Eine warme Nase konnte man in den letzten Tagen nicht unbedingt bekommen, wenn man sich im Freien aufgehalten hat. Bei niedrigen einstelligen Temperaturen am Tage und gebietsweise Frost in den Nächten wehte doch ein ziemlich kaltes Lüftchen um unsere Riechorgane. Eine sogenannte "warme Nase" spielt derzeit aber eine große Rolle für das Wetter in Deutschland. Wo es sie gibt, sorgt sie nämlich für gefrierenden Regen. Gefährliches Glatteis ist die Folge, dabei könnte man natürlich unerwünschterweise böse auf die eigene, noch kalte Nase fallen.
Warum aber kommt es bei einer "warmen Nase" zu gefrierendem Regen? Entscheidend dabei ist die Temperaturschichtung der unteren Atmosphäre mit der Höhe. Wenn am Boden Temperaturen unter 0 Grad herrschen, kann man in der Regel bei Niederschlägen Schneefall erwarten, da die Temperatur mit der Höhe normalerweise etwa um 0,6 bis 1 Grad pro 100 m abnimmt und es somit weiter oben auf jeden Fall kälter ist (siehe dazu Fall 1 in der Grafik zur Temperaturschichtung bei verschiedenen Niederschlagsphasen unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/11/15.html). In den Wolken bilden sich daher meist Schneeflocken, die dann zu Boden rieseln.
Anders sieht es jedoch aus, wenn eine sogenannte "Inversion" mit ins Spiel kommt (siehe Grafik, Fall 2). Bei einer Inversion kehrt sich der Temperaturverlauf in einer mehr oder weniger dicken Schicht mit der Höhe um, sodass es statt einer Temperaturabnahme mit der Höhe in diesem Bereich nun zu einer Zunahme kommt. Die Temperaturkurve nimmt im warmen Bereich somit das Aussehen einer Nase an, weshalb der Meteorologe gerne von einer "warmen Nase" spricht.
Daher ist es möglich, dass in dieser Schicht die Temperatur auf über 0 Grad steigt, während sie darunter immer noch unter 0 Grad liegt. Fallen die Schneeflocken durch eine ausreichend mächtige warme Schicht mit Temperaturen über 0 Grad, schmelzen sie und werden zu Regentropfen. Auf dem weiteren Weg Richtung Boden gelangen sie wiederum in die Schicht mit Temperaturen unter 0 Grad. Die Regentropfen können sich nun aber nicht wieder in Schneeflocken zurückverwandeln. Stattdessen kühlen sie sich auf unter 0 Grad ab, in der Meteorologie werden sie dann unterkühlte Regentropfen genannt. Wenn diese den gefrorenen Erdboden erreichen, gefrieren sie augenblicklich und ein Eispanzer bildet sich aus. Dieser Glatteisregen ist in den einschlägigen Medien als "Blitzeis" bekannt.
Es kann auch vorkommen, dass die unterste Schicht so dick und kalt ist, dass die Regentropfen schon vor dem Ankommen am Boden wieder gefrieren. Sie werden dann zu Eiskörnern, was allein schon durch die Geräusche beim Aufprallen auf den Boden oder an Gegenständen gut zu hören ist. In beiden Fällen handelt es sich im meteorologischen Fachjargon jedoch um Eisregen (oder um gefrierenden Regen bzw. Glatteisregen).
Sogar bei einem Temperaturverlauf, der komplett im frostigen Bereich ist, kann es gefrierenden Regen geben. Dieser Spezialfall kommt vor, wenn sich Niederschlagsteilchen zwischen -10 und 0 Grad bilden und nicht die Eisphase annehmen oder zu Schneeflocken werden. Die Niederschlagsteilchen erreichen auch als unterkühlte Regentropfen in Form von Sprühregen die Erde und wieder bildet sich bei gefrorenem Boden Glatteis.
Betragen hingegen die Temperaturen des Erdbodens wie auch der untersten, ausreichend dicken Schicht der Atmosphäre Werte von etwas über 0 Grad (siehe Grafik, Fall 3), dann schmelzen die Schneeflocken aus der Höhe und kommen am Boden als reiner Regen an. Auf den Bergen fällt in diesem Fall aber noch Schnee.
Eine warme Nase kann entstehen, wenn z.B. warme Luft auf schwere kalte Luft am Boden aufgleitet. In vielen Fällen ist dabei eine Warmfront involviert, so auch im aktuellen Fall am heutigen Dienstag. Heute Morgen lag sie über dem Nordwesten Deutschlands. Die Bereiche vor der Front, wo eben die warme Luft auf die kalte aufgleitet, sind besonders kritisch für Glatteisregen. So gab es in den Morgenstunden in der Mitte Deutschlands tatsächlich gebietsweise gefrierenden Regen und Glatteis. Mit dem Weiterziehen der Warmfront nach Südosten hin verlagert sich der gefährliche Bereich im Tagesverlauf in den Südosten Deutschlands, wobei mit ansteigender Tagestemperatur vor allem höhere Lagen noch betroffen sind. Im Nordwesten und in der Mitte dagegen fasst die warme Luft auch am Boden Fuß und die Glättesituation entspannt sich. Am morgigen Mittwoch gilt das dann auch für den Südosten Deutschlands, wenn sich die warme Luft überall durchgesetzt haben wird.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.11.2016
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst