Es folgen die Temperaturhöchstwerte des gestrigen Montags : Nimes (Südfrankreich): 18 Grad, Madrid: 18 Grad, Lissabon: 21 Grad "Schönen Dank auch, bei uns sind es immer noch nasskalte 4 Grad!" - werden sich derzeit beispielsweise die Berliner denken. Wer am Niederrhein allerdings heute Morgen den ersten Fuß vor die Tür gesetzt hat, der wird die veränderte Luftmasse bei milden 11 Grad sofort gespürt haben. Nach der "Macht der Gewohnheit" haben Sie womöglich erneut zum dicken Herbstmantel gegriffen und diesen umgehend wieder geöffnet, sowie die flugs gegriffene Wollmütze rasch wieder abgesetzt. Immerhin fiel ja gestern noch oberhalb von rund 600 Metern mehrfach nasser Schnee, der allerdings im Tagesverlauf von Westen mehr und mehr in Regen übergegangen ist. Damit kündigte sich der Wetterumschwung bereits an; nun ist er in vollem Gange.
Bei der Ursachenforschung geht der Blick wie so oft nach Westen auf den Atlantik, wo die für unser Wettergeschehen der nächsten Tage entscheidenden Luftdrucksysteme entstehen. Dort etabliert sich aktuell das Tief "REINHARD" westlich der Britischen Inseln (Kerndruck bei 995 hPa), das bis Mittwoch unter Aufspaltung in zwei Tiefs zur Nordsee beziehungsweise zu den Britischen Inseln zieht. Die damit in Verbindung stehende Warmfront überquert Deutschland zögernd von West nach Ost. Achten Sie dabei auf den Wind bei Ihnen vor Ort, denn die Warmfront ist mit einer ausgeprägten Winddrehung von Südost auf Südwest verbunden! Kommt er aus Südost, bleibt es zunächst noch kalt. Dreht er auf Südwest, fließt die Warmluft ein, was in den Frühstunden des morgigen Mittwochs auch an der Oder der Fall sein wird.
Da sich Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel entgegen des Uhrzeigersinns drehen, kommt die Luftströmung auf der rechten Flanke aus südlichen Richtungen. Aufgrund der beschriebenen Konstellation wird also direkt die warme Subtropikluft im Bereich der Iberischen Halbinsel angezapft und nach Norden gepumpt, womit die eingangs erwähnten Höchstwerte aus dieser Region wieder ins Spiel kommen. So werden schon am heutigen Dienstag entlang von Rhein, Mosel, Lippe und Ems Temperaturen bis 14 Grad erreicht. Der Höhepunkt des ungewöhnlichen milden Wetterabschnitts ist für den kommenden Donnerstag avisiert, an dem deutschlandweit 10 bis 15 Grad, lokal sogar 18 Grad erreicht werden.
Jetzt fragen Sie sich natürlich zu Recht, was bedeutet "lokal" und trifft das auch für meine Region zu? Wir Meteorologen im Vorhersagedienst verwenden diesen Begriff sehr gerne. Zum einen, um mögliche Unsicherheiten, die es je nach Wetterlage in unterschiedlicher Ausprägung bei der Prognose immer gibt, "abzufedern". Zum anderen würde es jeglichen Rahmen sprengen, wenn wir die Gebiete namentlich aufzählen, die aufgrund ihrer geographischen Lage z.B. im Lee (also auf der windabgewandten Seite) der Gebirge liegen. Bei diesem als "Föhneffekt" bekannten Phänomen sinkt die Luft ab, wird trockener und erwärmt sich (im Mittel mit 1 Grad pro 100 Meter). Kräftiger Wind sorgt dabei nicht nur für die Überströmung der Berge, sondern gleichzeitig auch für eine gute Durchmischung der unteren Luftschichten. Wenn die Luft ständig in Bewegung ist, wird die Bildung kleinräumiger Kaltluftseen verhindert, was die Tagesmaxima drosseln würde. "Last but not least" schadet es dann nie, wenn selbst zu dieser fortgeschrittenen Jahreszeit direkte Sonneneinstrahlung noch einen zusätzlichen Energieinput leistet, um noch ein paar Grad Celsius herauszukitzeln.
Also, wenn Sie am Nordostrand eines Gebirges wohnen (da Windrichtung Südwest) und ein spürbarer Wind weht und dann auch noch zeitweise die Sonne zum Vorschein kommt, so haben Sie gute Chancen zu den "Lokalen" zu zählen, die am Donnerstagnachmittag tatsächlich 18 Grad auf ihrem Thermometer bestaunen können.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.11.2017
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