen 90 und 120 km/h gerechnet werden. Exponiert sowie vor allem in Schauer- oder Gewitternähe sind auch Geschwindigkeiten über 120 km/h zu erwarten. Je weiter man sich von der Tiefzugbahn nach Süden entfernt, desto schwächer wird der Wind. Etwa südlich von Mosel und Main wird es verbreitet Windgeschwindigkeiten bis 85 km/h geben. In Schauer- und Gewitternähe sind aber auch dort schwere Sturmböen bis 100 km/h wahrscheinlich. Unwetterartige Böen der Stärke 11 oder 12 sollten in Süddeutschland nur im höheren Bergland auftreten (vgl. Graphik). Aber Achtung: Ausnahmen bestätigen überall die Regel! Lokale Besonderheiten, beispielsweise durch die Orographie, können den Wind spürbar verstärken oder abschwächen. Als Schlagworte müssen dort vor allem der Leitplankeneffekt und die Kanalisierung (Düseneffekt) genannt werden. Bei westlichen oder nordwestlichen Winden tritt der Leitplankeneffekt z.B. am Nordrand des Rothaargebirges oder im Alpenvorland auf. Den Düseneffekt kann man z.B. in Flusstälern beobachten. Vergleichsweise windstill ist es am heutigen Donnerstag im Nordosten des Landes. Auf der Nordseite von Sturmtief Friederike sind meist nur Windgeschwindigkeiten bis 60 km/h zu erwarten. Dafür wird dort der mäßige Schneefall mit Schneehöhen bis 10 cm für Verkehrsbehinderungen sorgen.
In der Nacht verabschiedet sich Friederike schließlich nach Polen. Der Wind dreht rückseitig auf nordwestliche Richtungen und schwächt sich dabei rasch ab. Im Zustrom kühlerer Meeresluft polaren Ursprungs gehen die Temperaturen wieder deutlich zurück und die schauerartigen Niederschläge fallen zunehmend bis in tiefere Lagen als Schnee.
Auch am Wochenende und darüber hinaus verbleibt Deutschland im Einflussbereich atlantischer Tiefausläufer. Entsprechend gestaltet sich das Wetter unbeständig. Vor allem im Schwarzwald und an den Alpen kann es auch länger regnen oder schneien, wobei am Wochenende eher die feste Phase vorherrschend ist und dann zur neuen Woche langsam wieder vorwiegend Regen fällt. Hoher Luftdruck mit längerem Sonnenschein ist vorerst nicht in Sicht.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst